Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Insel vom Festland abgeriegelt worden; und zwar ganz bewusst zu einer Tageszeit, zu der nicht nur wenig Verkehr herrschte, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Bewohner die Brücke benutzen würde, gering war. Er hatte den Verdacht, dass außer den beiden, die die Brücke bewachten, auch der Mann, den er zuvor in dem Transit mit dem gefälschten Kennzeichen gesehen hatte, in die Sache verwickelt war.
Dann war da die versuchte Entführung in Brighton, die vielleicht im Zusammenhang mit dem stand, was hier vorging, vielleicht aber auch nicht. Ein weiterer Zufall? Möglich. Ein weiterer Grund, auf der Hut zu sein? Zweifellos.
Die einfachste Reaktion wäre gewesen, zu seinem Auto zurückzugehen, nach Chichester zurückzufahren und die Polizei anzurufen. Zu melden, dass auf der Insel verdächtige Dinge vorgingen, und es den Beamten zu überlassen, was sie mit der Information anfingen.
Aber Joe konnte sich nicht vorstellen, dass das allzu viel bringen würde. Sehr wahrscheinlich wäre seine Anzeige mit Skepsis aufgenommen worden, zumal, wenn er anonym anrief. Falls sie ihm überhaupt Glauben schenkten, würden die Ermittlungen sich zweifellos darauf beschränken, dass eine einzige Streife zur Insel geschickt würde, maximal zwei Beamte, die zudem nicht ernsthaft mit einer Gefahrensituation rechneten. Da war die Katastrophe vorprogrammiert, falls hier tatsächlich etwas Größeres im Gange war.
Natürlich könnte Joe ihnen sagen, wer er war. Als ehemaliger Detective Sergeant hätte sein Wort vielleicht etwas mehr Gewicht. Allerdings nur so lange, bis die Kollegen die unvermeidlichen Nachforschungen anstellten und mehr über seine Vergangenheit bei der Polizei herausfanden.
Sich jetzt aus der Deckung zu wagen, hätte alle möglichen Konsequenzen gehabt, und zwar ausschließlich negative.
Wie er es auch drehte und wendete, Joe war auf sich gestellt.
26
Sie versammelten sich in der großen Eingangshalle von Dreamscape: Liam, Priya, Turner, Eldon und Manderson. Allotti hatte den Mobilfunk-Störsender abgeladen und aktiviert – ein Vierhundert-Watt-Gerät, das alle Signale im Umkreis von fast einem Kilometer unterdrücken konnte. Anschließend war er mit dem Explorer zum Verteilerkasten des Festnetzes gefahren, der am Straßenrand ein Stück nördlich des Nasenko-Anwesens stand.
Liam stand auf der Treppe und ging noch einmal die Details durch.
»In dieser Phase konzentrieren wir uns darauf, alle Grundstücke zu sichern. Das bedeutet auch, den Verbleib sämtlicher Anwohner zu klären. Ihr müsst jedes Haus und jedes Grundstück schnell, aber gründlich durchsuchen. Sammelt alle Handys ein, die ihr findet, und gebt sie Allotti. Priya und Turner bleiben an Ort und Stelle, um ihre jeweiligen Gefangenen zu bewachen, während Eldon und Manderson mit mir kommen, um Nasenko einzukassieren. Okay?«
Nicken und zustimmendes Brummen – nur Turner gähnte demonstrativ.
»Und nicht vergessen: keine unnötige Gewalt. Nur so viel, wie es braucht, um sie zu überwältigen.« Liam wartete die unvermeidlichen sarkastischen Bemerkungen ab.
»Und in dieser Phase wird nichts mitgenommen; weder Bargeld noch Schmuck – nichts. Ihr lasst alles ganz genau so, wie ihr es vorfindet, bis Eldon mit seiner Inventur fertig ist. Jeder, der dabei erwischt wird, wie er etwas in die eigene Tasche steckt …« Er sah ihnen allen der Reihe nach in die Augen. »… muss sich auf eine harte Strafe gefasst machen. Verstanden?«
Das Funkgerät an Liams Hüfte vibrierte – das Signal, auf das er gewartet hatte.
Er sah auf seine Uhr. Es war zwei Minuten vor acht.
»Okay. Die Telefonleitungen sind gekappt. Packen wir‘s an.«
Joe rückte vorsichtig wieder zum Kamm der Anhöhe vor und kroch weiter, bis er auf eine flache Mulde im Weg stieß. Er zog seine Turnschuhe aus, knotete die Schnürsenkel zusammen und hängte sich die Schuhe um den Hals. Sein Messer, die Schlüssel und die Münzen würden die Aktion sicher unbeschadet überstehen, doch beim Handy war er sich nicht so sicher. Vorsichtshalber nahm er den Akku heraus und steckte ihn in eine andere Tasche.
Auf der Brücke gingen die zwei Männer aufeinander zu. Dann verschwanden sie beide hinter dem Transporter. Das war der Moment, auf den Joe gewartet hatte.
Er lief den Kiesstrand hinunter. Das Knirschen der Steine unter seinen Sohlen kam ihm entsetzlich laut vor, sein Schatten in der tief stehenden Sonne extrem lang. In wenigen Sekunden hatte er das Ufer erreicht und glitt ins
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