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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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verängstigt. Verwirrt und betroffen von der Geisterstimme griff sich Paul an den Kopf. »Kunohara!« schrie er. »Was ist da los?«
    Ein gedämpftes, ortloses Licht ging an. Sein Gastgeber erschien, bekleidet mit einem dunklen Kimono. Auch er wirkte verblüfft. »Jemand …jemand benutzt das offene Kommunikationsband«, sagte er. »Idioten! Was denken die sich dabei?«
    »Was für ein Kommunikationsband?« wollte Paul wissen, doch der andere Mann war damit beschäftigt, eine Reihe von Gesten zu machen. »Das sind meine Freunde! Was ist mit ihnen?«
    Mehrere Sichtfenster sprangen in der Luft auf, kleine Rechtecke voll sausender Lichtblitze, die Zahlen oder Buchstaben oder noch rätselhaftere Zeichen sein mochten, aber Kunohara schienen sie etwas zu sagen, denn er zog ein finsteres Gesicht. »Alle sieben Höllen! Sie sind hier – in meiner Welt!«
    »Wie? Was? Wo?« Paul sah, wie Kunohara ein neues und größeres Fenster öffnete, in dem sich dunkle Figuren bewegten. Es dauerte einen Moment, bis Paul begriff, daß er auf einen Ausschnitt des Makrodschungels im Mondschein blickte. Regentropfen gingen nieder wie Granaten. Paul konnte mehrere düstere Gestalten ausmachen, die unter einem überhängenden Blatt kauerten. »Sind sie das? Wie können sie mit uns reden?«
    »Bitte, gib Antwort, Renie«, ertönte Martines jammernde Stimme. »Wir sitzen hier in der Falle und haben keine …«
    Der Ton brach jäh ab. Bevor Paul den Mund aufmachen konnte, um weitere Fragen zu stellen, knackte es, und eine andere körperloseStimme scholl durch den Raum, tiefer und kräftiger als die erste. Auch sie hatte er schon einmal gehört, erkannte Paul mit wachsendem Grauen, aber nur ein einziges Mal – am Himmel über dem schwarzen Berg …
    »Martine! Bist du das, Süße?« Der große böse Wolf, der gerade entdeckte, daß den Schweinchen die Ziegel zum Hausbau ausgegangen waren, hätte sich nicht erfreuter anhören können. »Ich hab dich richtig vermißt. Sind etwa noch andere von meinen alten Kumpels bei dir?«
    Martine war verstummt, zweifellos vor Schreck, aber der hämischen Stimme schien das nichts auszumachen.
    »Ich bin zur Zeit leider ziemlich beschäftigt, mein Schnucki, aber ich schick ein paar Freunde los, die euch holen werden. Rührt euch nicht von der Stelle! Sie werden in wenigen Minuten da sein. Oder wenn ihr wollt, könnt ihr auch gern fliehen – es wird euch nur nichts nützen.« Hörbar gut gelaunt lachte Dread aus vollem Hals. Die Gestalten, die Paul in dem offenen Fenster sehen konnte, wichen noch weiter in die Dunkelheit unter dem Blatt zurück.
    Er fuhr herum und packte Kunohara am Arm. »Wir müssen ihnen helfen!«
    In dem trüben Licht schien Kunoharas Profil aus kaltem Stein gemeißelt zu sein. »Wir können nichts tun. Das haben sie sich selbst zuzuschreiben.«
    »Mich hast du doch auch gerettet!«
    »Du hast deine Anwesenheit niemandem verraten, der mich vernichten könnte. Davon abgesehen ist es für sie ohnehin zu spät, ganz gleich was dieser Dread unternimmt. Sie sind von einem sehr viel näheren Feind aufgespürt worden.«
    »Was soll das heißen?«
    Kunohara deutete auf das Fenster. Das Blatt, das Martine und den übrigen Schutz bot, schwankte immer noch unter den schweren Regengeschossen, aber ein kolossaler Schatten hatte sich in Pauls Blickfeld geschoben, ein gepanzertes Monstrum auf langen Gliederbeinen, das nach und nach das ganze Bild verfinsterte.
    »Eine Geißelspinne«, sagte Kunohara, »verwandt mit den Skorpionen. Wenigstens werden sie nicht lange leiden müssen.«

Kapitel
Traum im silbernen Nebel
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Meinungsfreiheit für sprechende Puppen?
    (Bild: Motzpuppe Max Mauli, Herstellerdemo)
    Off-Stimme: Die Eltern eines neunjährigen Jungen aus der Schweiz haben dessen Schulleiter verklagt. Der Junge war wegen aufsässiger Reden bestraft worden, obwohl der wahre Schuldige nach Ansicht der Eltern eine sprechende Puppe namens Max Mauli ist, die von der Firma FunSmart Entertainment hergestellt wird.
    (Bild: FunSmart-PR-Chef Dilip Rangel)
    Rangel: »Max Mauli ist eine serienmäßig hergestellte interaktive Puppe. Sie redet – genau dafür ist sie gemacht. Manchmal sagt sie unanständige Sachen. Auch wenn die Bemerkungen noch so unerfreulich waren, den Besitzer, ein minderjähriges Kind, trifft keine Schuld. Es ist eine Sache, die Puppe zu konfiszieren – das erleben wir häufig –, aber eine ganz andere Sache, ein Kind für Ausdrücke zur Rechenschaft zu ziehen, die diese

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