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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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los.
    Doch selbst dieser scheußliche Anblick war nicht das Schlimmste. Auf einem bemoosten Stein hart am Rand des Flusses standen zwei sehr unterschiedliche Figuren wie Generäle, die den Fortgang eines Feldzugs beobachteten. Kunohara stellte sie größer und schärfer. Trotz der unmittelbaren Bedrohung durch die Wespen, die jetzt das Blasenhaus mit einer soliden Schicht aus Panzern und Klauengliedern umgaben, konnte Paul den Blick nicht von den beiden abwenden.
    Eine war eine widernatürlich angeschwollene Raupe, deren pelzige Segmente die Farbe von Leichenfleisch hatten und die mit ihren winzigen Schweinsäuglein im Gesicht und dem Mund voll grober Hauer auf eine noch ekelhaftere Art menschenähnlich wirkte als die Mutantenarmee. Neben ihr wippte eine papierweiße Grille auf und ab und rieb die Beine aneinander, doch ihre Sägetöne waren gnädigerweise nicht zu hören. Ihr langes Gesicht war genauso abstoßend individuell wie das der Raupe, nur daß die Stelle, wo die Augen hätten sein sollen, leer und flach war.
    »Die Zwillinge«, stöhnte Paul. »O Gott. Er hat die Zwillinge hinter uns hergeschickt.«
    »Da ist noch einer«, sagte Florimel. »Seht, dort auf dem Käfer reitet er.«
    Paul starrte die blasse menschliche Gestalt an, die sich auf einem glänzenden Rückenschild auf und nieder bewegte. »Wer ist das?«
    Kunohara machte ein finsteres Gesicht. »Robert Wells, würde ich vermuten. Jammerschade, daß die Geißelspinne ihn nicht auch erwischt hat.«
    Die winzige Figur schwenkte einen Arm, und das nächste Käferbataillon marschierte zum Wasser, um für die Verlängerung der Kette das Leben zu lassen.
    »Der Dreckskerl amüsiert sich prächtig«, bemerkte Kunohara.

Kapitel
Der Mann vom Mars
    NETFEED/ACTION-LIVE:
    »Die Sprootiekriegersekte«
    (Bild: Wengweng Chos Übungsraum)
    Cho: Chen Shuo, die Zeit zum Handeln ist gekommen! Meine Tochter Zia ist von den Schurken der Wolfsrachensekte entführt worden. Sie wollen ihren unspirituellen, tödlichen Kampfkunststil an ihr erproben.
    (Off: Schreckenslaute)
    Shuo: Beim heiligen Sprootie, das dürfen wir auf keinen Fall zulassen!
    Cho: Du bist ein tapferer Mann und ein wahrer Krieger. Rasch, nimm meine Wurfsterne, die ich wie meinen Augapfel hüte, und eile, meine Tochter zu retten!
    Shuo: Wenn ich zurückkomme, bringe ich dir den Kopf des Wolfsrachenmeisters und deine Tochter Zia – unversehrt.
    (Off: Applaus, Jubel)
    Shuo (bei sich): Aber ich muß beten, daß mein inbrünstiger Glaube an den heiligen Sprootie mir die nötige Kraft für diese Tat verleiht, denn zahlreich sind die Schergen der Wolfsrachensekte und voller Tücke. Dennoch, Sprootie ist mit den Tapferen!
    (Off: noch lauterer Applaus)
     
     
    > Frau Sorensen – Kaylene heiße sie, hatte sie ihm gesagt – kam aus dem Nebenzimmer zurück, wo sie nach den beiden Kindern geschaut hatte, und verschaffte damit allen eine Atempause. Besonders Catur Ramsey war dankbar für die Unterbrechung. Der Tag übertraf alles, was er im Leben an Irrsinn mitgemacht hatte, eine kurze psychedelische Phase als Student eingeschlossen.
    »Christabel scheint soweit okay zu sein«, meldete sie. »Sie schläft. Der kleine Junge hat sich auf dem Boden zusammengerollt. Zum Baden konnte ich ihn nochmal bringen, aber nicht dazu, sich in das andere Bett zu legen.«
    »Sie hat viel durchmachen müssen«, meinte Michael Sorensen. »Wenn ich geahnt hätte … Allmächtiger Gott, in was sind wir da bloß reingeschliddert?«
    Die verhutzelte Gestalt in dem gemieteten Rollstuhl blickte auf. »Es tut mir wirklich sehr leid, deine Familie mit hineingezogen zu haben, Frau Sorensen. Die Verzweiflung zwingt uns, schändliche Dinge zu tun.«
    Die Frau rang einen Moment lang sichtlich mit dem Impuls, etwas Höfliches zu erwidern, doch am Schluß siegte die anhaltende Empörung. Sie hatte sich deutlich noch nicht von dem Schreck erholt, den Major Sorensens Bericht über die Ereignisse in Yacoubians Suite, selbst in der stark abgeschwächten Version, ihr versetzt hatte. Während Ramsey sich um die völlig verstörte Christabel und den ziemlich bockigen kleinen hispanischen Jungen gekümmert hatte, war sie mit ihrem Mann nach nebenan gegangen und hatte, wie Sorensen es später ausdrückte, »mich wissen lassen, daß sie von der Entwicklung der Dinge nicht gerade begeistert ist«.
    In seinem erschöpften Zustand hatte Ramsey Mühe, die angespannte und gedrückte Stimmung im Raum zu verkraften, ganz zu schweigen von der bizarren Geschichte,

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