Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Cassie. Sie beugte sich vor und deutete auf eine andere Straße, die in nördlicher Richtung den Berg hinaufführte.
»Aus der Stadt raus«, sagte er, und im gleichen Moment wurde ihm klar, dass sie eine weit bessere Route entdeckt hatte. Das Risiko, aus Versehen noch einmal den Weg des Mercedes zu kreuzen, war weitaus geringer, wenn sie noch ein Stück in nördlicher statt in westlicher Richtung fuhren.
Joe wartete den richtigen Moment für sein Manöver ab und wechselte auf die nördliche Richtungsfahrbahn, als die Ampel auf Grün sprang. Sie rasten den Berg hinauf bis zur nächsten Ampel und bogen dann nach links in die Dyke Road.
Nach einer Weile sagte Cassie: »Ich weiß jetzt, wo wir sind. Valentin hat Bekannte, die hier in der Nähe wohnen. «
»Wundert mich nicht. Ist ja auch das Millionärsviertel hier«, meinte Joe, als sie an einer ganzen Reihe geschmackloser Villen vorbeifuhren. Nachdem sie ungefähr eine Meile gefahren waren, erreichten sie einen größeren Kreisverkehr und fuhren weiter auf der A27 nach Westen. Es war relativ viel Verkehr, doch Joe wechselte rasch auf die Überholspur und konnte ein Tempo von hundertzehn Stundenkilometern halten.
Als sie die Stadt hinter sich ließen, wurde das Schweigen immer verdrossener. Joe glaubte zunächst, dass er es sich nur einbildete, bis Cassie mehrmals vernehmlich seufzte. Endlich begriff er, dass dies eine Einladung an ihn war auszusprechen, was er dachte.
Sie näherten sich jetzt der Shoreham-Überführung, und die Straße wurde dreispurig. Über ihnen brummte ein Kleinflugzeug, das beim Landeanflug auf den Flugplatz im Seitenwind taumelte. Jenseits des Tales erhob sich die neogotische Kapelle von Lancing College wie eine Disney-Kulisse, ein Märchenschloss, eingebettet in die Hügellandschaft der Downs.
Joe fuhr links ab auf die Zufahrt zur Anschlussstelle Shoreham. Von hinten kam erneut ein abgrundtiefer Seufzer.
»Ich nehme an, Sie wollen nicht kehrtmachen und zum Hotel fahren.«
»Nein«, antwortete Cassie mit auffallender Betonung. Er blickte über die Schulter und sah sie mit dem Kopf auf Jaden deuten. Der Junge starrte mit einem verträumten, beinahe apathischen Ausdruck aus dem Fenster. Er wirkte erschöpft.
»Wie wär‘s, wenn wir nach Hause fahren?«, fragte Joe.
»Da bin ich mir auch nicht so sicher.«
»Okay. Ich habe allmählich das Gefühl, dass Sie mehr über das wissen, was da eben passiert ist, als ich – kann das sein?«
»Vielleicht«, entgegnete sie. »Ich hoffe nicht.«
»Sagen wir doch mal so: Sie haben den Verdacht, dass ein gewisser Ukrainer dahinterstecken könnte?«
Lange Zeit kam von Cassie nichts. Dann sagte sie: »Können wir vielleicht mal kurz irgendwo anhalten?«
Am unteren Ende der Zufahrtsstraße fand Joe eine Stelle, wo er anhalten konnte. Er lenkte den Wagen über den Randstein auf ein Rasenstück direkt unter der Überführung. Über sich konnten sie das dumpfe Tosen des Verkehrs hören.
Cassie beugte sich über Jaden, um die Tür zu öffnen, was der Junge mit einem alarmierten Schrei quittierte. Sie drückte ihn fest an sich und küsste ihn zärtlich auf die Stirn.
»Ich setz mich nur eben nach vorne, um mit Joe zu reden. «
»Ich hab Hunger«, sagte er.
»Okay. Da hab ich was für dich.«
Sie holte eine Tasche aus dem Kofferraum, aus der sie Trinkbecher mit Saft und eine Schachtel Haferkekse fischte. Nachdem sie die Kinder so ruhiggestellt hatte, setzte sie sich auf den Beifahrersitz.
»Wir sollten lieber weiterfahren«, meinte Joe. »Wenn sie uns irgendwo suchen, dann auf der A27. Ich würde lieber über die Nebenstrecken fahren.«
»Gut.«
Sie sagte nichts weiter, bis sie den Kreisverkehr hinter
sich gelassen hatten und auf der A283 in Richtung Nordwesten fuhren. Es war eine zweispurige Straße, auf der es normalerweise etwas ruhiger zuging als auf der A27. Cassie legte Musik auf und stellte die hinteren Boxen lauter, damit die Kinder ihr Gespräch nicht mithören konnten.
»Ich weiß nicht, was Valentin für ein Spiel treibt, aber irgendetwas ist da im Gange. Mit unserer Beziehung stimmt etwas nicht, seit Sofia auf der Welt ist. Es ist, als würde ich für ihn einzig und allein als die Mutter seiner Tochter existieren.«
Joe sah, wie sie errötete, und wandte sich ab. Es war nie leicht, über das eigene Sexualleben zu reden, auch nicht in verschlüsselter Form.
»Vor ein paar Monaten hat er plötzlich angefangen, total geheimnisvoll zu tun. Ein paar Mal habe ich ihn dabei ertappt, wie
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