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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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feiern. Ein weiteres Mal herrschte Ratlosigkeit. Und Furcht, spürte Renie. Ich fürchte mich schon wieder, dabei weiß ich nicht mal, wovor und warum.
    »Nemesis?« fragte sie. »Was … was ist das?«
    »Das ist ein Programm – ein Stück Code.« Martine Desroubins klang, als wäre sie mit dem Leben fertig. »Es wurde ausgesandt, um Paul Jonas zu finden, glaube ich. Ich bin ihm begegnet, als ich Dreads Gefangene war. In dem ganzen Wirrwarr hinterher habe ich wahrscheinlich vergessen, euch davon zu erzählen.« Martine drehte sich zu dem unmenschlichen, hübschen Gesicht um, das der wirkliche Ricardo Klement in alle Ewigkeit hatte tragen wollen. »Und was willst du jetzt noch?« fragte sie bitter. »Jonas ist tot. Das sollte dich glücklich machen – so glücklich, wie sowas wie du sein kann.«
    »O nein!« Renie schlug sich die Hand vor den Mund. »Nicht Paul.«
    »Doch, Paul«, sagte Martine.
    »Aber wie ist es zu diesem Gralstypen geworden?« fragte Sam Fredericks. »Wir haben doch gesehen, wie er bei diesem … dings, dieser Zeremonie, lebendig wurde.«
    »Und was ist das für’n häßlicher blauer Affe?« Jetzt, wo er mit den Füßen wieder fest auf dem Boden stand, hatte T4b etwas von seiner Chuzpe zurückgewonnen.
    »Ich habe das Ding seinerzeit in einer anderen Gestalt kennengelernt«, erklärte Martine. »Da hat es eine Tote imitiert. Eines von Dreads Opfern. Etwas Ähnliches hat es mit Klement gemacht, vermute ich. Vielleicht hatte es sich schon in Klements leerem virtuellen Körper eingenistet, bevor die Zeremonie überhaupt anfing.«
    Renie konnte es kaum ertragen, wie verzweifelt ihre Freundin klang. Sie wäre am liebsten zu ihr gegangen und hätte sie in den Arm genommen – sie alle, Sam, Florimel, sogar T4b –, aber sie kam nicht gegen den in der Luft liegenden Druck an, eine schwarze Wolke wie vor einem Gewitter, das jeden Augenblick losbrechen konnte. Sie traute sich kaum, eine Bewegung zu machen.
    Während sie die bekannten und unbekannten Gesichter überflog, erkannte sie plötzlich die hochgewachsene Gestalt mit den mächtigen Muskelpaketen.
    »Liebe Güte«, flüsterte sie !Xabbu zu. »Ist das nicht … Orlando?«
    Der langhaarige junge Mann hatte sie trotz des Abstands zwischen ihnen gehört und warf den beiden ein kurzes, leicht angespanntes Lächeln zu. »Hallo, Renie. Hi, !Xabbu .«
    »Aber du warst doch … tot, oder nicht?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ziemlich ereignisreicher Tag heute.«
    Der Mann im Rollstuhl hatte sich nicht gerührt. Er schwebte ein paar Schritte vor der Klement-Figur, die Augen ein wenig zusammengekniffen. »Du bist also Nemesis. Du hast gehört, was gesagt wurde, und ich denke, du hast verstanden: Paul Jonas ist tot. Was willst du von uns andern?«
    Sellars. Auch nach der langen Zeit erkannte Renie seine Stimme. Wie merkwürdig, daß er so aussah. Falls er so aussah. Sie hatte plötzlich starkes Heimweh nach der wirklichen Welt, nach Dingen, die so aussahen und sich anfühlten, wie es sich gehörte, die sich nicht von einer Sekunde zur nächsten veränderten.
    Das Ding betrachtete Sellars mit leicht schiefgelegtem Kopf, dann ließ es langsam seinen Blick über die anderen schweifen. »Nichts«, sagte es schließlich. »Ich bin hier, weil ich … gerufen wurde. Wurdet ihr nicht auch gerufen?«
    »Gerufen?« fragte Renie. »Wohin? Wozu?«
    Das Ding in Ricardo Klements Körper gab keine Antwort, sondern richtete nur wieder seinen ausdruckslosen Blick auf die Reihen leuchtender Zellen.
    Da Nemesis sich ihnen gegenüber in keiner Weise feindselig oder auch nur interessiert zeigte, traten die anderen – zunächst vorsichtig, dann mit wachsendem Zutrauen – an dem Ding vorbei zu Renie und !Xabbu . Als Sam Fredericks vor ihr stand, flossen Renie erneut die Augen über.
    »Ich hab nicht mehr so geweint, seit ich ein Baby war«, sagte sie lachend, während sie Sam umarmte. »Ich kann’s gar nicht fassen, daß wir alle hier sind – alle wieder vereint.«
    »Schau her, Renie!« Sam drehte sich um, schnappte sich Orlando und zog ihn heran. Der Barbarensim blickte betreten, als ob seine Auferstehung vom Tod ein Streich gewesen wäre, den er inzwischen bereute. »Er lebt! Ist das zu glauben?« Sam kicherte ausgelassen. »Und du auch! Wir haben überall nach dir gesucht, überall! Aber du warst einfach voll weg.«
    Eine Zeitlang herrschte trotz der Unheimlichkeit des Ortes ein freudiges Chaos. Selbst T4b kam herbei und ließ sich von Renie umhalsen.
    »Chizz, daß du

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