Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Augenblick der Wahrheit.
Er packte den Türgriff und drehte ihn. Ein schweres metallisches Klacken war zu hören, als das Schloss ausgeklinkt und die Riegel zurückgezogen wurden. Oliver schloss die Augen. Die Erleichterung war wie ein warmer Wasserschwall.
Er zog die Tür auf und trat zur Seite.
32
Es war schon halb neun, als beide Kinder endlich fest schliefen. Erst danach gestattete Cassie sich, über die schrecklichen Ereignisse des Tages nachzudenken, und über ihre eigene, scheinbar hoffnungslose Lage.
Sie ließ sich ein Bad einlaufen und blieb zwanzig Minuten in der Wanne liegen. Die Tür ließ sie offen, damit sie die Kinder hören konnte. Sie lauschte auf den sanften Rhythmus ihres Atems und fragte sich, wie sie sich jetzt fühlen würde, wenn die Entführung geglückt wäre. Allein der Versuch, sich das vorzustellen, war wie ein Messerstich ins Herz.
Und doch war es genau dieser Verlust, mit dem Joe Tag für Tag leben musste – zu wissen, dass seine Töchter ohne ihn aufwuchsen. In Cassies Augen war das eine unerträgliche Tragödie. Sie war in einem lauten, lebhaften Haushalt aufgewachsen, mit drei älteren Geschwistern und mit Eltern, die sich auch nach vierzig Jahren noch innig liebten. Die Familie bedeutete ihr alles.
Aber nach dem heutigen Tag würde ihr Leben nie wieder so sein wie vorher. Die feinen Risse in ihrer Ehe waren immer tiefer geworden, und nun lag die ganze Beziehung in Trümmern. Als Paar waren sie und Valentin am Ende.
Nach ihrem Bad trocknete Cassie sich ab und zog sich wieder an. Sie sah keinen Sinn darin, ins Bett zu gehen. An Schlaf war einfach nicht zu denken, solange so vieles im Ungewissen war.
Stattdessen setzte sie sich neben den schlafenden Jaden auf das Doppelbett und versuchte fernzusehen. Ungefähr alle dreißig Sekunden ging ihr Blick zum Telefon oder zu
ihrer Uhr. Joe hatte gesagt, sie dürfe ihr Handy nicht benutzen, aber wie lange sollte sie denn noch warten?
Alle möglichen Befürchtungen drängten sich in ihre Gedanken. Was, wenn er nicht anriefe? Würde sie einfach hier sitzenbleiben, Stunde um Stunde, und immer hysterischer werden?
Er war jetzt fast eineinhalb Stunden weg. Selbst wenn Valentins Treffen noch nicht beendet war, musste er doch inzwischen mit Joe gesprochen haben. Wieso hatte sie dann noch nichts gehört?
Sie starrte ihr Handy an. Es kam ihr falsch vor, Joes Rat zu ignorieren. Er war schließlich Undercover-Ermittler gewesen. Er wusste, wovon er redete.
Aber nur ein einziger kurzer Anruf – konnte das denn so schlimm sein?
Ja, das kann es. Cassie rückte vor und schob ihre Hände unter die Oberschenkel. So konnte sie nicht mehr auf die Uhr sehen.
Es ist so ähnlich wie eine Diät, dachte sie. Du musst einfach vergessen, wie sehr du es willst, und stark sein.
Liam brachte Valentin nach Dreamscape und nahm gleich den Ford Explorer mit, der vor Terry Fox‘ Haus parkte. Valentin musste sich zu den anderen Gefangenen gesellen, die im Kreis auf dem Garagenboden saßen. Mit ihm waren es jetzt sieben.
Liam fiel auf, dass Angela Weaver wie Valentin mit den Händen vor dem Körper gefesselt war. Die anderen hatten alle die Hände hinter dem Rücken, was wesentlich unangenehmer war. Liam fragte sich, ob er das ändern sollte, sodass alle gleich behandelt wurden, entschied dann aber, dass es nicht so wichtig war.
Allotti hatte alle Handys eingesammelt und sie in ein
kleines Büro im Erdgeschoss gebracht. Pendry und Manderson standen hinter den Autos; sie hatten ihre Masken abgenommen, um zu rauchen und sich im konspirativen Flüsterton zu unterhalten. Blieb nur noch Eldon, um die Gefangenen zu bewachen.
»Wo ist Turner?«, fragte Liam.
»Er ist nach nebenan gegangen«, antwortete Eldon. »Zu den Feltons.«
Liam runzelte die Stirn. Außer ihm selbst und Priya wusste nur Turner, dass Valentin in den Raubzug eingeweiht war. Alle anderen glaubten, er sei nur ein weiteres Opfer, und es war von entscheidender Bedeutung, dass es auch so blieb.
Aber Liam hatte seine Zweifel, ob ein so wichtiges Geheimnis bei Turner gut aufgehoben war. Turner war wie Priya von Valentin rekrutiert worden, und Liam fand ihn alles andere als vertrauenswürdig. Insgeheim hatte er schon beschlossen, Turner zu eliminieren, sollte er die Operation auch nur ansatzweise gefährden.
Jetzt seufzte er und sah auf seine Uhr. Einundzwanzig Uhr fünfzehn.
»Ich gehe auch rüber«, sagte er zu Eldon. »Wenn Turner zurück ist, kannst du mit Pendry loslegen. Nehmt den Citroën und
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