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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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gefragt, wie oft ich
denn gegen meinen »86er« verstoßen hätte. Meine Antwort war deutlich: »Seit
dem ersten Tag. Ich hab schon eine Stunde später wieder mit den Verstößen
angefangen.«
    Da stand ein Member auf und sagte den alles entscheidenden
Satz: »Ich vertraue dir nicht mehr.«
    Das kam im Grunde einem Antrag zum Ausschluss gleich, denn
Vertrauen war nun mal die Grundlage dieses Clubs. Ich machte der Sache dann ein
schnelles Ende und sagte:
    »Ich möchte mit diesem Haufen hier nichts mehr zu tun
haben. Ich hör auf.« Diesmal nüchtern und in aller Ruhe und damit zum ersten
Mal auch wirkungsvoll. Eine Stille überkam den Raum, sekundenlang. Dann stand
der Präsident auf und meinte:
    »Na, so wichtig kann dir der Club dann ja nicht sein.« Ich
musste in diesem Moment tatsächlich lachen und sagte: »Nein, so wichtig nicht.«
    Was meine sogenannten Brüder nicht wissen konnten: Ich
hatte mich gut vorbereitet auf dieses Showdown-Meeting. Mir war irgendwie schon
im Vorfeld klar gewesen, dass es an jenem Abend wohl zu Ende gehen würde. Die
Frage war also nur noch, wie das Ganze ablaufen könnte. Und: mit welchen
Konsequenzen?
    Meinen Kumpel Ahmed, dem Einzigen in diesem Laden, an dem
mir etwas lag, hatte ich eingeweiht. Ihm hatte ich auch anvertraut, dass ich
aufhören wolle, und geraten, besser nicht zu diesem Meeting an jenem Freitag zu
kommen.
    Stattdessen sollte Ahmed aus der Schusslinie bleiben, denn
ich hatte für den Fall der Fälle im Auto alles vorbereitet. Falls etwas
schiefgelaufen wäre. Ich war auf jede Eskalation vorbereitet, hatte eine Knarre
bei mir und noch etwas Verteidigungsmaterial im Auto. Ich denke, wenn mir
einer blöd gekommen wäre, hätte es tatsächlich auch gekracht. Ein paar Straßen
weiter wartete zudem Ahmed in seinem Auto, und auch er war voll
aufmunitioniert. Irgendein schräger Vorfall, und ich wäre in jedem Fall nicht
einfach so aus dem Clubhaus hinausspaziert. Als Erstes hätte ich mir den
Sergeant vorgenommen, so viel stand für mich schon fest. Und das zweite Ziel
wäre dieser Idiot gewesen, der meinte, er könne mir nicht mehr vertrauen.
    Aber es blieb alles ruhig. Keiner pöbelte, keiner machte
mich dumm an. Es wurden lediglich drei Freiwillige gesucht, die mit zu mir
kommen sollten, um alles aus meiner Wohnung zu holen, was mit dem Club zu tun
hatte. So sind wir zunächst einmal ins Erdgeschoss gegangen, wo unsere Handys
rumlagen, denn die durfte man ja nicht mit zum Meeting nehmen, und unter der
Aufsicht der drei Jungs musste ich sämtliche Nummern löschen, die mit dem Club
zu tun hatten. Der Sergeant stand neben mir und sagte: »Hör doch endlich mit
dem dämlichen Grinsen auf.«
    »Ich kann nicht«, sagte ich, »ich kann einfach nicht.«
    Wir gingen raus, stiegen in die Autos und fuhren zu
Melanie, wo seit ein paar Tagen meine gesammelten Habseligkeiten untergebracht
waren. Einen Schlüssel besaß ich nicht, deshalb hatte ich sie zuerst angerufen
und ihr die ganze Sache erklärt. Alles Weitere lief dann ebenso unspektakulär
ab wie das Meeting zuvor. Ich musste die Schränke aufmachen und ihnen zeigen,
dass da nichts mehr war. Die paar Bilder und die restlichen Clubsachen, die ich
noch hatte, drückte ich ihnen brav in die Hand. Das meiste hatte ich
schließlich schon dem Sergeant bei meiner Suspendierung vorbeigebracht. Am Ende
stand ich alleine mit dem Sergeant an der Wohnungstür. Die beiden anderen Jungs
waren bereits unten am Auto. »Schade, dass es so weit kommen musste«, sagte ich
in die Stille hinein, um am Ende noch irgendetwas Passendes anzubringen.
    »Nächstes Mal erst überlegen, dann handeln«, sagte der
Sergeant überheblich. Und dann kam die Krönung: »Noch etwas: Du hast natürlich
ein Sprech- und Arbeitsverbot!«
    Das schockierte mich nun wirklich. Das Sprechverbot war
eine Art Kontaktsperre, die besagte, dass ich mit keinem aus dem Club mehr
reden durfte. Und keiner aus dem Club mit mir. Was uns jedoch viel härter traf
- insbesondere Melanie —, war das Arbeitsverbot für uns beide. Wir durften
nach dieser Ansage des Clubs nirgendwo in Bremen mehr arbeiten. Oder besser
gesagt: Niemand durfte uns Arbeit geben, außer er wollte Ärger mit dem Club
riskieren. Und das galt überall, wo wir es mit den Hells Angels zu tun haben
konnten. Also an jeder Tür, in vielen Kneipen und Discos. Das Schlimmste an
dem Verbot für meine Freundin indes war, dass sie das Kind eines Members versorgen
musste. Ihre und später auch meine Tochter!
    Ihr Ex, der

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