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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sacht auf den Oberarm. »Geh jetzt schlafen. Wenn du dich in den Wagen da legst, kann ich ihn vom Feuer aus sehen. Ich möchte nachdenken.«
    »Aber …«
    »Schlaf. Hoffnung ist immer.«
     
    Als Sam aus unruhigem Schlaf erwachte, war die Welt düster und nebelig.
    Im Traum hatten ihre Eltern ihr erklärt, Orlando könne nicht mit auf den Campingausflug kommen, weil er tot sei, und obwohl er direkt daneben stand und ein trauriges Gesicht machte, paßte er nicht ins Auto, weil sein Thargorkörper zu groß war. Sam war wütend gewesen und hatte sich geschämt, aber Orlando hatte nur gelächelt und die Augen verdreht – »Eltern!« sollte das heißen – und war dann verschwunden.
    Sie setzte sich auf, wischte sich ein paar Tränen weg und stolperte aus dem Wagen. Von Tageslicht konnte keine Rede sein.
    » !Xabbu !« Ihr Echo kam zu ihr zurück. » !Xabbu ! Wo bist du?«
    Zu ihrer unendlichen Erleichterung kam er sofort um die Ecke des Wagens. »Sam, ist etwas mit dir?«
    »Nein, chizz. Ich wußte bloß nicht, wo du warst. Wie spät ist es?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wer kann das hier schon sagen? Aber die Nacht ist vergangen, und heller wird der Morgen nicht werden, wie es aussieht.«
    Sie warf einen Blick auf das nasse Gras, die weißen Nebelschleier zwischen den Bäumen, und erschauerte. »Es geht alles den Bach runter, was?«
    »Ich weiß es nicht, Sam. Es kommt mir sehr merkwürdig vor, daß eine Simulation sich so verhält. Aber ermutigend finde ich es gewiß nicht.«
    »Wo sind die andern?«
    »Azador ist in aller Frühe weggegangen, aber inzwischen zurückgekommen. Jetzt sitzt er dort auf der Wiese und weigert sich, mit mir zu reden. Jongleur macht gerade einen Spaziergang.« !Xabbu sah müde aus. Sam fragte sich, ob er überhaupt geschlafen hatte, doch bevor sie ihn fragen konnte, tauchte eine lange, hagere und weitgehend nackte Gestalt aus dem grauen Dunst am Rand der Lichtung auf.
    »Wir können hier nicht länger warten«, verkündete Jongleur, noch bevor er bei ihnen war. »Wir brechen sofort auf.«
    In der wirklichen Welt, dachte Sam säuerlich, begann der Tag mit einem Frühstück. In dieser Welt begann er damit, daß ein zweihundert Jahre alter Massenmörder einem Befehle entgegenbellte, bevor man richtig die Augen aufhatte. »Ach ja? Und wohin, bitteschön?«
    Jongleur beachtete sie gar nicht. »Azador kann uns zum Betriebssystem bringen«, erklärte er !Xabbu . »Das hast du selbst gesagt.«
    !Xabbu schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Das … die Stiefmutter sagte das zu ihm. Aber er glaubte es nicht.«
    »Dann bringen wir ihn dazu, es zu glauben.«
    »Willst du ihn foltern oder sowas?« wollte Sam wissen. »Ihn irgendwie zwingen?«
    »Ich denke, ich kann ihm helfen, den Weg zu finden«, entgegnete Jongleur kühl. »Folter ist nicht nötig.«
    »Ach, du wirst ihm zeigen, wie er es zu machen hat?«
    »Sam«, sagte !Xabbu leise.
    »Deine Manieren sind typisch für deine Generation. Mit anderen Worten, nicht vorhanden.« Jongleur blickte verstohlen zu Azador hinüber, der ein paar Meter entfernt saß und trostlos den Wald anstarrte. Er senkte die Stimme. »Ja, das werde ich. Ich habe dieses System gebaut, und mittlerweile sind mir ein paar Dinge über diese Hinterwelt hier klargeworden.« Er wandte sich wieder !Xabbu zu. »Azador ist ein Konstrukt, ein Spielzeug des Betriebssystems, wie diese ganze Welt. Das hast du bewiesen – alle Achtung.« Unangenehmerweise versuchte er zu lächeln. Sam mußte an Krokodile denken. »Er muß in sich irgendeine direkte Verbindung haben, auch wenn er sich dessen nicht bewußt ist. ›Zu dem Ort, wo du mit dem Einen Fühlung hast, so wie wir alle‹, hat das Stiefmutter-Programm gesagt. Habe ich recht?«
    !Xabbu sah ihn eindringlich an, dann senkte er den Blick. »Und wie sollen wir vorgehen?«
    »Wir müssen den nächsten Fluß finden. Dort sind die Übergangspunkte, die Verbindungen, wie die Gateways, die wir in das Gralssystem eingebaut haben. Das übrige könnt ihr mir überlassen.«
    »Woher weißt du überhaupt, was die Stiefmutter gesagt hat?« fragte Sam plötzlich. »Du hast das gar nicht mitgekriegt. Du hattest dich irgendwohin verdrückt.«
    Jongleurs Gesicht war eine Maske.
    »Du hast schon mit Azador geredet, stimmt’s?« beantwortete sie ihre eigene Frage. »Voll ihm ins Ohr geblasen und so.«
    »Er traut euch nicht«, sagte Jongleur ruhig. »Er ist unglücklich, und er denkt, daß ihr ihn gezwungen habt, hierherzukommen.«
    »Ach, und du bist jetzt

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