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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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las ich und schwor mir, auf keinen Fall nachzuschauen, ob Goldflossy ihm antwortete. Lieber versank ich wieder in meine Ihajeflo-Geschichte, in der mein Held nach einigen Verfolgungsabenteuern auf eine nordische Elfe abfuhr, während die Heldin alles tat, um ihn eifersüchtig zu machen.
    Und vor dieser Geschichte saßen wir jetzt, Cedric und ich, einen Tag später, auf der Uferbank, und ich wünschte mir wieder Erdspalten, Meteoritenjonglage, quabbelnde Aliens. Warum hatte ich ihn gerade diesen Abschnitt lesen lassen? Er war Lektor! Übersetzer großer Werke! Immerhin ließ er es sich nicht anmerken, wie peinlich und kitschig dieser Abschnitt war, er lächelte und gab mir das Heft zurück.
    »Und jetzt? Was wird sie tun, deine Shisanna?«
    Ich zwang mich, seinen Blick zu erwidern. Ob er wohl stark kurzsichtig war? Ob das Gesicht seiner Freundin vor ihm verschwamm, wenn er die Brille abnahm beim Küssen? Schmarrn. Er würde sowieso die Augen schließen.
    »Ich … keine Ahnung. Deswegen schreib ich’s ja auf.«
    »Hast du das nur im Heft oder auch in getippter Form? Die ganze Geschichte?«
    »Getippt? Wieso?«
    »Ich würde es gern ganz lesen.« Er nahm die Brille ab. Er konnte nicht sehr kurzsichtig sein, denn er sah mich an, ohne die Augen zusammenzukneifen. »Es gefällt mir. Es gefällt mir sogar sehr.«

    Während der Pressekonferenz in der Tauchschule konnte ich mich nicht konzentrieren. Wir waren zusammen zur Tauchschule geschlendert, am Strand entlang, und ich hatte Cedric erzählt, dass ich schon lange Geschichten schrieb, aber nie auf den Gedanken gekommen war, sie jemandem zu zeigen. Auch Timo nicht. Auf Cedrics Frage, warum, war mir keine Antwort eingefallen. Und mir fiel auch jetzt keine ein.
    Cedric saß am anderen Ende des Tisches und flüsterte mit Delphine de Brulée. Es war die erste Pressekonferenz Neuenthals, wie Christiane Breitner in ihrer einleitenden Rede betonte, einberufen im Namen der Tourismusinitiative Neuenthal. Die Mitglieder der Tourismusinitiative waren vollzählig angetreten: Christiane Breitner, Leonhard und Therese Engler, Franzi Breithuber, Anderl Hübner, Gina Fernande Zuhlau, Quirin Engler, Nat Wildmoser und Susn Engler, bald Flantsch. Genau zwei Journalisten waren der Einladung gefolgt, Girgl von der Brachseepost und ein Mann vom Kreisblatt, der eifrig mitschrieb.
    »Und jetzt«, schloss Christiane ihre Ansprache, »fühlen Sie sich frei, der berühmten Autorin Delphine de Brulée, die auf Betreiben unserer Bürgermeisterkandidatin Therese Engler hier zu Gast ist, die Fragen Ihrer Wahl zu stellen.«
    Sie setzte sich wieder, neben Onkel Hartl, faltete die Hände und lächelte mild. Der Kreisblattjournalist hörte auf zu schreiben. Dafür beugte sich Girgl tief über seinen Block, hielt den Kuli in der Schwebe, als wartete er auf eine große Eingebung. Mein Cousin Quirin flüsterte Gina etwas zu, und sie kicherte. Therese rückte ihren Hut zurecht. Sie hatte sich geschminkt, saß sehr gerade neben Lucien, Cedric und Delphine de Brulée. Delphine trug ein Dirndl aus Thereses Shop – wie es aussah, in Größe 36 – und wirkte mädchenhaft unschuldig. Wie alt war sie eigentlich, die Geliebte meines Vaters? Und ob Therese sehr eifersüchtig war? Hatten sie nicht vor einer Woche noch händchenhaltend im Chez Lutz gesessen, Therese und Matthias Glatthaler? Und wo war Matthias Glatthaler jetzt? Fragen, die ich mir vielleicht längst hätte stellen sollen, die jedoch vom Goldflossy-Canyon geschluckt worden waren. Einen Moment dachte ich an das, was Cedric gesagt hatte: Wie sehr sich Therese wünsche, dass ich glücklich sei. Warum fiel mir ausgerechnet jetzt ein, wie sie mich nach dem Schneeflockentanz-Desaster aus der Pfütze gezogen und getröstet hatte? Ich sei eine tolle Schneeflocke gewesen, eine Schneeflocke, die sich wehren könne, und das sei gut. Aber dass alles ohne ihr Blumendirndl niemals passiert wäre, sah sie bis heute nicht ein.
    »Äh … Frau Brülee …« Der Kreisblattjournalist hatte sich gefasst und räusperte sich. »Wie ich gehört habe, schreibens seit dreißig Jahrn diese … äh … Art von Literatur. Macht Ihnen Ihr Tschob denn immer noch Spaß?«
    Wieder Stille. Räuspern. Cedric übersetzte. Dann fing Delphine de Brulée an zu reden, leise und schnell, und bevor ich versuchen konnte, irgendetwas zu verstehen, wandte sich Cedric schon höflich lächelnd an die Journalisten.
    »Delphine de Brulée hat Philosophie und französische Literatur studiert.« Er

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