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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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daß er Olga Pirofsky, sofern sich überhaupt ein Kontakt zu ihr herstellen ließ, nicht das einzig Richtige raten konnte – so schnell wie möglich abzureisen und sich um Gottes willen von der J Corporation fernzuhalten –, sondern daß er sie überreden sollte, etwas zu tun, das noch viel gefährlicher war als ihr ursprünglicher Plan. Und das alles für eine Sache, von der er eine Woche zuvor nicht einmal eine Ahnung gehabt hatte und die ihm in ruhigeren Momenten immer noch völlig unglaublich vorkam.
    Sellars räusperte sich. »Wenn du nichts dagegen hast, Decatur, würde ich jetzt gern meiner Müdigkeit nachgeben. Du mußt nicht hinausgehen, aber du wirst mir verzeihen, wenn ich ein wenig schlafe.«
    »Natürlich, bitte, nur zu.« Er fuhr auf, als Sellars seinen Einfluß auf den Wandbildschirm zurücknahm und anstelle des Gartens ein Autorennen erschien, das allem Anschein nach über eine verminte Piste führte. Ramsey stellte den jäh aufheulenden Ton ab. Die Zeitlupenaufnahme eines gepanzerten Fahrzeugs, das von einer Explosion in die Luft gewirbelt wurde, ließ ihn an Sellars’ gräßliche Verbrennungen denken.
    »Sekunde mal.« Er drehte sich wieder zu Sellars herum. Der alte Mann hatte die Augen geschlossen, und bei dem Anblick verspürte Ramsey Mitleid. Er sollte den armen Krüppel in Frieden lassen. Wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was er erzählte, dann hatte der alte Pilot alle Ruhe verdient, die er kriegen konnte …
    Aber Catur Ramsey hatte die ersten Jahre seines Berufslebens im Büro eines Staatsanwaltes gearbeitet, und diese harte Schule hatte ihn nachhaltig geprägt.
    »Warte. Eine Sache noch, dann lasse ich dich schlafen.«
    Die gelben Augen klappten auf, scharf und ruhig wie der Blick einer Eule. »Ja?«
    »Du hast gesagt, du wolltest mir die volle Wahrheit darüber erzählen, wie du dem Otherlandnetzwerk auf die Spur gekommen bist.«
    »Decatur, ich bin sehr müde …«
    »Ich weiß. Und es tut mir leid. Aber falls Olga zurückruft, muß ich mir darüber im klaren sein, was ich ihr sage. Ich mag keine losen Fäden. Denk dran, du wolltest beichten.«
    Sellars holte röchelnd Atem. »Ich hatte halb gehofft, das hättest du vergessen.« Er stemmte sich schwerfällig in die Höhe, und jedes unterdrückte schmerzhafte Zucken war wie ein Vorwurf an seinen Quälgeist. Ramsey bemühte sich um ein möglichst hartes Herz. »Na schön«, sagte Sellars, als er endlich wieder aufrecht saß. »Ich werde dir den letzten Rest der Geschichte erzählen. Und wenn du dann weißt, was ich alles getan habe, wirst du hoffentlich daran denken, daß eine Beichte ohne die Möglichkeit der Absolution nicht vollständig ist. Ich glaube, ich brauche sie nach dieser langen Zeit.«
    Die über den Wandbildschirm flackernden stummen Bilder von Zerstörung und Triumph aus der weiten, fernen Welt waren das einzige Licht im Zimmer, als Sellars zu reden begann. Und während er dem leisen Gemurmel des Greises zuhörte, wurde aus Catur Ramseys Verwirrung und Verwunderung nach und nach ein vollkommen anderes Gefühl.

Kapitel
Ein etwas wilderer Westen
    NETFEED/UNTERHALTUNG:
    Vertragsbruch wegen Kiemen
    (Bild: Orchid mit Anwalt)
    Off-Stimme: Die Produktionsfirma Homeground Netproduct will den Schauspieler Monty Orchid nicht in ihrer geplanten Serie »HaydnAngst« einsetzen und gibt als Grund die kosmetische Operation an, der er sich kürzlich unterzogen hat. Orchid, bekannt aus »Concrete Sun«, wo er der rebellische Sohn des Arztes war, sollte einen Studenten an der Musikhochschule spielen, der ein Doppelleben als mörderischer Geheimagent führt, aber nach Ansicht von Homeground stellen die Kiemen, die Orchid sich hat einsetzen lassen, eine Vertragsverletzung dar. Orchid klagt dagegen.
    (Bild: Orchid auf einer Pressekonferenz)
    Orchid: »Natürlich hätten sie mit mir arbeiten können. Wir hätten sowas wie ’nen Unterwassermutanten aus ihm machen können, nicht wahr, tagsüber Musikstudent, nachts Froschmann mit Sabotageauftrag oder so. Aber dazu hat bei denen die Phantasie wohl nicht ausgereicht.«
     
     
    > Die weißen, eisigen Weiten der einstigen arabischen Wüste zogen sich endlos hin. Wie Zuckerdünen folgte eine Schneewehe auf die andere, und der diesige Himmel hatte fast die gleiche Farbe wie das leere Land. Am Ende des zweiten Tages war die grimmige Kälte nicht mehr Pauls größtes Problem. Ihn verlangte nach Farbe wie einen Hungernden nach Nahrung.
    »Was mich betrifft«, meinte Florimel, »tut es mir am

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