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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Knötchen auf dem blassen, rot geränderten Fleisch. »Was zum Teufel is mit meim Arm passiert?«
    »Ein Hund hat dich gebissen«, antwortete der junge Mann. »Den Kopf hätte er dir auch beinahe abgerissen. Versuch mal, nicht den Hals zu beugen.«
    »Ich muß aufstehen.« Joseph wollte sich aufsetzen. Jetzt erinnerte er sich wieder, an alles. »Wo sind meine Leute? Wo is Jeremiah? Del Ray?«
    Der junge Mann drückte ihn abermals nach unten. »Laß das, oder ich ruf die Posten. Du stehst unter Arrest, aber du gehst nirgends hin, nicht mal ins Gefängnis, solange ich dich nicht für transportfähig erkläre.«
    »Arrest?« Joseph schüttelte den Kopf, der ihm, wie er dadurch zu spüren bekam, verteufelt weh tat. Es war ein Gefühl, als ob er tagelang getrunken und dann aufgehört hätte. Das Trinken is nie das Problem, dachte er sich, das Aufhören isses. »Wieso Arrest? Wo sind …?« Plötzlich durchfuhr es ihn eiskalt. »Wo is Renie? O Gott, wo is meine Tochter?«
    Der junge Mann sah ihn stirnrunzelnd an. »Tochter? Willst du damit sagen, daß außer euch dreien und den andern Männern noch jemand da unten war?« Er stand auf, streckte den Kopf zum Vorhang hinaus und machte zu jemandem eine Bemerkung. Joseph nutzte die Gelegenheit zum nächsten Aufstehversuch, mußte aber feststellen, daß seine Beine an die Rollbahre geschnallt waren.
    »Ich hab gesagt, du sollst liegenbleiben«, herrschte ihn der junge Mann an. »Wenn deine Tochter da drin ist, werden sie sie finden.«
    »Nein, werden sie nich. Sie is in so’m großen Tank drin. Und ihr Freund auch. Er is einer vom kleinen Volk, verstehste? Kennst du das kleine Volk?«
    Der Mann musterte ihn zweifelnd. »In einem … Tank?«
    Joseph stöhnte. Es war schwer zu erklären, und jedes Wort, das er sagte, war qualvoll. Sein Hals fühlte sich an, als hätte ihn jemand in einen Schraubstock gespannt. Ein neuer Gedanke kam ihm. »Wieso bin ich festgenommen? Wo seid ihr überhaupt auf einmal hergekommen?«
    Der Arzt, wenn es denn einer war, betrachtete Joseph noch zweifelnder. »Ihr habt euch widerrechtlich Zutritt zu einem Militärstützpunkt verschafft. Ein paar Leute würden ganz gern ein Wörtchen mit euch darüber wechseln – und über die bewaffneten Männer, die euch an den Kragen wollten.« Er bedachte Joseph mit einem kleinen, harten Lächeln. »Da ich nicht glaube, daß diese Herren noch für Auskünfte zur Verfügung stehen.«
    »Was is mit meinen Leuten?«
    »Sie sind am Leben. Der junge Mann – Chiume, ist das sein Name? Dem hat ein Hund ein paar Finger abgebissen. Und der ältere Mann hat eine Schußwunde im Bein. Ihr habt alle auch noch andere Verletzungen, aber nichts Lebensgefährliches.«
    »Ich will mit ihnen reden.«
    »Bevor der Captain die Erlaubnis gibt, wirst du mit niemand reden. Höchstens vielleicht mit ’nem Anwalt.« Der junge Arzt schüttelte den Kopf. »Was habt ihr da für einen Unfug getrieben?«
    »War kein Unfug«, versetzte Joseph barsch. Er wollte wieder schlafen, aber er durfte noch nicht. »Sag ihnen, meine Tochter und ihr Freund sind immer noch da unten, in den Tanks mit diesem elektrischen Gelee drin. Sag ihnen, sie sollen aufpassen, wenn sie sie rausholen. Und sie sollen gefälligst nich hinschauen – die haben beide nix an.«
    Die Miene des Arztes ließ keinen Zweifel daran, daß er Joseph für komplett unzurechnungsfähig hielt, doch er gab die Informationen trotzdem weiter.
     
     
    > Als sie aufwachte, sah sie Stan Chan am Ende eines langen Tunnels sitzen. Sie dachte, daß es ein Tunnel war, doch es konnte natürlich auch sein, daß das Zimmer dunkel war und er unter einer kleinen Lampe saß.
    Sie konnte nicht erkennen, wo sie war. Sie gab einen Laut von sich, und Stan sah sie, sprang auf und trat zu ihr. Er war aus der Nähe schwerer in den Blick zu nehmen als aus der Ferne. Sie bat ihn um Wasser, weil ihre Kehle trocken war und ihr das Reden schwerfiel, doch aus irgendeinem Grund schüttelte er bloß den Kopf.
    »Du hättest mich mitnehmen sollen, Calliope«, sagte er leise. »Ich hab dich zurückgerufen, aber du warst schon weg.«
    Es war mehr als schwer zu reden, es tat höllisch weh. Irgendein Schlauch hing ihr im Mundwinkel und hinderte sie daran, den Mund richtig zuzumachen. »Wollte dir … nicht … das Wochenende … verderben«, erklärte sie ihm, so gut es ging.
    Er gab ihr keine schlagfertige Antwort zurück, was ihr merkwürdig vorkam. Als sie wieder in den Schlaf sank, ging ihr plötzlich auf, daß er sie

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