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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wie eine Spezialeinheit. Sellars meint, am besten wir machen diesen Teil hier dicht und versuchen, länger durchzuhalten als sie.«
    Long Joseph war ein wenig unschlüssig, ob er es bedauern sollte oder nicht, daß er sich keine Schießerei mit den burischen Killern liefern konnte. »Und was soll der machen?« fragte er und zeigte mit dem Daumen auf Del Ray.
    »Kommt drauf an. Herr Chiume, verstehst du etwas von Computersystemen, Elektronik?«
    Del Ray schüttelte den Kopf. »Ich habe Politikwissenschaft studiert. Ich weiß, wie man ein Pad benutzt, aber nicht viel mehr.«
    Jeremiah seufzte. »Das habe ich befürchtet. Sellars meinte, es müßten eine Menge Umschaltungen vorgenommen werden, damit er uns besser helfen kann. Ich werde mich wohl selbst durchwursteln müssen, falls ich aus seinen Anweisungen schlau werde. Gott, ich hoffe, er ruft bald an.«
    »Umschaltungen?«
    »Das ist ein völlig überaltertes System hier, zwanzig, dreißig Jahre alt oder mehr. Ich weiß nicht genau, was er vorhat, aber er sagte, es wäre wichtig.« Er versuchte zu lächeln. Er sah sehr grau und abgespannt aus. »Na gut, Herr Chiume, ich denke mal, du wirst den Generatordienst übernehmen.«
    »Sag bitte Del Ray zu mir. Was genau soll ich tun?«
    »Wenn wir uns hier unten im Labor einigeln, brauchen wir den Generator, weil die Männer da oben mit Sicherheit versuchen werden, uns den Strom abzuschalten. Wir brauchen aber Strom, schon allein für die Be- und Entlüftung, vom Betrieb der Tanks ganz zu schweigen.« Er deutete auf die mächtigen Klötze auf der Etage unter ihnen, die mit ihrem Kabelsalat ringsherum aussahen wie von Kletterpflanzen überwucherte Steine. »Sellars meinte, wir hätten Glück, daß es hier unten eine Brennstoffzelle gibt und keinen Reaktor, weil das Militär bei einem Reaktor das Nuklearmaterial mitgenommen hätte und wir ganz und gar auf die normale Stromversorgung angewiesen wären.«
    »Ich kapier’s immer noch nich«, grummelte Long Joseph, den die unerfreuliche Vorstellung quälte, daß er Dutzende von schweren Wasserbehältern und Essenskanistern aus dem oberen Teil nach unten transportieren sollte. »Was weiß der von meiner Renie? Woher soll sie einen aus Amerika kennen, und wieso hat der überhaupt was mit der Sache am Hut, mit uns?«
    Del Ray hob hilflos die Hände und antwortete für Jeremiah. »Was machen wir alle hier in diesem bescheuerten Stützpunkt? Warum kommen gekaufte Killer zu mir an die Haustür und drohen, mich umzubringen, bloß weil meine Exfreundin mit einer französischen Rechercheurin geredet hat? Das ist alles absurd, und es wird immer absurder.«
    »Das is die erste vernünftige Sache, die du den ganzen Tag gesagt hast«, erklärte Joseph.
     
    Joseph war verschwitzt und schlecht gelaunt, und vor allem war es ihm unangenehm, daß ihm in den leeren, hallenden Räumen des »Wespennestes« der Schweiß auf der Haut kalt wurde. Nach seinem Selbsturteil war er keiner, der vor Furcht zitterte – obwohl ihm das schon mehr als einmal im Leben passiert war –, aber genausowenig konnte er sich weismachen, daß sich alles schon irgendwie wieder einrenken würde.
    Aus der Geschichte kannst du dich nich einfach rausquasseln, Mann, sagte er sich, als er den Rollwagen in den Fahrstuhl manövrierte. Bevor er den Abwärtsknopf drückte, lauschte er angestrengt. Ob sie es wohl mitbekamen, fragte er sich, wenn die Banditen irgendwann den Code für das wuchtige Außentor knackten, oder ob es einfach lautlos aufging, so daß die Killer hineinspazieren konnten wie Katzen bei Nacht durch ein offenes Fenster? Alles war jetzt still; er konnte nicht einmal mehr Jeremiah und Del Ray zwei Etagen unter sich hören. Sein eigenes schweres Atmen war das einzige, was in dem unterirdischen Raum auf Leben hindeutete, aus ihm mehr machte als ein großes Loch im Berg, unbewohnt wie eine leere Muschel.
    Die Fahrstuhltür klackte auf. Leise ächzend ruckelte Joseph den Wagen in Position und schob ihn dann mit der Wasserladung den Gang am Geländer entlang. Er sah Jeremiahs Füße unter der Konsole vorlugen, umgeben von diversen Teilen und Kabeln, und er mußte kurz an die vermüllte Fabriketage des Elefanten denken, die so ganz seinem Klischee vom Labor eines verrückten Wissenschaftlers entsprochen hatte. »Der ist nicht mehr geheim«, hatte der dicke Mann über den Militärstützpunkt erklärt, und er hatte recht gehabt. Was nicht hieß, daß Joseph vorhatte, noch einmal bei ihm vorbeizuschauen und ihm zu seinem

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