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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Chancen auf jeden Fall nicht, wenn es sie auch nicht sehr verbessert.
    Bonnie Mae Simpkins freute sich zu hören, daß die Kinder am Leben geblieben waren, aber meine übrigen Gefährten zogen, glaube ich, ziemlich lange Gesichter, als ich ihnen den dünnen Faden beschrieb, den zu spinnen mich so viel Zeit und Energie gekostet hatte und an dem jetzt unsere ganze Hoffnung hing.
    An dem Punkt jedoch war ich dermaßen müde und zerschlagen, daß ich nicht einmal mehr vor Dread Angst hatte; wenn der Satan persönlich an die Zellentür geklopft hätte, wäre es mir auch egal gewesen. Obwohl mein Kopf wie eine Trommel dröhnte, schlief ich sofort ein. Jetzt bin ich wieder wach, aber nichts hat sich geändert. Das konstante Hämmern in meinem Kopf ist so stark, als wollte es nie wieder aufhören. Der arme Paul Jonas leidet weiß Gott was für Qualen. Wir anderen warten weiter auf den Tod – oder Schlimmeres. Wir warten auf Dread. Und vielleicht habe ich gar nichts ausgerichtet, vielleicht bin ich als Hexe eine Niete. Aber wenigstens habe ich … etwas getan.
    Falls ich bald sterben sollte, könnte das ein kleiner Trost sein. Ein sehr kleiner.
    Code Delphi. Hier aufhören.«
     
     
    > Gefesselt lag er derart weit zurückgebogen auf der gewölbten Steinfläche, daß er das Gefühl hatte, bei der leisesten Berührung werde sein Bauch aufplatzen. Im trüben Fackelschein hing das gelbe Gesicht Ptahs über ihm wie eine blasse Sonne.
    »Gemütlich?«
    Paul bäumte sich gegen die Fesseln auf, die ihm bereits die Haut von den Hand- und Fußgelenken scheuerten. »Warum machst du das, Wells?«
    »Weil ich Bescheid wissen will.« Er richtete sich auf und befahl dem Wächter, der Paul verschnürt hatte: »Hol mir Userhotep!«
    »Aber ich weiß doch auch nichts! Du kannst doch nicht etwas aus einem rausfoltern, das er selbst nicht weiß!«
    Robert Wells schüttelte mit gespieltem Kummer den Kopf. »Aber sicher doch. Wir sind hier nicht in der realen Welt, Jonas. Hier geht es sehr viel komplizierter zu – und auch viel interessanter.«
    »Interessant genug, daß es dich das Leben kosten könnte, wenn es deinem neuen Herrn nicht gefällt, was du mit mir machst.«
    Pauls Kerkermeister lachte. »Oh, ich lasse noch genug für ihn zum Spielen übrig, keine Bange. Aber zuerst wollen wir auf eigene Faust ein paar Tricks an dir ausprobieren.« Schritte ertönten, und er schaute auf. »Und hier kommt der Meistertrickser persönlich.«
    »Ich lebe, um dir zu dienen, o Herr der weißen Mauern.« Ob der Mann, der das sagte, alt oder jung war, konnte man in der düsteren Kammer schlecht erkennen, und die Faltenlosigkeit seines fleischigen Gesichts kam noch erschwerend hinzu. Er war nicht dick – unter der ungewöhnlich blassen Haut seiner Arme zeichneten sich enorme Muskeln ab –, doch er hatte runde, beinahe kurvenreiche Formen und das im ganzen geschlechtslose Aussehen eines Eunuchen.
    »Userhotep ist ein ganz besonderer Vertreter«, erklärte Wells gewichtig. »Er ist ein … verdammt, wie war der Ausdruck nochmal? Ich hab eine kleine Schlange im Ohr, die mir Sachen vorsagt, aber sie hält fast nie den Mund, und da krieg ich das Zuhören schnell satt. Ah, richtig, ein Cheriheb. Ein besonderer Priester.«
    »Ein Folterer ist er«, versetzte Paul barsch. »Und du bist ein arrogantes Verbrecherschwein, Wells. Hat dein Schlangengear eine ägyptische Übersetzung dafür?«
    »Die kennst du bereits. Der Ausdruck ist … ein Gott.« Robert Wells grinste. »Aber Userhotep ist weitaus kunstreicher als ein normaler Folterer. Er ist ein Vorlesepriester. Das heißt, ein Zauberer. Und mit seiner Hilfe wirst du mir alles sagen, was du weißt. Und alles, was du nicht weißt, auch.«
    Userhotep trat näher und hielt die Hände über Pauls ungeschützten Bauch. Als dieser zuckte, runzelte der Priester ein wenig die Stirn, doch seine Augen blieben leer, und er blickte glasig wie ein Fisch.
    Nein, ein Hai, dachte Paul angsterfüllt. Eine Bestie mit scharfen Zähnen, die aus purem Mutwillen zubeißt.
    »Das Gezucke kannst du dir sparen«, meinte Wells. »Die Schmerzen sind das geringste bei dieser Nummer – ich habe nur davon gesprochen, damit deine Zellengenossen sich ordentlich grämen. Nein, Userhotep hier wird dich verzaubern, und dann wirst du singen wie ein Kanarienvogel.«
    »Wenn du meinst, daß du mit Jongleurs altem ägyptischen Hokuspokus irgendwas aus mir rausholen kannst, hat dir der allzu lange Aufenthalt hier den Verstand geraubt.« An den

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