Paarungszeit: Roman (German Edition)
Bier, you know. A big Oberweite.« Cedric nickte lächelnd und übersetzte – war denn ihr Englisch so unverständlich? –, und Lucien strahlte, sprudelte einen französischen Satz hervor, und schon stöckelte die Brulée auf die Bierflaschen zu. Cedric hinterdrein. Sollten sie. Therese Engler konnte die Plakate auch ohne ihre Hilfe kleben. Sie nahm eins vom Karren, pappte es an die freie, von Lucien bepinselte Fläche der Mauer neben dem Edekamarkt. Sorgfältig und betont meditativ strich sie die Ecken glatt, aber es gelang ihr nicht mehr, in die Zen-Stimmung von vorhin zu kommen, zu sehr drängte sich die Außenwelt auf.
»Wollts a Bia? A Illenthaler Maibock? Is a ganz a würziger Tropfen mit anem sauguaden Abgang!«
»A oui! A Maibóck, c’est formidable!«
»I mach euch a Flaschn auf! Zwoa?«
»Gläsör?« Dann ein längerer französischer Satz, Cedric sprang Delphine de Brulée bei, fragte Franzi nach Gläsern, und Therese nahm das nächste Plakat. Mei. Sie hätte nicht gedacht, dass Gläser auf Französisch Gläsör hießen. So ähnlich waren die Sprachen einander, jedenfalls manchmal.
»Naa, Gläser hob i ned! Des Bia könnts do aus der Flaschn …«
»A non non non! Theresö! Theresö!« Gestöckel, aufgeregt, dann zupfte jemand sie am Ärmel. Die Brulée. Lächelnd. Duftend. Reizend. Auf ihre Art. »Theresö! Kann ische der Gläsör olen?« Der ausgestreckte französische Finger mit dem lackierten Nagel zeigte auf die offene Tür des Cafés, eindeutig. Dazu der Blick. Wenn ein Blick duften könnte, hätte Delphines fragender Blick nach Rosenblättern geduftet.
Mei, auf welche Gedanken kam sie denn jetzt?
»Sie san im Schrank. Die Gläser. Über der Theke.«
»Ah, merci!« Delphine verschwand. Kruzifix! Sie hatten sich unterhalten! In einer gemeinsamen Sprache! Konnte sie, Therese Engler aus Neuenthal, plötzlich Französisch? Über Nacht? Hatte Delphines Blick sie verzaubert? Oder die Meditation? Einen Moment lauschte sie in sich hinein, wartete auf französische Gedanken. Die ausblieben. Jessesmaria! Sie legte das Plakat, das sie schon in der Hand hielt, wieder auf den Wagen.
»Sie … Delphine kann Deutsch?«
Cedric, eine Flasche Maibock in den Händen, nickte. Etwas verlegen, wie ihr schien.
»Nur un peu, Therese, ein bisschen.«
»Aber warum hat sie die ganze Zeit …?«
Sie könne es gar nicht gut, beeilte sich Cedric zu versichern, dafür, dass sie seit zehn Jahren einen deutschen … na ja eben … Mattjö habe, sie möge die Sprache eigentlich nicht, fände, sie klinge so hart, militärisch, deswegen habe sie schon einige Auseinandersetzungen mit Mattjö gehabt, auch mit ihm, Cedric, der sie immer wieder von der Schönheit des Deutschen habe überzeugen wollen. Erst jetzt, seit sie hier seien, habe sie angefangen hinzuhören. Ihr gefalle der bayerische Akzent.
Aha. Seit zehn Jahren also. Matt und Delphine. Diese Erkenntnis überschattete eine weitere Erkenntnis: Dass Delphine de Brulée die ganze Zeit verstanden hatte, was über sie geredet wurde. Oder zumindest einen Teil davon. Wusste sie, was Schweinkram hieß? Sollte sie die jetzt mit einem Tablett zurückstöckelnde Delphine danach fragen? Und warum schleppte Madame jetzt Weingläser heran? Unter den erstaunten Blicken halb Neuenthals ergriff die Brulée die bereits geöffnete Flasche Illenthaler Maibock, verteilte den Inhalt auf drei Weingläser.
»Aba dafür nimmt ma do a Hoibe!« Franzi. Vollkommen fassungslos.
»A oibe? Qu’est-ce que c’est?« Lucien hob sein Weinglas, betrachtete interessiert die schäumende Flüssigkeit darin, und Therese ließ den Karren mit den Plakaten stehen, begab sich selbst in ihr Café. Als sie mit einem Tablett voller Halblitergläser zurückkam, öffnete Franzi erfreut weitere Flaschen. Nicht nur Illenthaler Maibock, auch Dunkles und Reste vom Märzenbier.
»Und was sagt ihr jetza, wenns anstoßt?«
Eine Flut von Santés, A-la-vôtres und Cin-Cins folgte nach Cedrics Übersetzung von Franzis Frage, die spontane Bierprobe erweiterte sich, Sachsen und andere Urlauber traten hinzu, Therese Engler spendierte weitere Probiergläser und genehmigte sich selbst auch einen Schluck. Genau das Richtige nach dem Schock der Demonstration.
»Auf unsere wundervolle Wirtin«, sagte Cedric, und auch Judda und Üwe hoben ihre Gläser: »Nü sischer, auf Därese!« Alle, auch die zarte Delphine, ließen sich nachschenken und von Franzi in die Kunst der bayerischen Trinksprüche einführen, und ganz am
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