P., Thomas
zusammengezählt. Bei der ersten
Nummer, als die Tacos von Gremium auf die Mütze bekommen hatten, war ich ein
Gremium-Mitglied. Und bei der zweiten Sache war ich bei den Engeln. Eins und
eins...
Ich selbst hatte bis dahin nichts mehr von den Bandidos
gehört und wartete nun gespannt auf die weitere Entwicklung. Und dann, endlich,
erhielt ich wieder eine Nachricht von dem Bandido-Sergeant - und wurde zu
einem Meeting am 18. Januar ins Ruhrgebiet eingeladen. Es kam also langsam doch
Bewegung ins Spiel.
5.
Die aufmerksamen Ermittler registrierten am 17. Januar
eine weitere SMS von mir an den Bandido »Jimmy«:
»Meld dich mal wegen morgen. Hab nicht mehr genug kohle
zum runterfahren. Vielleicht kann mich ja jemand mitnehmen. Gruß psycho tom.«
Die Sanktionen der 81er in Bremen hatten also doch Früchte
getragen. Ich war ausgebrannt und zu dieser erbärmlichen Bittsteller-SMS
gezwungen. Viel tiefer konnte man eigentlich kaum noch sinken...
Die Antwort der Hüte kam schon eine Stunde später:
»Ok, abfahrt
Wallenhorst dann richtung centrum auf der aral tanke um 18.30. holen dich da ab. Bandido Jimmy 1/er SGT AT ARMS BMC XY«
In Bremen hatten sich meine Pläne offenbar schon
herumgesprochen. Vom Fenster unserer Wohnung aus konnte ich zu jener Zeit immer
wieder ein paar Exbrüder von Rot-Weiß langsam vorbeifahren sehen. Es wurde kurz
angehalten, zu uns hochgeglotzt und dann wieder weitergefahren. Passiert ist
in all diesen Tagen nichts, aber ohne Knarre traute ich mich zu jener Zeit
schon lange nicht mehr aus meiner Bude. Irgendetwas brodelte, ich wusste nur
noch nicht, was es war.
Und dann kam der 18. Januar. Ich stand an der Tankstelle
und wartete auf meine Mitfahrgelegenheit. Aufregung kam auf, vielleicht sogar
ein wenig Angst. Was ich da vorhatte, wäre in manchen Kriegsberichten sicher
als Selbstmordkommando beschrieben worden: Ein einzelner Ex-Angel wartete auf
eine Wagenbesatzung Exfeinde, um mit ihnen zu einem größeren Exfeinde-Treffen
ins Ruhrgebiet zu fahren. Wobei nicht einmal klar war, ob vielleicht nur ich
diese Brüder als ehemalige Gegner begriff, während diese Jungs sich schon
darauf freuten, ein bisschen tätowiertes Frischfleisch durch die Mangel zu
drehen. Aber ich hatte diese Entscheidung getroffen, und nun musste ich es auch
zu Ende bringen. Es gab kein Zurück mehr.
6.
An die Autofahrt selbst erinnere ich mich nur undeutlich.
Ich weiß nur, dass ich mich selten zuvor mieser und unbehaglicher gefühlt habe.
Und dieses Unbehagen sollte in der Taco-Bude im Ruhrgebiet noch eine
Steigerung erfahren. Da es während der Fahrt schon dunkel war und ich aufgrund
meiner Anspannung ganz andere Sorgen hatte, könnte ich heute nicht einmal mehr
sagen, in welcher Stadt das Treffen abgehalten wurde, aber ich meine, es war in
Bochum.
Ich wurde in einen schummrigen Raum geführt, nachdem die
Hüte mich im Eingangsbereich auf Waffen und Abhörmikrofone abgesucht hatten,
und plötzlich stand ich da: der Ex-Angler vor den Nationals der »Bandidos«.
Gleichsam nackt, mehr oder weniger wehrlos und in jeder Hinsicht ausgeliefert.
Die Herren starrten mich mit durchdringenden Blicken an.
Ich wusste in diesem Augenblick, dass ich nur einen Fehler machen konnte: Angst
zu haben und Angst zu zeigen. Und: Ich musste gerade sein. Alles andere würde
sonst zwangsläufig zu einer mittleren Katastrophe führen.
Ich wurde zu meinen Plänen in Bremen gefragt und vor allen
Dingen zu meinen Beweggründen, die 81er zu verlassen. Ich erzählte den Hüten in
aller Kürze, was vorgefallen war, und je mehr ich mich warmgeredet hatte, desto
mehr bekam ich das Gefühl, dass der Abend doch noch einen guten Verlauf nehmen
würde.
Bis plötzlich die Frage aufkam, ob ich an der Sache gegen
Heino B. beteiligt gewesen sei.
Damit hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr
gerechnet. Selbstverständlich spukte mir in den Tagen zuvor immer mal wieder
diese Frage durch den Kopf. Aber da ich mir nicht ausmalen wollte, wie ein
solches Treffen nach meiner möglichen Antwort enden könnte, verwarf ich diesen
Gedanken schnell wieder.
»Warst du an der Geschichte gegen Heino B. beteiligt?«,
fragte mich der National der Tacos. Ich schaute vorsichtig in die Runde. Und
dann gab ich die einzig mögliche Antwort: »Ja, ich war dabei!«
Im Namen des Volkes... und das war's dann wohl.
Die Jungs musterten mich mit ernsten Blicken, und dann,
nach einer quälend langen Schweigeminute, erhob der Taco-Präsident wieder
seine
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