Outback Love
stieß er immer wieder herab, um kurz über dem Boden eine waghalsige Wendung auszuführen und erneut aufzusteigen. In wildem Zickzack brachte er ausbrechende Tiere zur Herde zurück, und hielt sie in Schach, bis sie schließlich alle im Pferch waren.
Wie erstarrt stand Holly da, die Hände zu Fäusten geballt, die Fingernägel in den Handballen vergraben, und entspannte sich erst ein wenig, als der Helikopter landete und Cameron unversehrt ausstieg.
Sein Haar war zerzaust vom Helm, ein feiner Schweißfilm bedeckte sein Gesicht, er sah ein bisschen erschöpft und gleichzeitig zufrieden aus, und am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, so erleichtert war sie, dass er wohlbehalten war.
»Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen«, grinste er, als er bei ihr ankam, »hat dir die Show keinen Spaß gemacht?«
Sie starrte auf sein stoppeliges Kinn. Nein, dachte sie, ich hatte Angst um dich.
»Doch«, betonte sie hastig und rang sich ein Lächeln ab, »es war sehr … spannend.«
Eine weitere Woche verging, und Holly, erschrocken über ihre Reaktion während Camerons Flug, versuchte, wieder Abstand zu ihm einzunehmen, was allerdings nicht so einfach war.
Wenn er sich zu ihr gesellte, um mit Noah zu spielen, fand sie nicht immer eine passende Ausrede, um zu verschwinden, und sie konnte ihn ja auch schlecht wegschicken. Also bemühte sie sich, seine Anwesenheit zu ignorieren, doch es war schwer, sich seiner Ausstrahlung zu entziehen. Fortwährend ertappte sie sich dabei, dass sie ihn anschaute, ihn beobachtete, jede kleine Bewegung von ihm in sich aufsog. Ohne es zu wollen, fühlte sie sich von Tag zu Tag stärker zu ihm hingezogen, und oft malte sie sich aus, wie das Leben an seiner Seite sein könnte.
Sie wären eine Familie, er würde sich tagsüber hingebungsvoll um Noah kümmern und sie in den Nächten leidenschaftlich lieben.
So sehr sie sich gegen diese Gedanken wehrte, sie geisterten ständig durch ihren Kopf und nahmen immer mehr Raum ein. Gleichzeitig wuchs auch ihre Angst, er könne etwas bemerken, und sie schaffte es kaum noch, ihm unbefangen gegenüberzutreten.
»Wir machen übers Wochenende einen Ausflug nach Birdsville«, verkündete er dann plötzlich an einem Nachmittag Anfang September, als sie draußen auf der Veranda saßen. »Da findet der ‚Birdsville Race‘ statt, ein großes Spektakel, es wird dir bestimmt gefallen.«
»Ich glaube, ich bleibe lieber hier«, wehrte sie schnell ab.
»Unsinn«, widersprach er, »du musst mal hier raus, sonst bekommst du einen Koller. Es gibt hier selten genug Abwechslung, und das Rennen ist auf jeden Fall sehenswert. Wir fahren am Samstag los und kommen am Sonntag zurück, die Zimmer sind bereits reserviert.«
Holly biss sich auf die Lippe. Tatsächlich hatte sie Roseley bisher nur ein Mal verlassen, als Cameron sie und Noah zur Nachuntersuchung nach Birdsville gebracht hatte. Obwohl sie die Ruhe und Abgeschiedenheit der Ranch genoss, hätte sie nichts gegen ein wenig Unterhaltung einzuwenden gehabt – wenn da nicht Cameron gewesen wäre.
»Das wird zu viel Stress für Noah«, erklärte sie daher abwehrend.
»Alles schon geregelt«, lächelte Cameron. »Loorea und Nalong halten sowieso hier die Stellung, sie werden auf ihn aufpassen.«
»Das geht nicht, ich muss ihn stillen.«
»Denkst du nicht, dass er auch mal ein Fläschchen trinken kann?«
Tatsächlich hatte Holly sich in den letzten Tagen überlegt, Noah abzustillen. Falls sie eine Arbeit fand, konnte sie nicht mehr rund um die Uhr bei ihm sein, zumindest nicht so ungestört, dass sie ihm jederzeit die Brust geben konnte, wenn er Hunger hatte.
»Holly«, Camerons Stimme war weich, »was ist los?« Er nahm ihre Hände und schaute sie fragend an. »Gibt es irgendeinen speziellen Grund, weshalb du nicht mitkommen willst?«
»Ich … nein …«, stammelte sie und senkte den Kopf, damit er nicht sah, wie rot sie geworden war, »es ist nur … es ist eben wegen Noah.«
»Er ist bei Loorea bestens aufgehoben, das weißt du. Und falls etwas sein sollte, sind wir in weniger als zwei Stunden hier. Ich nehme das Satellitentelefon mit, wir sind also jederzeit erreichbar. Bitte komm mit.«
Sie sah ihn an, und sein Blick war so eindringlich, dass sie nicht anders konnte, als ja zu sagen.
»In Ordnung«, gab sie zögernd nach, »einverstanden.«
»Prima«, er lächelte zufrieden, »ich freue mich, dass du mitkommst, und wir werden ein schönes Wochenende haben, versprochen.«
Cameron hatte nicht
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