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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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alles wieder in die Truhe.
    Sie hatten sich auf die Tauchschule geeinigt. Und erst einmal auf eine Pressekonferenz. Ein Ereignis, das die angeschlagene Toleranz Neuenthals nicht überstrapazieren würde.
    »Die Bücher sind Bestseller«, hatte Christiane gesagt. »Wer Delphine de Brulée liest, ist auf der Höhe der Zeit, das müssen wir den Leuten klarmachen. Und wer vertritt hier den Fortschritt? Wir werden dich klar profilieren, Therese!«
    Das sah Therese ein. Jetzt musste sie Delphine de Brulée nur noch fragen. Sofort wenn sie von ihrem Autogramm-Spaziergang zurückkäme. Und die Frage nach Luciens möglichem Konzert auf dem Pfingstmarkt, die sie noch immer nicht zu stellen gewagt hatte, erledigte sie am besten gleich mit. Sie trug Luciens Bettdecke zur offenen Terrassentür. Wie gut sie roch! Nach Seife. Oder nach der Duschlotion, die sie im Bad gesehen hatte. Herb der Duft, gleichzeitig fein, nicht so blumig wie Matts Veilchenparfüm. Das genau genommen schwuler gerochen hatte als dieser maskulin-sensible Duft.
    Eine Sekunde stand sie in der offenen Tür, ihre Nase in der Bettdecke vergraben. Mei, wenn sie jetzt jemand sah! Therese, du bist ein Produkt, predigte die strenge Stimme ihrer Wahlberaterin in ihrem Kopf, und sie schüttelte die Decke kräftig und trug sie zurück zum Bett. Erst jetzt sah sie, was in dem offenen Gitarrenkoffer lag, im Deckel: eine Packung Saiten, ein Schraubenzieher, mehrere Plättchen, mit denen Lucien vielleicht über die Saiten strich, und – sie hatte es doch gewusst! – ein zerknülltes Paar Nylon-Damenstrümpfe.

17.
    G egen Mitternacht legte jemand Musik auf, graue, schwere Klänge, die sofort den Saal einnahmen und die spärlichen Gespräche verstummen ließen. Wie er die fremde Frau ansah … Einzuatmen schien er jede ihrer Bewegungen, jedes Wippen ihrer Mandarinenbrüste. Wie die Fremde ihre glatten, weißblonden Haare zurückwarf, Ekstase vorwegnehmend. Shisanna wandte sich ab. Und sah in die Augen des Fischers, dessen Blick sie die ganze Zeit schon auf ihrem Körper spürte.
    »Hallo, Susn. Stör ich?«
    Bevor ich die vollgeschriebene Seite mit der Hand verdecken konnte, hatte er sich schon neben mich auf die Uferbank gesetzt. Cedric. Schon wieder. In den letzten Tagen waren wir einander immer wieder über den Weg gelaufen. Zum ersten Mal nach meiner hilflosen Flucht aus unserer Wohnung. An dem Nachmittag mit Timos Eltern und Therese. Das Kennenlerntreffen zwischen ihnen war wie erwartet grauenhaft verlaufen, aber bei weitem nicht das hochnotpeinlichste Erlebnis, das dieser Tag zu bieten gehabt hatte.
    Nach dem späten Kaffeetrinken und dem Abmarsch Thereses hatte Timo seinem Vater eine Live-Fütterung vorführen wollen. Mit den gefrorenen Mückenlarven. Aus dem dritten Fach unserer Tiefkühltruhe, seit dem Zwischenfall mit Timos Studienleiter gekennzeichnet durch einen Aufkleber: Achtung Fischfutter! Abgelenkt durch das Gespräch, vielleicht auch von Gedanken an Goldflossy, zog Timo am vereisten Griff der vierten Schublade.
    »Äh, Spatzl, nicht …!«
    Ich war nicht rechtzeitig am Kühlschrank, Timo ruckelte schon am Griff, öffnete die vereiste Schublade mit Schwung. Ordentlichem Schwung, der eine Packung Schlemmerfilet Käpt’n Iglo herauskatapultierte. Und ein Paar rote Strapse. Das Schlemmerfilet polterte zu Boden und schlidderte Timos Mutter vor die Füße. Die Strapse schnalzten gegen Herrn Flantschs Bauch. Timo, vor der offenen Schublade, erbleichte. Wobei nicht klar war, was ihm die Fassung raubte: die Packung Pangasius Zitrone-Mango, die ich außer dem Schlemmerfilet für heimliche, einsame Fischmahlzeiten gehortet hatte, oder die Handschellen. Ebenso wie die Strapse auf Rat von quietschentchen just for fun gekauft, für den erotischen Kalender. Außerdem enthielt die Schublade das Urlaubsfoto einer halbnackten Susn, die sich zwischen Zelt und Auto verstohlen ihres Bikinis entledigte, und eine Kopie des Covers von Latex und Lavendel, des bei weitem verruchtesten Romans von Delphine de Brulée. Eine Frauengestalt in einem kurzärmeligen Neoprenanzug, die sich zwischen lilafarbenen Blüten wälzte und sichtlich nicht mehr aus noch ein wusste vor Lust.
    Timos Eltern spähten über die Schulter ihres Sohnes. Und konnten sicher auch meine erotischen Formulierungsversuche entziffern, auf einem leider grellfarbigen, leider großen Notizzettel. Mehrere Variationen über das Thema »Zauberflöte«. Was immerhin noch annähernd mit Kultur zu tun hatte.
    Danach

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