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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wollt.« Er wirkte auf einmal fasziniert und erregt, geradezu fiebrig. »In der Hauswelt zum Beispiel, wo ich die meisten von euch zum zweitenmal getroffen habe. Ich kannte ihre Erbauer, und die Anlage des Ganzen war weitgehend ihr Werk, aber die Madonna der Fenster? Die überdies eine Erscheinungsform deines Schutzengels gewesen zu sein scheint, Jonas? Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie in der ursprünglichen Welt einprogrammiert war. Nein, ich glaube vielmehr, daß Einflüsse aus dem System im ganzen für ihr Auftreten verantwortlich waren. Und überlegt mal, wo ihr das Gateway in Troja gefunden habt, und ein ziemlich wichtiges zudem – im Tempel der Demeter. Dort, wo die Mutter der Braut des Todesgottes ihren Sitz hat, im Zentrum eines Labyrinths. Da haben wir die beiden von Jonas genannten Motive zusammen.«
    Paul meinte, den Ton jetzt auch zu hören, der Martine zwischenzeitlich ablenkte, ein leises, pulsierendes Summen, vom Murmeln des Flusses kaum zu unterscheiden. Aber etwas anderes schien Martine jetzt mehr zu beschäftigen. Sie setzte sich gerader hin. »Das stimmt«, sagte sie. »Du wußtest, daß wir dort hinbestellt worden waren, nicht wahr? Als ihr euch in der Hauswelt begegnet seid, meinte Florimel, in Troja gebe es kein Labyrinth, aber du wußtest, daß es doch eins gab.«
    Kunohara nickte, aber sein Blick verriet, daß er auf der Hut war. »Wie gesagt, es war eine der ersten Simulationen, die die Bruderschaft anlegte.« Er zog die Stirn kraus. »Aber woher weißt du, worüber wir geredet haben? Du warst zu dem Zeitpunkt noch gefangen. Du warst gar nicht dabei.«
    »Ganz genau.« Martines Gesicht war hart. »Es ist immer seltsam, wenn Leute von Vorgängen wissen, bei denen sie gar nicht selbst anwesend waren. Und du weißt viel über unsere Zeit in Troja. Paul, hast du Herrn Kunohara erzählt, daß wir im Tempel der Demeter waren?«
    Martines offene Feindseligkeit gegen ihren Gastgeber mißfiel ihm schon die ganze Zeit, und er wollte gerade etwas dazu sagen, um das Gespräch wieder auf das richtige Gleis zu bringen, als ihm aufging, daß ihr Einwand berechtigt war. »Nein … eigentlich nicht. Ich hab viel ausgelassen … weil ich ihm vor allem erzählen wollte, was mit der Gralsbruderschaft passiert ist.« Ihm war zumute, als irrte er plötzlich wieder orientierungslos herum, den Machenschaften anderer ausgeliefert. Er wandte sich Kunohara zu. »Ja, wirklich, woher hast du das gewußt?«
    Es war nicht eindeutig auszumachen, was die gereizte Miene des Mannes zu bedeuten hatte: Er machte es einem schon unter normalen Umständen nicht leicht, aus ihm schlau zu werden. »Wo hätte es sonst sein sollen? Ich habe euch praktisch selbst dort hingeschickt!«
    T4b straffte sich und ballte die Fäuste. »Schnüffler für die Gralstypen, hä? Doch’n Dupper?«
    »Er könnte die Wahrheit sagen«, sagte Martine und hob die Hand, um T4b zu bremsen. »Aber ich habe meine Zweifel. Ich denke, vielleicht erzählst du uns nicht die ganze Wahrheit, Herr Kunohara.« Sie kniff einen Moment lang abgelenkt die Augen zusammen, aber bemühte sich trotzdem, ihren Gedanken zu Ende zu führen. »Es stimmt, du wußtest, wo wir hinwollten. Ich vermute, daß du außerdem einen Informanten dort in Troja und später hattest – vielleicht sogar einen von uns, so unangenehm die Vorstellung ist – und daß es die Kommunikationsverbindung zwischen dir und diesem Informanten war, der ich hierher folgen konnte, als auf dem Berggipfel das Chaos ausbrach.«
    Die Spannung zwischen den beiden, die im ganzen Raum eine beiße, drückende Atmosphäre geschaffen hatte, hielt nicht an. Als es gerade den Anschein hatte, als müßte Kunohara sich entweder schuldig bekennen oder eine zornige Erwiderung vom Stapel lassen, warf Martine den Kopf in den Nacken und starrte mit blinden Augen zur Deckenkuppel und dem alles verhängenden grauen Wolkenschleier auf. Das Summen war mittlerweile unüberhörbar laut geworden.
    »Es sind viele Gestalten über uns«, sagte sie mit Verwunderung in der Stimme. »Viele…«
    Etwas plumpste schwer auf den höchsten Punkt der Blase, ein dunkler Fleck, der den Dunst draußen verwirbelte. Gliederbeine stampften und drückten, als wollten sie durch die transparente Oberfläche stoßen. Weitere Aufschläge folgten, zuerst wenige, dann ganz viele dicht hintereinander. Paul machte Anstalten, auf die Füße zu springen, doch der Fluchtreflex war bereits gehemmt: Auf der ganzen gewölbten Membran wimmelte es von

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