Outback
kennst.“
„Ich will es auch gar nicht kennen lernen“, sagte sie schroff.
„Warum bist du dann überhaupt hergekommen?“
Sie wandte sich ab und sah zum Seitenfenster hinaus. Die Achsen ächzten, der Wagen schaukelte.
„Ihr Männer seid anders. Ihr braucht uns nicht wirklich“, bemerkte sie plötzlich und drehte sich wieder zu ihm um. „Halt an.“ Neben einem Eukalyptusbaum stellte er den Motor ab. Sie strich seine Beine hinauf . „Gefällt dir das?“, flüsterte sie. Er konnte nur noch nicken. Als er dann ihre Lippen und ihre Zunge spürte, verlor er fast den Verstand.
Die Smiths waren ein nettes Ehepaar, das schon seit fünfundvierzig Jahren zusammen durch dick und dünn ging, wie Elsie Smith fröhlich erzählte. Sie stammte aus Deutschland und freute sich überschwänglich, als Andy sagte, sein Vater sei auch Deutscher.
„Vielleicht sind wir uns ja sogar begegnet, als wir rüberfuhren“, meinte sie und lachte. „Hier trifft man immer jemanden, der einen an die Heimat erinnert.“ Sie bot ihnen Tee und Kuchen an. Andy war hungrig, d och Jo lehnte ab, sie hätten noch eine weitere Lieferung und müssten los.
„Übermorgen fahren wir für drei Tage nach Longreach zu Tonys Schwester“, sagte Elsie Smith , „ihr geht’s nicht gut.“ Als sie losfuhren, standen Elsie und Tony Smith vor dem Haus und winkten.
„War es nicht zu gefährlich, dass ich mitgekommen bin? Wenn das dein Mann erfährt. Ich hätte doch irgendwo waren können“, sagte Andy.
„Und wo, bitte schön, hättest du aussteigen sollen? Hier vielleicht?“ Sie zeigte über die rote Ebene auf die die Sonne brannte.
„Wird nicht dein Mann erfahren, dass du jemanden dabei hattest?“
„Ach“, sie streichelte sein Haar „du bist ja noch ängstlicher als ich!“ Nach einer Weile packte sie seinen Arm.
„Da!“ Sie deutete auf einen abzweigenden Weg. „Bieg da ein!“
Nach ein paar hundert Metern gelangten sie an eine Felsformation. Mächtige Felsen türmten sich vor ihnen auf. Andy parkte den Wagen unter einem alten Eukalyptusbaum. Er stellte den Motor ab. Ein leiser Wind regte sich und von weit her drang der Ruf eines Kookaburra. Er könnte sie fragen, ob sie mit ihm weggehen würde. Vielleicht doch nach Lambina. Er holte Luft.
„Warum kommst du nicht mit mir? Wir könnten an die Küste gehen, einen Laden aufmachen . “
Sie machte sich von ihm los und setzte sich auf den Felsen, der jetzt im Schatten des Eukalyptusbaumes lag. Dann sagte sie:
„Weißt du, wie es ist, wenn man nicht leben kann, weil man dann schuldig wird?“ Sie sah in die Ferne. „Peter hat viel für mich getan, wie kann ich dann undankbar sein?“
Andy hatte sich neben sie gesetzt und sah in dieselbe Richtung. Er wünscht e sich nichts mehr, als mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Weit weg von hier. Doch da stand sie auf.
„Lass uns fahren. Ich ertrag diesen trostlosen Anblick hier nicht.“
Andy dachte an seinen Vater. Er fühlte sich schuldig, weil er es gewagt hatte, sein eigenes Glück zu suchen.
„Du musst dich nicht schuldig fühlen!“, rief er ihr zu. Den Türgriff in der Hand drehte sie sich zu ihm um und ihr Blick war mutlos. „Was weißt du schon von mir ...“
Shane
Es war komplett schief gelaufen. Und das war allein seine Schuld. Er saß an seinem Schreibtisch. Paddy war zu einer seiner Kontrollfahrten aufgebrochen , und Webster war in Augathella wegen Ermittlungen in einem Verkehrsunfall. Am Morgen war er noch einmal raus zu den Morgans gefahren, um John mit dem Wortlaut des Testaments zu konfrontieren.
Er hatte nicht mit ihr ausreiten wollen. Nicht nur, weil er zum letzten Mal vor zehn Jahren auf einem Pferd gesessen hatte. Aber s ie hatte ihn überredet. Sie ritt jeden Morgen mit beiden Pferden aus. Sie hatte ihm gesagt, John sei nicht da. Und Shane hatte sich gefragt, warum er nicht vorher angerufen hatte, bevor er die zweiundsechzig Kilometer gefahren war. Dabei kannte er doch die Antwort.
„Klappt doch schon ganz gut“, hatte Helen gesagt , als das Pferd mit ihm antrabte. Sie lachte ihn an und ließ ihren Blick über seinen Körper gleiten. Spätestens in dem Moment hätte er anhalten und wieder absteigen müssen. Als die Pferde nebeneinander trabten, schien alles weit weg zu sein. Er spürte den harten Ledersattel zwischen seinen Beinen, hatte den Pferdegeruch in der Nase und genoss Helens Nähe, der Frau, die anmutig auf dem weißen Pferd neben ihm ritt - und mit dem Hauptverdächtigen verheiratet war.
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