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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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versuch’s. Es ist … es gibt … Ablenkungen.«
    Paul war sicher, daß es etwas viel Schlimmeres sein mußte als eine Ablenkung. Martine Desroubins sah aus, als hätte sie einen schweren Migräneanfall.
    »Jetzt redet wieder«, sagte Cho-Cho plötzlich. Die anderen beugten sich vor. »Er sagt … sagt …« Der Junge seufzte und preßte die Augen zu. Eine Weile schwieg er angespannt, nur seine Kiefern malmten. »Das … ist sehr schwierig«, sagte er schließlich. »Ich bitte um Verzeihung … für das Durcheinander.« Doch obwohl es weiterhin Cho-Chos Stimme war, eine Kinderstimme, war der Tonfall jetzt ein anderer.
    »Sellars?« fragte Florimel. »Bist du das?«
    »Ja.« Cho-Chos Augen blieben geschlossen, obwohl sein Mund sich bewegte, ganz als ob das Kind im Schlaf redete. Als ob es besessen wäre, dachte Paul. »Eigentlich«, fuhr Sellars fort, »müßte ich für vieles um Verzeihung bitten, aber dafür haben wir leider keine Zeit. Es ist nicht leicht, über die Neurokanüle des Kindes direkt mit euch zu sprechen, aber was ich zu sagen habe, ist zu wichtig und zu kompliziert, als daß der kleine Cho-Cho es übermitteln könnte.«
    »Was ist los?« In Florimels Stimme hielten sich Zorn und Erleichterung die Waage. »Wo warst du die ganze Zeit? Während alles in diesem verdammten künstlichen Universum uns umbringen wollte?«
    »Leider ist keine Zeit für Erklärungen. Ich stecke tief in den Abläufen des Netzwerks und des Betriebssystems drin, und mein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich explodieren – und das ist noch das geringste unserer Probleme.« Paul hörte die kolossale Anstrengung sogar durch die quäkige Stimme des Kindes.
    »Dann weißt du also, daß Jongleur entkommen ist?« fragte er.
    »Was?« Das Gesicht des Jungen blieb unbewegt, doch die Stimme klang hörbar erschrocken. »Jongleur?«
    Paul erzählte es ihm, unterstützt von den anderen.
    »Er hat es die ganze Zeit über vorgehabt«, sagte Sam Fredericks zerknirscht.
    »Es ist nicht deine Schuld, Frederico«, tröstete Orlando sie. »Aber wenn wir noch ’ne Chance kriegen, hauen wir ihm die Rübe runter, okay?«
    »Holla«, sagte Sellars. »Ist das … höre ich … Orlando Gardiner?«
    Orlando grinste verkniffen. »Echt scännig, hm?«
    »Wie gesagt. Erklärungen müssen bis später warten – falls es ein Später geben wird«, beschied ihn Sellars. »Das Betriebssystem ist am Ende und bereitet seine eigene Vernichtung vor. Ich muß jetzt direkt mit ihm in Kontakt treten. Das ist unsere einzige Hoffnung, das System lange genug zu erhalten, um euch rauszuholen, und es ist eine sehr schwache Hoffnung. Schnell jetzt. Vor wenigen Minuten habe ich einen Kontakt zwischen eurer Gruppe und dem innersten Kern des Systems bemerkt.«
    »Ja, Renie Sulaweyo ist dort, direkt im Zentrum. Mit ihr haben wir über das Zugangsgerät gesprochen«, erklärte Florimel bedrückt. »Aber Jongleur hat es uns abgenommen.«
    Paul wartete, daß Sellars darauf etwas erwiderte, doch die Stimme, die durch Cho-Chos virtuellen Körper gesprochen hatte, blieb stumm. »Und, war’s das schon?« fragte Paul schließlich. »Wir hatten praktisch aufgegeben, bevor wir deine Stimme hörten. Ist das alles, was wir von dir zu erwarten haben?«
    »Ich denke nach, verdammt«, versetzte Sellars scharf. »Aber ich muß gestehen, daß ich ratlos bin. Ich habe alles versucht, was von meiner Seite aus möglich ist, aber der bewußte Teil des Betriebssystems hat sich abgeschottet und reagiert nicht auf mich.«
    Paul wandte sich Martine Desroubins zu, die nur mit halber Aufmerksamkeit zuzuhören schien. »Martine, du hast mir erzählt, wie du aus dieser andern merkwürdigen Welt herausgefunden hast – wie du und !Xabbu es schafften, ein Gateway zu öffnen. Könntest du das nicht nochmal machen?«
    »Ein … Gateway öffnen …?« Die Qual in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Sie und Sellars klangen beide wie Leute, die so taten, als wäre nichts, während sie von Bienen zu Tode gestochen wurden. »Renie … !Xabbu … sie sind … über jedes Gateway hinaus, denke ich.«
    »Aber du hattest den Kommunikator in der Hand.« Paul beugte sich näher heran, um ihre Aufmerksamkeit zu bannen. »Kannst du … ihn fühlen? Du hast gesagt, bevor wir von dem Berg in Kunoharas Welt kamen, hättest du eine Verbindung gefühlt, sie irgendwie geistig wahrgenommen – du hättest sie festgehalten, damit wir ihr folgen konnten. Komm, Martine, du kannst Sachen machen, die sonst keiner von uns

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