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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schwenkte die Pistole durch den Raum. »Auf den Boden legen, alle! Sofort!« Ohne abzuwarten, ob sein Befehl befolgt wurde, kniete er sich hin und zog einen schwarzen Handkoffer unter der Couch hervor, den er eilig ins Nebenzimmer brachte. Er ließ die Schließen aufschnappen und schob ihn Doyle hin, der immer noch den General bearbeitete; bei jedem Stoß hüpfte Yacoubian auf dem Teppich in die Höhe. Pilger zog eine Spritze aus einem Innenfach des Koffers. Als er die Aufschrift prüfte, sah er Ramsey in der Tür stehen. Die Pistole in der anderen Hand zuckte hoch.
    »Verdammte Scheiße, auf den Boden mit euch, hab ich gesagt!«
    »Papi?« Weiter hinten im Hauptraum der Suite weinte Christabel. »Papi!«
    Während Catur Ramsey zurückwich und wie gebannt auf das erschreckend große Loch am Ende von Pilgers Pistolenlauf starrte, sah er aus dem Augenwinkel etwas aufflammen. Er zuckte zusammen, aber kein Schuß ertönte. Als er nach rechts blickte, bot sich ihm ein völlig absurdes Bild: Major Michael Sorensen stand auf einem Stuhl in der Küche der Suite und hielt mit einer Eiszange eine brennende Serviette. Er streckte sie zur Decke empor, so daß er aussah wie eine alberne Parodie der Freiheitsstatue mit ihrer Fackel.
    »Alle Mann hinlegen, hab ich gesagt!« brüllte Pilger, der dieses unerklärliche Schauspiel nicht sehen konnte. Während Doyle die Spritze mitten in die dunkle Stelle auf Yacoubians Brust jagte, zielte Pilgers Waffe zwischen den Türpfosten hin und her und richtete sich dann auf Ramseys Knie. Ein Rappeln ertönte, dann ein Zischen.
    Plötzlich fiel violetter Schnee.
    Die Platten an der Decke hatten sich zurückgeschoben wie Jalousien. Dutzende von Düsen fuhren aus und spuckten blaßviolette Wolken feuerhemmenden Pulvers. Die Lichter im Raum begannen hektisch zu blinken, und ein schmerzhaft lautes Summen erfüllte die Luft. Sorensen sprang an Ramsey vorbei, riß seine Tochter vom Boden hoch und sauste mit ihr zur Fahrstuhltür, wo er wie wild auf den Knopf drückte, immer wieder.
    Doyle war gerade damit beschäftigt, ein zweites Defibrillationspflaster auf die immer noch regungslose Brust des Generals zu kleben, aber Pilger kam mit vorgehaltener Waffe aus der Tür, heftig mit dem Arm wedelnd, damit er durch den dichten bunten Nebel etwas erkennen konnte. Er setzte Major Sorensen die Pistole an den Hinterkopf, nur Zentimeter von Christabels entsetztem Gesicht entfernt. »Du willst doch nicht, daß es so mit dir endet, oder?« fauchte er. »Daß dein Gehirn voll über dein kleines Mädchen spritzt? Weg von der Tür und hinlegen!«
    »Nein. Niemand wird hier so enden.« Captain Ron Parkins hatte ebenfalls seine Waffe gezogen und richtete sie auf Pilgers Kopf. Parkins’ Gesicht war rot vor bebender Wut. »Wir werden uns nicht von euch Dreckskerlen um die Ecke bringen lassen, wer ihr auch sein mögt. Ich bin für diese Leute verantwortlich, nicht ihr. Kümmert ihr euch um den General. Wir gehen.«
    Während alle schwiegen und nur der Alarmton dumpf vor sich hinbrummte, ging plötzlich die Fahrstuhltür auf. Ramsey, dem Pilger und Captain Parkins den Weg in die Freiheit versperrten, tat alles, um seinen rasenden Herzschlag zu bezähmen. Das Atmen wurde bereits mühsam, und obwohl der größte Teil des violetten Pulvers sich auf den Boden gelegt hatte, fühlte er, daß die noch in der Luft hängenden Reste den größten Niesausbruch aller Zeiten auszulösen drohten. Das wäre die Krönung, dachte er. Niesen und damit eine Schießerei verursachen.
    »Laß uns gehen«, sagte Sorensen beherrscht, obwohl er immer noch Pilgers Pistole am Hinterkopf hatte. »Der General ist tot. Auch wenn noch mehr von euren Leuten kommen, um euch aus der Patsche zu helfen, ist jetzt der Feueralarm losgegangen. Bald werden jede Menge andere hiersein, die nicht von euch gekauft sind. Mach dir nichts vor. Er ist tot. Der Aufwand lohnt sich nicht mehr.«
    Pilger starrte ihn an, dann blickte er rasch zur Seite auf die silbrige Mündung von Captain Parkins’ Waffe. Seine Oberlippe kräuselte sich. Er senkte die Pistole, drehte sich um und ging zurück ins Nebenzimmer, ohne sie noch einmal anzusehen. Dort drehte Doyle gerade den Knopf des Defibrillators, und der Körper des Generals krümmte sich auf dem Fußboden. Ramsey mußte sich zusammenreißen, um nicht auf der Stelle ohnmächtig umzukippen.
     
    »Steigt hier aus!« knurrte Captain Parkins. Fünf Meilen von dem Hotel entfernt hatte der Armeewagen vor der Bahnstation

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