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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Fredl musste in all dem Tumult mitbekommen haben, wie der junge Mann am Tresen Delphine de Brulées Namen aussprach.
    »Hobts des alle gelesn, ha?« Die Stimme des Metzgers. Mit fettigem Unterton.
    »Naa!« Franzi. »I ned! Des is koa Literatur.«
    »I aa ned.« Toni.
    »Also, ich schon. Lustschreie in Hochhausschluchten war einfach super.« Aha. Die Yoga-Ananas-Schnoin. In betont selbstbewusstem Tonfall. »Aber noch besser war dieses andere Buch, wie heißts gleich, es spielt an der französischen Atlantikküste …«
    »Und da hots auch a kleine Pension ghabt, am Strand!«, platzte Franzi dazwischen.
    »Und im Wasser warns gar ned«, ergänzte Toni.
    »Aber das Meer hat doch draußen gerauscht, die ganze Zeit, als sie in dieser französischen Pension … na ja, ihr wisst schon …« Die Yoga-Schnoin lachte keckernd, dann fuhr sie fort: »In diesem Badezimmer mit dem abblätternden Putz und dieser herrlichen, antiken Badewanne …«
    »Mit Löwenfiaß!«, fiel Franzi ein. »So a Schmarrn!«
    »A richtiger Schmarrn war des«, bestätigte Toni, »jeden Zehennagel von dem Löwen hats einzeln beschrieben …«
    »Und erst hams no so damisches Zeug geredet, aber dann … mei!« Franzi verstummte, und für eine Sekunde war es still im Raum. Dann die Stimme des Metzgers:
    »I hob dacht, ihr hobts des ned gelesn!«
    Kurzes, beklemmtes Schweigen, dazwischen die Yoga-Schnoin:
    »Und die ist bei euch in Neuenthal? Delphine de Brulée?« Dann Franzi: »Mei … naa … erzählt hab i’s kriagt. Von dir, Toni!«
    »Und i habs von der Resi!«
    »Und die hats von da Therese!«
    In diesem Moment sprang die Lüftung hinten in der Backstube an, mit einem leisen Knattern, das sich schnell zu einem Quietschen steigerte.
    »Na, jetza wiss ma’s! Wias in die Bibliothek kommen san, die Bücher von der Brüllee!«, sagte Toni.
    Ach, tatsächlich? Therese lauschte angespannt, hörte nur Stimmengewirr und die immer lauter werdende Lüftungsanlage. »Des is a abgekartetes Spiel, meinst?«, verstand sie.
    »Freili! Erst die Bücher, und jetzt hats die Brüllee selber hergeholt, und wissts, warum?«
    Kruzifix, genau jetzt hatte der Ventilator die richtige Drehzahl erreicht, und aus dem Quietschen wurde ein Wimmern, dann ein ohrenbetäubendes Kreischen.

    Als Therese zurückkam, waren ihre Gäste wach. Sie hörte es am Rauschen der Dusche. Aus dem Zimmer von Matt und der Brulée. Wer von beiden duschte oder ob sie sich gar beide zusammen in die kleine Duschkabine des Komfortzimmers gequetscht hatten, wollte sie sich nicht vorstellen. Sie legte ihre Einkäufe in der Küche ab, setzte Kaffee auf. Was sollte sie gegen diese Gerüchte tun? Eine öffentliche Rede halten? Oder lieber ein halböffentliches Verteidigungsplädoyer bei einem Alibieinkauf im Edekamarkt? Sollte sie sich erst mit ihrer Wahlberaterin besprechen?
    Noch vor wenigen Tagen hätte sie nicht gedacht, dass der Gedanke an Christiane Breitner einmal ein Gefühl der Erleichterung, beinahe Rührung auslösen würde. Dabei war nichts Rührendes dabei, dass Christiane ihr helfen wollte. Christiane Breitner trug sich mit dem Gedanken, die Tauchschule zu vergrößern, und dabei störte Fredl Weidinger empfindlich, mit seinen nächtlichen Razzien und Kontrollen. Nichts weiter.
    Therese legte die Servietten mit dem blauweißen Rautenmuster in die Brotkörbe. Wohin mit den Bäsees? Brauchte man dafür nicht andere Servietten, etwas Zarteres, Französischeres? Über ihr schon Schritte, Stimmen, und sie trug schnell eine Ladung Brezn ins Speisezimmer. Wo schon der erste Gast saß. Der Akkordeonist. Allein. Einen schönen Pulli trug er, Kaschmir, diese Männer hatten eben Geschmack! Was wohl »guten Morgen« auf Französisch hieß, Bongschur? Er sah sie an, Erwartung im Blick, und sie entschied sich für ein einfaches, hochdeutsches »Guten Morgen«, was er mit einem Satz beantwortete, der beinahe wie ein Gurren klang, ganz anders als bei Delphine de Brulée gestern.
    »Es gibt gleich einen Kaffee. Verstehens? Kaffee. Zum Petit … petit …«, Kruzifix, sie kam nicht drauf, »äh … Petit Brotzeit!«
    Er nickte und lächelte. Na bitte!
    »Mit Obazdm. Und Brezn. Und …«, sie lächelte auch, kostete ihre Ankündigung aus. »Bäsee! Verstehens? Bäsee!«
    Wie schaute er denn jetzt? Erschrocken. Vielleicht, weil er sie nicht verstand? Wie fühlte man sich wohl, wenn alle um einen herum in einer anderen Sprache redeten, schnell auch noch, und wenn dann Fredl Weidinger herumbrüllte wie gestern

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