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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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diese unerwähnt gebliebene Frage ansprechen konnte, tauchte plötzlich aus dem Nichts eine andere Gestalt inmitten der Versammlung auf.
    »Bedaure sehr, aber ich konnte nicht länger warten«, sagte Hideki Kunohara zu Sellars. Renie war nicht die einzige, die erschrocken nach Luft schnappte. Kunohara hatte einen festlichen schwarzen Kimono an und ein leicht schiefes Grinsen im Gesicht. »Ich habe eure Diskussion mitgehört und mich bemüht, geduldig abzuwarten, bis ich an der Reihe war, aber ich hatte Angst, dieses spektakuläre Ereignis zu verpassen.«
    »Aber … du bist doch tot!« rief Florimel geschockt aus. »Dein Haus ist eingestürzt.«
    »Das ist nicht ein und dasselbe«, erklärte Kunohara gutgelaunt, wobei er Martine zuzwinkerte. »Und der Verlust meines Hauses scheint deinen Zwecken eher gedient zu haben, nicht wahr? Du und deine Freunde, ihr seid doch entkommen, oder? Vielleicht wäre da ein wenig Dankbarkeit nicht unangebracht.« Er stockte, dann verneigte er sich kurz vor Florimel. »Verzeih. Ich habe es nicht beleidigend gemeint. Es freut mich, daß ihr überlebt habt. Ich fühle nur, daß die Zeit drängt.« Er ließ seinen Blick über die Reihen der Lichter schweifen, und sein Gesicht nahm einen begeisterten, fast fiebrigen Ausdruck an. »Wunderbar! Jeder Biologe der Welt würde zehn Jahre seines Lebens dafür geben, hier dabeisein zu können!« Auf einmal verfinsterte sich seine Miene. »Und ihr wollt darüber abstimmen, ob ihr das zulaßt oder nicht? Wahnsinn.« Er musterte Sellars kritisch. »Würdest du dich wirklich mit so einer albernen Kinderei einverstanden erklären?«
    Sellars zog ratlos die Schultern hoch. »Ich sehe keine andere Möglichkeit. Kein einzelner Mensch hat das Recht, so etwas zu entscheiden, und für ein besonneneres Vorgehen haben wir keine Zeit mehr.«
    Kunohara gab ein abschätziges Geräusch von sich. »Dann soll also ein Häuflein müder Amateure ohne jeden Sachverstand über das Schicksal einer völlig neuen Lebensform befinden?«
    »Eine Frage«, meldete sich Orlando. »Wenn wir wirklich eine Abstimmung darüber durchführen, wer ist dann stimmberechtigt? Nur die Erwachsenen?«
    »Wir werden dich und Sam auf jeden Fall als vollwertig behandeln«, versicherte Sellars. »Daß ihr das seid, habt ihr zweifellos bewiesen.«
    »Mitstimmen, mitstimmen!« schrien mehrere von der Bösen Bande. »Wir sind für heimgehen, nich mehr reden reden reden!«
    »Ihr Kleinen kommt sofort wieder runter!« schimpfte Missus Simpkins. »Glaubt ja nicht, ich könnte euch nicht kriegen!«
    »Und eine andere Wahl haben wir nicht?« Renie wandte sich !Xabbu zu, der nichts sagte, aber von allem, was er gehört hatte, sichtlich verstört war. »Sowas sollen wir entscheiden?« Sie wollte hören, wie er aus seiner besonderen Perspektive die Sache sah. »Wir sollen auf der Stelle wählen zwischen … sie umbringen und sie freilassen? Zwischen sowas wie Völkermord und dem Risiko, daß unsere eigene Spezies ausradiert wird?«
    »Solche Entscheidungen gibt es nicht«, sagte !Xabbu bedächtig. »Das weiß ich sicher. Das sind nur Schubfächer, auf die Leute verfallen, wenn ihnen die Komplikationen über den Kopf wachsen. Die Welt hat viele Wege.«
    »Das könnte der Fall sein, wenn wir mehr Zeit hätten.« Sellars klang wieder erschöpft und außerordentlich niedergeschlagen. »Bitte! Wir wissen nicht, wie lange es dauert, bis sie …«
    »Halt!« Die erschreckend laute Stimme hallte immer noch durch die Höhle, als schon alle verstummt waren – die nicht richtig menschliche Stimme von Nemesis. »Ich … wir … ich verstehe nicht alle eure Worte.« Das Ding in Ricardo Klements Körper brachte nach wie vor kein Mienenspiel zustande, aber Renie fand, daß seine Stimme einen etwas menschlicheren Ton bekommen hatte. »Ich verstehe nicht, aber ich merke die Unruhe und Furcht, womit ihr die Kommenden betrachtet. Die Nächsten.«
    »Die nächsten was denn?« flüsterte Sam gut vernehmbar Orlando zu.
    »Ihr müßt sie hören … sie müssen reden. Dann wird ein gewisses Verständnis sein. Vielleicht.« Nemesis suchte nach den richtigen Worten. Renie fand es beängstigend, aber irgendwie auch aufregend. Das Ding wollte wirklich kommunizieren. Es war nur ein Stück Code, wenn auch ein höchst kompliziertes, doch es tat allem Anschein nach etwas, wofür es nicht programmiert sein konnte.
    Es betrifft also nicht nur die Geschöpfe, die Sellars und der Andere hervorgebracht haben, dachte Renie. Die Grenzen

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