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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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Lichter aus. Für mich war das damals nichts,
denn zu jener Zeit rauchte ich nicht, noch trank ich Alkohol. Die Treffen, zu
denen wir fuhren, endeten in sinnfreien Schlägereien, was mir nicht passte,
denn privat wollte ich mich ja nun wirklich nicht auch noch prügeln. Und so
fand diese erste Clubepisode nach ein paar Wochen auch schon ihr Ende.
    Es dauerte mehr als vier Jahre, bis mir das Thema
»Motorradclub« wieder unterkam. Das muss so im Spätsommer 2001 gewesen sein.
Damals war ich noch aktiv bei der Bundeswehr - nicht krankgeschrieben - und
gammelte etwas unmotiviert in meinem Dienstzimmer herum. Auf dem Tisch lag ein
Exemplar der »Biker News« oder auch »Biker Bravo«, wie das Zentralorgan der
Rockerszene gemeinhin genannt wurde. Ich studierte also die Kleinanzeigen der
Clubs, die um Member warben, suchte etwas, was bei mir in der Nähe lag - und stieß
auf eine Annonce des Gremium MC, Chapter Jever. Davon hatte ich bis zu diesem
Tag noch nie etwas gehört.
    Was reichlich naiv erscheinen mag, schließlich handelte es
sich bei dem »Gremium Motorcycle Club«, der 1972 in Mannheim gegründet wurde,
um einen der größten Motorradclubs in Europa. Mittlerweile gibt es über 100
Chapter, und die sind im ganzen Bundesgebiet verteilt - dazu noch in Polen,
Italien, Slowenien, Bosnien, Österreich, Spanien und inzwischen sogar in Caracas/Venezuela
und Pattaya/Thailand. Der Gremium MC ist außerdem der letzte deutsche
Motorradclub, der noch eigenständig agiert und nicht in einem der großen
weltweit arbeitenden Clubs wie den Hells Angels oder den Bandidos aufgegangen
ist.
    Bis zum Ende der 90er-Jahre war der Gremium MC vor allem
im südwestdeutschen Raum, also rund um die Gründungsstadt Mannheim, aktiv, und
erst danach begann die Verbreitung im Bundesgebiet. Wie in jener Zeit eben alle
großen Clubs aggressiv expandierten. Was jedoch in der Regel durch eine eher
unfreundliche Übernahme kleinerer Clubs geschah.
    Bei Gremium spielt die Zahl »7« eine große Rolle. Das »G«
ist der siebte Buchstabe im Alphabet, und das Wort Gremium besteht aus sieben
Buchstaben. Es gibt den Siebenerrat, der aus den Chefs der sieben wichtigsten
Chapter besteht — Mannheim, Karlsruhe, Konstanz, Ludwigsburg, Köln, München,
Pforzheim - und in dem auch alle wichtigen Entscheidungen gefällt werden.
     
    2.
     
    Es muss gegen Ende Oktober oder Anfang November 2001
gewesen sein, als ich zum ersten Mal mit der Szene in Berührung kam. Es gab
einen offenen Abend im Clubhaus des Chapter Jever, also durfte jeder, der
mochte, in den Laden gehen und sich ein wenig umschauen. Wie der Besuch einer
Kneipe. Man stand blöd herum, trank etwas, schaute sich die Leute an und kam
mit dem einen oder anderen ins Gespräch.
    Weil ich schon vor dem Besuch des offenen Abends
Erkundigungen eingeholt hatte, nahm ich meine Frau mit. Der Club legt Wert
darauf, dass die Frauen der Member mit der Leidenschaft ihrer Männer einverstanden
sind. Eine nette Idee im Grunde, denn ohne die Unterstützung und das
Verständnis der Partnerinnen sind Mitgliedschaften bei Motorradclubs in der
Regel mit viel Ärger verbunden.
    Ich hielt also den kleinen Tyson auf dem Arm, der noch
keine drei Monate alt war. Vom Biken und von der ganzen Szene hatte ich
überhaupt keine Ahnung. Alles, was ich zu bieten hatte, war mein Charakter.
Und meine Sehnsucht nach einer starken Gemeinschaft.
    Das Clubhaus lag etwas außerhalb von Jever, in
Addernhausen, in einem frei stehenden zweistöckigen Haus, das weiß getüncht war
und schwarze Ziegel hatte. Alles wirkte sehr gediegen. Im Inneren des
Clubhauses tummelten sich vielleicht 80 Leute - die meisten waren Member,
trugen also das Colour des Clubs, den schwarz-weißen Aufnäher mit der Faust,
die durch Wolken stößt, auf ihren Lederwesten. Das Patch - so viel wusste ich
immerhin - war das Erkennungsmerkmal eines jeden Motorradclubs, gleichsam das
Heiligtum. Ein Member, das etwas auf sich hielt, hätte sein Patch
niemals abgelegt, dachte ich eine ganze Zeit lang. Während meiner Zeit als
Türsteher hatte ich es allerdings oft erlebt, wie Member verschiedener kleiner
und großer Clubs das anstandslos taten, nur um in einen verkackten Laden
reinzukommen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte...
    Der Abend verlief sehr angenehm. Ein paar Typen schauten
mich zwar komisch an, aber so war das eben: Nicht jeder konnte auf Anhieb
etwas mit einem Fremden anfangen, und solange mich die Jungs in Ruhe ließen,
war alles gut. Die meisten waren

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