Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
Vom Netzwerk:
jedoch wirklich sehr nett, wobei unser Sohn
auf meinem Arm tatsächlich hilfreich war. Den kleinen Scheißer fanden alle auf
Anhieb großartig, und ich beschloss nach zwei oder drei weiteren Besuchen von
offenen Abenden, dass ich Gremium beitreten wollte. Ich musste also eine Ansage
machen: mich wie bei DSDS vor eine Jury stellen und den Dieter Bohlen der
Veranstaltung — in der Regel war das der Präsident - davon überzeugen, dass ich
das perfekte Neumitglied wäre.
    An dem Abend, an dem es für mich so weit sein sollte, war
ich auch entsprechend nervös. Ich zog mir drei Desperados rein, wurde nach
ätzend langen Minuten in den Raum nebenan gebeten, und dort saßen sie alle brav
am Tisch. Irgendwie wirkte es doch wie ein Kleingartenverein, mit den sauberen
Tischdeckchen und den nach Größe geordneten Getränkeflaschen. Nur die Optik
der Herren war etwas anders: Männer mit mächtigen Muskeln und noch ausladenderen
Bäuchen, riesigen Tattoos und grimmigen Mienen.
    »Hallo, ich bin der Tom, bin bei der Wehrmacht und möchte
gerne bei euch mitmachen. Ich hab ja schon den Uli, den Frank und Stefan
kennengelernt und finde die ganz in Ordnung.«
    Das war meine Ansage. Danach erzählte ich noch ein paar
Oberflächlichkeiten zu meiner Einstellung zum Biken, was ich bis dahin so
alles getan und erlebt hatte in meinem Leben und dass ich hundertprozentig zu
meinen Freunden stehen und diese notfalls mit schlagkräftigen Argumenten auch
verteidigen würde. Das alles schien den Herren doch ganz gut zu gefallen.
    Ich wurde rausgeschickt, und nach ein paar Minuten
verkündete mir der Präsi feierlich, dass ich aufgenommen sei. Allerdings, wie
jeder Anfänger, zunächst als sogenannter Supporter, der untersten Stufe der
Hierarchie auf dem langen Weg zum Member.
    Als Supporter war man eigentlich gar nichts. Man trug
nicht einmal die Clubinsignien, sondern nur ein albernes T-Shirt, auf dem
»Supporter« stand. Ein Teil, das paradoxerweise auch jeder Idiot im Fachhandel
kaufen konnte. Aber gut, ich war angenommen, durfte mein Supporter-Shirt tragen
und war erst einmal zufrieden. Allerdings fragte ich mich damals schon, ob man
sich einen gewissen Respekt allein damit verschaffen konnte, dass man ein Patch
trug. Eine Einstellung, die in der Folgezeit immer wieder zu Verwicklungen
führte, die ich dann leider mit meinen Fäusten ordnen musste.
    In Fällen wie diesen wurde ich immer zum Rapport beim
freitäglichen Meeting der Member im Clubhaus bestellt. Hinter verschlossenen
Türen, am Rande des offenen Abends, bekam ich die gelbe Karte gezeigt - meist
mit der Begründung, dass man die Leute, die ich da vermöbelt hatte, teilweise
schon seit 20 Jahren kenne und dass sich so ein Verhalten nicht gehöre. Und das
war's dann auch in der Regel.
     
    3.
     
    Als Supporter war man eine Art Leibeigener des Clubs und
musste die meiste Zeit nur Tresendienste schieben. Dabei bekam ich allerdings
so einiges mit, denn gegenüber dem Barmann waren die meisten Member offen und
die Tresengespräche mitunter nicht zu verachten. Ich hörte mir alles
aufmerksam an und kam irgendwann zu dem Schluss, dass im Chapter Jever sehr
viel über andere gelästert und hergezogen wurde. Es war die reine
Cliquenwirtschaft und nicht leicht zu durchschauen, wer mit wem konnte und wer
nicht. Ich war jeden Freitag so zwischen sechs und sieben Uhr abends im Clubhaus,
weil ich am Tresen immer noch einiges vorbereiten musste. Und um acht begann
meistens der Clubabend, bei dem sich die Member zunächst einmal in ihr
Sitzungszimmer zurückzogen. Solange ich noch kein Member war, war das für mich
eine absolute Tabuzone. Es ging nur hin und wieder die Tür auf, und ich durfte
für die Herren wieder eine Runde Getränke vorbereiten, aber niemals
reinbringen. Damit konnte ich ganz gut leben, aber ich wollte irgendwann auch
in diesen gottverdammten Member-Raum.
    Alles wirkte sehr geheimnisvoll, was mich natürlich
neugierig machte. Später sollte ich erfahren, dass es dort hinter den
verschlossenen Türen äußerst spießig zuging. Ein langer Tisch, am Kopfende
saßen die Leute, die was zu sagen hatten - also der »Präsi« als oberster Chef
des Ganzen, sein Stellvertreter, der »Vize«, und der »Security Chief«, so etwas
wie die Exekutive oder die Polizei im Ministaat MC. Der Rest saß brav auf einem
Stuhl, der gerade frei war. Derart piefig hatte ich mir das in einem
gewaltbereiten Motorradclub nicht vorgestellt. Ich dachte eigentlich immer,
dass alles etwas schärfer

Weitere Kostenlose Bücher