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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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so daß dein eigenes Gehirn eine virtuelle Kopie von sich anlegte. Daß er dich eng beschattet hat, Orlando, weiß ich mit Sicherheit. Vielleicht verspürte er eine unausgesprochene … Nähe zu dir. Zu deiner Krankheit, deinem Ringen damit.«
    Orlando schüttelte den Kopf. »Und wenn schon. Tot ist tot, daran ist nichts zu rütteln.«
    Bevor Sam Fredericks oder sonst jemand einen Einwand machen konnte, wurden sie von dem Nemesiswesen unterbrochen, das unvermittelt aufstand.
    »Die Nächsten sind fast soweit«, sagte Nemesis. »Ich habe ein … Gefühl, denke ich, würde man dazu sagen. Daß ich ein Ende des Wartens … wünsche. Ist das ein Gefühl?«
    »Was redet der Fenner da?« grummelte T4b. »Was für ›Nächste‹?«
    Renie, die den ersten tastenden Sprechversuchen des falschen Klement beigewohnt hatte, war einigermaßen verstört darüber, daß dieses Ding jetzt meinte, auch noch Gefühle zu haben.
    »Was er da anspricht, betrifft den letzten Teil dieser weitschweifigen Erklärungen«, sagte Sellars. »Den Grund, weshalb wir hier sind – und mein schwerstes Geständnis.« Er streckte seinen dünnen Arm aus und deutete auf die Lichterwaben. Deren Leuchtkraft hatte abgenommen, als ob die Feuer mit Asche belegt worden wären, aber die davon ausgehende Spannung zerrte weiterhin an Renies Nerven. Auch Sellars wirkte nervös. »Dies sind die wahren Kinder des Andern.«
    »Was, ein weiterer Greuel?« Nandi vom Kreis sagte es in wegwerfendem Ton, doch der darunter schwelende Unmut war nicht zu überhören.
    »Aber das kann nicht sein«, widersprach Sam Fredericks ungläubig. »Die ganzen Teddybären und Hoppelpoppelhäschen und so, jedenfalls alle, die nicht umgekommen sind, die waren vor ’ner halben Stunde noch da oben am Rand des Kraters. Wie sollen sie hierhergekommen sein?«
    »Sie sind nicht hier. Dies hier sind andere Wesen. Bitte, habe noch ein Weilchen Geduld mit mir, Sam«, bat Sellars sie. »Nur noch ein kleines Weilchen.
    Die meisten von euch kennen meine wahre Geschichte nicht, aber mit den näheren Einzelheiten möchte ich euch jetzt verschonen. Ich habe auch so schon genug geredet, und es gibt noch vieles, das erzählt werden muß, und das rasch.«
    Sellars gab eilig eine Kurzdarstellung des PEREGRINE-Projekts und seines tragischen Ausgangs. Für Renie war es fast zuviel. Nehmen diese irrwitzigen Geschichten denn nie ein Ende? fragte sie sich. Was sollen wir denn noch alles verkraften?
    »Damit war ich also der einzige Überlebende«, berichtete Sellars. »Ein belastender Geheimnisträger, der vom Militär jahrzehntelang unter Hausarrest gehalten wurde. Wegen meiner außergewöhnlichen Kommunikationsfähigkeiten war mir jeder Netzzugang verboten, aber ich konnte meine Bewacher überlisten und mich nachrüsten, bis ich schließlich in die weltweite Telekommunikationsinfrastruktur hineinkam, ohne daß sie Verdacht schöpften.
    Doch obwohl ich über sämtliches Datenmaterial der Welt frei verfügen konnte, wurde mir langweilig. Und wie Menschen es machen, wenn sie sich langweilen, suchte ich Abwechslung. Ich hatte schon immer Spaß an lebendigem Wachstum, an Züchtung. Also … züchtete ich.
    Weil ich ursprünglich das Befehlszentrum eines viele Milliarden Kredite teuren Raumschiffs sein sollte und weil die Mikroapparaturen in mir drin mich völlig umgeformt hatten, war ich zusätzlich mit inneren Antivirusprogrammen ausgerüstet worden, die zu dem Zeitpunkt das technische Nonplusultra waren. Computerviren durften keine Chance haben, meine überaus teuren Funktionen zu zerstören, da es natürlich ausgeschlossen war, etwas an mir zu reparieren oder zu ersetzen, wenn ich im Weltraumeinsatz war. Ich erhielt die neuesten und stärksten selbstorganisierten Antikörper, Codeprodukte, die in meinem Informationssystem wachsen und sich anpassen konnten. Aber im Zuge des Fortschritts in der wirklichen Welt wurden die Viren des Netzes genauso anpassungsfähig, was die Programmierer wiederum dazu anspornte, die Antiviren auf eine völlig neue Entwicklungsstufe zu heben.
    Mich faszinierte das alles. Wie die meisten Gefangenen hatte ich nichts als Zeit, und so begann ich zu experimentieren. Ich verfügte nur über einen kleinen inneren Speicher – der einzige Punkt, in dem es mir nie gelungen ist, mich ordentlich nachzurüsten –, und um meine Experimente irgendwo aufzubewahren, mußte ich daher Großspeicherplätze finden und nutzen, an die ich über das Netz herankam, freie Speicherkapazitäten von

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