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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Scharfblick zu gratulieren.
    »Das is alles, was an Wasser da is«, rief er zu Jeremiahs Füßen hinüber. »Als nächstes schaff ich die Essenssachen runter. Warum, weiß ich nich – is eh nix weiter als abgepackte Scheiße. Noch’n paar Wochen den Fraß, und wir bringen uns selber um.«
    Jeremiah rutschte unter der Konsole hervor; an den Falten auf seiner Stirn hätte Joseph eine Bierflasche öffnen können, falls er das Glück gehabt hätte, eine zu besitzen. »Ja, es ist wirklich eine Schande. Deshalb hast du mir auch bestimmt ein paar Köstlichkeiten mitgebracht, als du da draußen durch Südafrika gejuckelt bist, während ich hier festsaß und deine hilflose Tochter bewachen mußte, nicht wahr? Ein paar leckere Schokoladenriegel vielleicht? Eine Tüte Koeksisters aus der Bäckerei? Irgendeine Entschädigung dafür, daß du mich hier hängengelassen hast mit diesem Fraß, den du so treffend als Scheiße bezeichnest?«
    Durch reiche Erfahrungen mit seiner Tochter und anderen hatte Joseph ein feines Gefühl dafür entwickelt, wann er in einer Auseinandersetzung den kürzeren ziehen würde. Eilig schob er den Wagen weiter zu der Stelle, wo er angefangen hatte, eine Pyramide aus Wasserbehältern zu bauen. Bei seiner Rückkehr war Jeremiah schon wieder unter die Konsole gekrabbelt und Del Ray nirgends in Sicht, und so blieb er stehen und blickte auf das Untergeschoß des Labors hinab. Die stillen Formen der V-Tanks, verstaubte, tote Gegenstände aus dem Museum, trieben ihm plötzlich Tränen in die Augen. Verwundert wischte er sie weg.
    Aber eins is sicher, sagte er im stillen zu dem nächsten Tank. Bevor sie dich kriegen, müssen sie erst mich fertigmachen. Irgendwie schaff ich’s, daß du wieder raus an die Sonne kommst. Er staunte, daß er sich selbst im Kopf eine solche Rede hielt, aber mehr noch darüber, daß es die Wahrheit war, was er da sagte. »Hörst du mich, Mädel?« flüsterte er. »Erst müssen sie mich fertigmachen.«
    Er fürchtete, Del Ray oder Jeremiah könnten ihn sehen, und sowieso war der Ort steinern und trostlos wie eine Gruft. Er begab sich schleunigst zum Fahrstuhl zurück.
     
     
    > Calliope Skouros schnitt eine Grimasse und stellte den Kaffee wieder hin. Weniger deshalb, weil er schlecht schmeckte – das kam noch dazu, denn die dampfende Brühe stammte aus einem dieser Blitzkochpäckchen –, sondern weil sie am Abend davor literweise Kaffee in sich hineingeschüttet hatte. Noch nach fünf Stunden unruhigem Schlaf tobte das Koffein in ihr herum wie eine dieser furchtbaren, immer fröhlichen Frauen, die nur dafür leben, Nachbarschaftsfeste zu organisieren.
    Trotzdem war Calliope in ziemlich guter Stimmung. An der Kellnerinnenfront war zwar nicht gerade ein glorioser Sieg zu verzeichnen, aber immerhin ein deutlicher Fortschritt. Elisabetta (die extravagant tätowierte Serviererin dieses ganzen Kaffees) hatte ihren Namen preisgegeben und kam inzwischen auch dann zum Plaudern an Calliopes Tisch, wenn diese sich aus Versehen in das Revier einer anderen Bedienung gesetzt hatte. Zu ihrer Überraschung und Befriedigung hatte die Polizistin festgestellt, daß die junge Frau noch mehr vorzuweisen hatte als bloß ihr verwegenes, attraktives Äußeres. Sie studierte Kunst – natürlich –, aber schien einiges auf dem Kasten zu haben und ließ sich sogar über kurze Strecken zum Zuhören bewegen, wenn es gelang, sie von dem ewigen Kellnerinnenlamento über miese Bosse, wehe Füße, hohe Mieten und schlechte Busverbindungen abzubringen.
    Interessanterweise war auch nach mehreren Abenden angeregter Kurzgespräche der zweite große Themenkomplex, der die Kellnerinnen der Welt wehklagen ließ, nicht zur Sprache gekommen, das heißt, es war noch kein Wort über faule, dumme oder gewalttätige Liebhaber gefallen. Es war überhaupt kein Wort über Liebhaber (oder Liebhaberinnen) gefallen, einerlei welcher Art.
    Hoffentlich wird aus der Sache bald mal was, sagte sich Calliope in Anbetracht der Aussicht, monatelang in der schrillen Strandpartyatmosphäre von Bondi Baby herumzuhängen. Sonst wird allein schon das Koffein mich ins Grab bringen.
    »Ich geb einen Penny für deine Gedanken, Partnerherz …« Stan Chan schlüpfte in den engen Raum mit Wandbildschirm, der bei sämtlichen Polizisten »das grüne Zimmer« hieß, und warf seine Jacke über eine Stuhllehne. Wie üblich herrschten in dem winzigen Kabuff praktisch Saunatemperaturen. »Aber ich bin sicher, sie sind viel mehr wert. Du siehst heute aus

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