Outback
Luft, auch wenn sie noch so warm und feucht war. Immerhin hatte es aufgehört zu regnen. Schräg gegenüber, über dem Lebensmittelladen ging auf einmal in einem Fenster das Licht an. Eine Frau warf einen Morgenmantel über und ging aus dem Raum. Das Licht von draußen reichte ihm aus, um den Kühlschrank zu finden. Er nahm ein Wasser heraus und sah wieder hinüber. Das Licht war gelöscht. Schon wollte er sich abwenden, als das Licht erneut aufflammte. Im Zimmer stand jetzt ein Mann. Dann wurde das Licht ausgeschaltet. Mürrisch über seine eigene Einsamkeit legte er sich wieder ins Bett.
Andy
Er wollte gerade durch den Spalt ins Schlafzimmer spähen als sich e twas Metallisches in seinen Rücken bohrte . Man hatte ihn erwischt. Alles war aus. Peter würde die Polizei rufen. Die Deckenlampe flammte auf.
„Hast du mich erschreckt! Was willst du hier?“
Er drehte sich um, sah in ihre honigbraunen Augen und auf den schwarz glänzenden Lauf, der auf seinen Nabel gerichtet war. „Du bist allein?“, flüsterte er. Deutlich konnte er unter dem offenen Morgenmantel ihre nackten Brüste erkennen. „Ich musste zu dir.“ Er flüsterte immer noch. Musste sich zurückhalten, um nicht gleich ihren Nacken zu berühren und ihren Mund zu küssen.
„Und was wäre, wenn Peter dich erwischt hätte?“ Ihre Stimme klang schneidend in der Stille der Nacht.
„Wo ist er?“
„Hat Behandlungen in Charleville.“ Sie schaltete das Licht aus. Und dann ging es ganz schnell. Sie zog ihn an sich. Und er verlor sich in ihren zarten Lippen, ihrem warmem Körper, ihrem tiefen Blick, er ließ sich treiben, wurde getrieben, hörte auf zu denken, zu wollen, es geschah einfach und er ließ es zu ... und es gab keine Zeit mehr, nur noch diesen einen Moment ...
Vom Fenster wehte eine Brise herein. Das Rollo klimperte leise. Der Wind strich über ihre nackten Körper. Sie schwiegen lange, bis sie sagte: „Hast du eine Zigarette?“
Andy betrachtet e den Rauch, der über ihnen schwebte. „Er wird es merken“, sagte sie. „Was?“ „Den Rauch.“ Sie blies Ringe in die Luft. Er schwieg, traute sich nicht, sie nach ihm zu fragen. Er würde sie beschützen gegen alle. Er würde sie retten.
„Wie lange wird es noch dauern?“, begann sie.
„Was meinst du?“ Sie drehte sich weg. Ihr Rücken war schön. Er strich über ihre Seite. Der Hunger kam wieder. Als er sie streichelte, drückte sie die Zigarette aus.
In der Nacht träumte er von seiner Mutter. Sie lebte in einem großen Haus am Meer. Es stand auf einer Klippe. Von allen Fenstern aus konnte man aufs Meer sehen. Der Wind blähte die weißen Vorhänge, Windspiele aus Muscheln spielten eine fremdartige Melodie. Da war ein kleiner Junge und seine Mutter führte ihn an der Hand durchs Haus. Er erschrak. In der großen Eingangshalle war in einer Glasvitrine sein Vater aufgebahrt. Vorsichtig näherte er sich der Scheibe. Die Haut seines Vaters sah aus als wäre sie aus gelbem Sandstein. Seine Mutter schob die Scheibe zurück. Plötzlich hielt sie eine Axt in der Hand und hieb auf den Brustkorb seines versteinerten Vaters ein. Der kleine Junge schrie auf. Der Körper zerbarst. Im Innern leuchtete ein rot-gelber Opal. Seine Mutter lächelte.
„Der ist für dich.“
Als er den Opal berührte wachte er auf. Vier Uhr sah er auf der Armbanduhr. Neben ihm atmete sie ruhig. Er dachte über seinen seltsamen Traum nach. Noch bevor die Sonne aufging zog er die Tür unten zu. Tief sog er die feuchte, von Gidgea-Bäumen getränkte Luft ein, steckte die Hände in die Hosentaschen und schlenderte über die Straße. Noch nie hatte er sich so stark gefühlt wie jetzt.
Shane
Paddy grunzte als Shane hereinkam.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Paddy“, sagte Shane und schob den Stapel Papier und die benutzten Kaffeebecher an die Kante seines Schreibtischs. „Also, ich hab Sie beinahe vermisst.“
Paddy knurrte nur, zog eine Schublade auf und packte eine Fleischpastete aus. Shane goss sich Kaffee ein und dachte an den vergangenen Abend bei den Morgans. Wäre John tatsächlich dazu fähig, jemanden umzubringen? Er öffnete das Fenster. Schräg gegenüber blickte er auf die Tankstelle. Er erkannte den Jungen mit dem roten Overall, der gerade einen schlammbespritzten Kombi betankte. Das war einer der Jungs von gestern Nacht. Aus der Werkstatt kam noch einer, den Shane kannte. Der Rothaarige mit den Locken, der am Steuer gesessen hatte. In dem Moment tauchte in seiner Erinnerung die
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