P., Thomas
sackähnlichen
Augenklappe über dem Gesicht überwältigt. Meine Freundin Melanie muss diese
ganze Aktion mitbekommen haben, denn kurz nachdem ich auf der Straße zu Fall
gebracht worden war, hörte ich auch schon ihre Stimme. Sie wollte zu mir,
wurde aber offenbar von Polizeibeamten daran gehindert. Ich sei verhaftet,
hörte ich einen Bullen sagen, und dann konnte ich nur noch einen letzten Zuruf
von ihr aus dem ganzen Stimmengewirr heraushören: »Mach dir keine Sorgen, ich
rufe sofort deinen Anwalt an!« Und das war's.
Die ganze Festnahme lief so schnell und überraschend ab,
dass ich im Grunde gar nicht richtig kapiert hatte, was eigentlich geschehen
war. Einer meiner ersten Gedanken war nur: Bitte lasst unsere Kleine aus dem
Spiel. Wenn nur Melanies Tochter nichts von dieser Aktion mitbekommen hatte!
Eine Hoffnung, die leider vergebens war. Die Kleine war natürlich Augenzeugin
dieser widerlichen Sache geworden. Was musste in dem unschuldigen Kopf dieses
Kindes wohl vorgegangen sein?
Ich wurde in ein Fahrzeug geschleppt, wo mir dann endlich
auch der Grund für meine Verhaftung mitgeteilt wurde. Es ging offenbar um den
»Überfall auf einen Motorcycle Club«, um »schweren Raub« und »gefährliche
Körperverletzung«. Es war ganz klar: Die meinten die Taco-Nummer in Bremen!
Aber woher konnten die Bullen wissen, dass ich bei dieser Sache beteiligt war?
Hatte mich vielleicht einer von Rot-Weiß verpfiffen, als Rache für meinen
Ausstieg? Unmöglich, denn dann hätten die Pfeifen sich ja selbst mit
hineingeritten. Ich fand keine plausible Erklärung für meine Verhaftung und saß
nun mit einer Haube über dem Kopf in einem Bullenfahrzeug, ohne zu wissen,
wohin die Typen mich bringen wollten. Erst auf der Autobahn zog mir einer der
Polizisten die Augenklappe wieder runter. Er gab sich als Beamter des
Landeskriminalamtes Niedersachsen, Abteilung Organisierte Kriminalität aus.
Und er verriet mir das Ziel unserer Reise: Verden an der Aller. Organisierte
Kriminalität, das klang nicht gerade erfreulich. Was war ich denn? Doch
sicherlich kein Mafia-Mitglied oder dergleichen. Ich war doch nur ein
gefallener »Engel«. Oder etwa nicht?
2.
Auf dem Polizeirevier angekommen, verweigerte ich erst
einmal die Aussage. Inzwischen hatte man mir wenigstens auch den Haftbefehl
vorgelegt. Und darin stand:
»Der Beschuldigte ist dringend verdächtigt, am 22. März
2006 in Stuhr-Brinkum durch dieselbe Handlung gemeinschaftlich handelnd
1. mit Gewalt
gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr
für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht
weggenommen zu haben, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig
zuzueignen, wobei er oder ein anderer Beteiligter am Raub bei der Tat eine
Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendete und eine andere Person
bei der Tat körperlich schwer misshandelte,
2. mit einem
anderen Beteiligten gemeinschaftlich eine andere Person körperlich misshandelt
oder an der Gesundheit beschädigt zu haben. Verbrechen und Vergehen, strafbar
gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Nr. 4, 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3a, 223, 224,
25 Abs. 2, 52 StGB.
Gründe:
I. Der Beschuldigte steht in dringendem Verdacht des
schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3a StGB) in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Nr. 4 StGB). Der dringende Tatverdacht
gegen den Beschuldigten beruht auf folgenden Beweisanzeichen:
1. Am 22. März 2006 zwischen 16.00 Uhr und 19.30 Uhr
wurden in Stuhr-Brinkum fünf Personen, bei denen es sich bei dem derzeitigen
Stand der polizeilichen Ermittlungen um Mitglieder des Motorradclubs »Bandidos
MC Bremen« handelt, in ihrem Clubheim sowie der Betreiber einer angrenzenden
KFZ-Werkstatt von 10—15 vermummten Personen überfallen. Die Opfer wurden mit
unbekannten Schlagwerkzeugen niedergeschlagen und mittels mitgeführtem
Werkzeug gefesselt. Bei allen Opfern fanden sich Folgen mehrfacher stumpfer
Gewalteinwirkung gegen den Hirnschädel, unter Blutungen an den Händen
(handrückenseitig) bzw. den Unterarmen, zudem doppelstriemartige Verletzungen
am Stamm bzw. an den Extremitäten fast sämtlich quer zur Körperlängsrichtung,
Verletzungen an den Unterschenkeln mit Anzeichen hoher Schlagintensität. Aus
dem im Clubraum befindlichen Tresor wurden Patches und Insignien des Bandidos
MC im Gesamtwert von ca. 200,- Euro entwendet, einem wehrlosen Opfer zudem
Bargeld in Höhe von ca. 200,- Euro
Weitere Kostenlose Bücher