Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Weaver. Die beiden Frauen reagierten auf seinen Anblick mit Entzücken, das jedoch prompt tiefer Betrübnis wich, als ihnen klar wurde, dass er jetzt ganz genauso hilflos war wie sie selbst.
Valentins Reaktion war völlig anders. Er starrte Joe entgeistert an, und ein würgendes Geräusch drang aus seiner
Kehle. Im ersten Moment glaubte Joe, der Ukrainer habe einen Herzinfarkt. Ihr Bewacher musste ihn stützen.
Als Valentin die Sprache wiederfand, fragte er: »Wo ist meine Tochter?«
»In Sicherheit«, antwortete Joe. »Was sie bestimmt nicht Ihnen zu verdanken hat.«
Valentins Miene verfinsterte sich. Er war es nicht gewohnt, dass seine Angestellten in diesem Ton mit ihm redeten. Aber er wirkte zugleich besorgt und verwirrt. Joe fragte sich, welche Strafe ihn wohl erwartete. Es war durchaus denkbar, dass die Bande Valentin als Joes Arbeitgeber für dessen Taten verantwortlich machen würde.
Während er darüber nachgrübelte, und über die vielen unerfreulichen Formen, die diese Vergeltung annehmen könnte, ging ihm ein bestimmtes Bild nicht aus dem Sinn. Es war das Bild von Valentin, wie er mit einem der Bandenmitglieder aus seinem Haus kam. Wahrscheinlich war es der Mann gewesen, der gerade in der Küche mit Joe gesprochen hatte: leichter irischer Akzent und auffällig autoritäres Auftreten. War das »Liam«, der Name, den er an der Brücke aufgeschnappt hatte?
Angela Weaver lehnte sich zu Joe herüber und berührte leicht seinen Arm, eine Geste der Zuneigung.
»Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken. Sie haben ihn vorhin schon einmal geholt und ihn ein paar Minuten später wieder zurückgebracht.«
Joe nickte. Einfühlsam wie eh und je, hatte Angela seine Gedanken erraten.
»Aber nicht Ihren Kollegen Juri«, fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu. »Er ist schon eine ganze Weile verschwunden.«
»Ja, weil er nämlich mit den Typen zusammenarbeitet. Es war Juri, der mich geschnappt hat.«
Angela hielt erschrocken die Luft an, während sich in der Runde wütendes und empörtes Gemurmel erhob. Joe merkte, dass er sich ein wenig diplomatischer hätte ausdrücken können.
Aber dann sagte Angela: »Das überrascht mich eigentlich nicht. Er ist ein widerwärtiger Mensch.«
»Da möchte ich Ihnen nicht widersprechen.«
»Sie haben Ihren anderen Kollegen ermordet – Mr. McWhirter.« Angela hielt einen Moment inne. »Und meinen Mann.«
Joe sah sie entsetzt an. »Das tut mir sehr leid.«
Und das stimmte. Er hatte das Gefühl, diese Menschen im Stich gelassen zu haben. Er hatte die einmalige Chance gehabt, sie lebend hier rauszuholen, und er hatte es vermasselt.
Maria fing seinen Blick auf und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Er erwiderte es, kam sich dabei aber wie ein Schwindler vor.
Der kahlköpfige Amerikaner hatte ihn die ganze Zeit genau beobachtet. Er hatte die gerissene Art eines Mannes, der stets auf den eigenen Vorteil bedacht war und sich jedes Wort und jede Geste genau einprägte, um irgendwann daraus Profit schlagen zu können.
Von allen Gefangenen war Oliver Felton der Einzige, den die Situation scheinbar unberührt ließ. Er saß zurückgelehnt da und starrte intensiv die Decke an, als ob dort oben noch eine andere Welt existierte.
Und in gewisser Weise war es auch so. Joe nahm an, dass von den anderen niemand von dem Propan wusste, und er hatte ganz bestimmt nicht vor, sie darüber aufzuklären.
Nach allem, was er bisher gesehen hatte, war er sich sicher, dass die Operation so ziemlich aus dem Ruder
gelaufen war. Der Bande selbst war wohl nicht klar, wie schlimm es um sie stand. Sie glaubten alle, dass Joe diesen Mann auf dem Steg getötet hätte – Allotti. Aber er war es nicht gewesen.
Im Moment machte ihm das mehr Sorgen als alles andere. Wenn das Chaos noch größer würde, dann wäre die Versuchung, einen sauberen Schnitt zu machen, bald unwiderstehlich. Und es gab keinen besseren Weg, sämtliche Spuren auf Terror‘s Reach zu verwischen, als die ganz Insel in die Luft zu jagen.
Sie versammelten sich wieder im Wohnzimmer: Liam, Valentin und Turner. Diesmal war auch Priya dabei. Sie verschmähte die Sofas und stellte sich so mit dem Rücken zur Wand, dass sie alle anderen im Blick hatte.
Sie nahm ihre Maske ab und schüttelte den Kopf, sodass ihre Haare flatterten und ihr wallend über die Schultern fielen. Liam wandte den Blick ab, doch Turner hatte schon bemerkt, wie er sie beobachtete. Im gleichen Moment entdeckte Turner die Kratzer in Liams Gesicht und gluckste
Weitere Kostenlose Bücher