Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

P. S. Ich töte dich

Titel: P. S. Ich töte dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
die Frau ignorierte. »Ich kann das überprüfen, wenn wir zurück sind. Bei diesen Dingern sind der Name des Herstellers und die Seriennummer in den Schalltrichter eingraviert.«
    Er deutete auf den Trichter der Kanne.
    »Da drin. Es würde mich nicht wundern, wenn er es bei einem seiner früheren Einbrüche in Servans Laden mitgenommen hätte.« Bosch zog das Poliertuch aus der Öffnung und schaute hinein. Das gebogene Messing wies eine Inschrift auf, die er jedoch nicht lesen konnte. Er ging zum Fenster und drehte das Instrument, bis das Sonnenlicht in den Trichter fiel. Er beugte sich ganz nahe an das Saxophon heran, um die Gravur entziffern zu können.
    Calumet Instruments
    Chicago, Illinois
    Spezialanfertigung für Quentin McKinzie, 1963
    »The Sweet Spot«
    Bosch las sie ein weiteres Mal und dann noch ein drittes Mal. Seine Schläfen fühlten sich plötzlich so an, als hätte jemand etwas Heißes dagegengedrückt. Eine Erinnerung blitzte auf, erfüllte seine Gedanken. Er sah einen Musiker vor sich, der auf einem Schiffsdeck unter einem Baldachin saß. Soldaten drängten sich um ihn. Die in Rollstühlen, die Männer, denen Gliedmaßen fehlten, ganz vorne. Der Mann mit dem Saxophon tänzelte wie Sugar Ray Robinson, wenn er aus der Ecke des Boxrings kam. Die Musik war wunderbar und leicht, der Klang besser als alles, was er je gehört hatte. Es war dieses verdammte Licht am Ende des Tunnels.
    »Mein Gott, Harry, sag schon, was steht da?«
    Bosch sah Braxton an, und die Erinnerung verschwand in der Dunkelheit.
    »Bitte?«
    »Du hast so ausgesehen, als hättest du da drin ein Gespenst gesehen. Was steht da?«
    »Chicago. Es wurde in Chicago hergestellt.«
    »Calumet?«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich bin auf Einbrüche spezialisiert. Ich muss das wissen. Calumet ist einer der großen Hersteller. Gibt es schon sehr lange. Vielleicht können wir ja den Besitzer ausfindig machen.«
    Bosch nickte.
    »Bist du hier fertig?«, fragte er. »Dann lass uns gehen.«
    Auf dem Rückweg ins Revier ließ Bosch Braxton fahren, um das Saxophon halten und betrachten zu können.
    »Was ist so ein Ding wert?«, wollte er auf halber Strecke wissen.
    »Unterschiedlich. Neu einige tausend. Ein Pfandleiher gibt einem vermutlich ein paar hundert.«
    »Hast du je von Quentin McKinzie gehört?«
    Braxton schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht.«
    »Er wurde Sugar Ray McK. genannt, weil er wie der Boxer Sugar Ray Robinson tänzelte, wenn er Saxophon spielte. Guter Musiker. Spielte meist bei Jam-Sessions, aber ein paar Platten gibt es auch. ›The Sweet Spot‹, hast du das Stück nie gehört?«
    »Tut mir leid, aber mit Jazz kenne ich mich nicht aus. Das ist auch so ein Klischee, Polizisten und Jazz. Ich höre Country.«
    Bosch war enttäuscht, er hätte ihm gerne von dem Tag auf dem Schiff erzählt, aber da sich Braxton nicht mit Jazz auskannte, konnte er ihm auch nichts erklären.
    »Worin besteht die Verbindung?«, fragte Braxton.
    Bosch hielt das Saxophon hoch.
    »Es hat ihm gehört. Da steht es. ›Spezialanfertigung für Quentin McKinzie‹.«
    »Hast du ihn je spielen hören?«
    Bosch nickte.
    »Einmal. 1969.«
    Braxton stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Das ist lange her. Glaubst du, er lebt noch?«
    »Ich weiß nicht. Er nimmt keine Platten mehr auf. Das letzte Album hieß ›Man with an Ax‹, und das liegt mindestens zehn Jahre zurück. Vielleicht noch länger. Außerdem war es ein Sammelalbum.«
    Bosch betrachtete das Saxophon.
    »Ohne Instrument kann er auch nichts mehr aufnehmen.«
    Boschs Handy klingelte. Es war Edgar.
    »Harry, wo bist du?«
    »Auf dem Weg zurück ins Revier. Wir haben uns gerade Kelmans Apartment angesehen.«
    »Und?«
    »Nichts. Eine Junkiebraut und ein Saxophon. Was gibt es bei dir?«
    »Als Allererstes sind da Auffälligkeiten bei den Leichenflecken. Der Tote wurde bewegt.«
    »Und was sagt der Gerichtsmediziner über die Todesursache?«
    »Im Augenblick neigt er noch zu deiner Theorie. Also Stromschlag. Dafür sprechen die Verbrennungen an der Hand und am Fuß, wo der Strom rein- und rausgegangen ist.«
    »Und? Hast du die Stromquelle gefunden?«
    »Ich habe mich im ganzen Laden umgesehen, kann aber nichts finden.«
    Bosch dachte nach. Verfärbungen traten post mortem auf, wenn sich das Blut in dem Toten sammelte. Es handelte sich um eine lilafarbene, durch die Schwerkraft verursachte Linie. Bewegte man die Leiche, nachdem sich das Blut erst einmal gesetzt hatte, dann tauchte eine weitere Linie auf.

Weitere Kostenlose Bücher