Paarungszeit: Roman (German Edition)
beobachtet!« rief auch sie zur Ordnung, und sie konzentrierte sich auf das, was Cedric sagte.
Gegen drei Uhr sei er noch einmal spazieren gegangen und habe Fredl Weidinger gesehen. Nicht beim Herunterreißen ihrer Plakate, aber immerhin, wie er sein Motorrad am Ende der Uferstraße abstellte, kurz hinter dem Ortsschild Richtung Mohnau. Und einige andere Autos hätten auch dort geparkt, darunter ein Lieferwagen der Baufirma von Veit Strobl.
»Stroböl!«, platzte Delphine dazwischen. »Was ist mit diesö Stroböl?« Das sei doch dieser grobe Kerl mit den schlechten Manieren, der vorgestern die Probe gestört habe, übersetzte Cedric Delphines folgenden Wortschwall, und dieser andere Schnösel, der sei sein Sohn? Was sie denn von Therese wollten?
Sollte sie es Delphine erklären? Immerhin wuchs ihr gegenseitiger Respekt von Tag zu Tag, Sympathie lag in dem Lächeln, mit dem sie einander begrüßten, Achtung im anschließenden Nicken. Sie redeten auch miteinander, in einem deutsch-französisch-bayerischen Sprachmix, über das Frühstück, den Trachtenladen, die Pension und Delphines Bücher. Nur beim Thema Matt waren sie vorsichtig. Als Delphine nach ihrer Tochter gefragt und Therese Matts spärliche Besuche erwähnt hatte, war Cedric dabei gewesen, hatte mit unbeteiligter Miene übersetzt. Vielleicht wäre jetzt, da Cedric hier war, der richtige Moment, davon …
Die hereinplatzende Judda, gefolgt von Üwe und zwei weiteren Touristen, stoppte die zarten Anfänge eines Gesprächs über die komplizierte Strobl-Geschichte, weiteres gemeinsames Echauffieren über die Sauerei draußen folgte, dann verabschiedeten sich Delphine und Cedric. Am Nachmittag beklebte Leonhard Engler harmlos pfeifend Neuenthals Einkaufsmeile mit neuen Plakaten. Christiane Breitner blieb bei ihrem »Das ist nur gut für uns«-Optimismus und informierte den amtierenden Bürgermeister, den Kreisrat und die gesamte Presse über den Vandalismus.
Am frühen Abend schaute Therese in der Pension nach dem Rechten und fand Delphine in der Küche vor, ihren eigenen Kamillentee zubereitend. Aus Cedrics Zimmer schallten in höchster Lautstärke hochdramatische französische Chansons.
»Er ’at wahrscheinlisch Liebeskummör«, sagte Delphine.
Therese schenkte zwei Stamperl Kräuterlikör ein, bot Kekse an, worauf es Delphine sich nicht nehmen ließ, ihrerseits Kekse zu offerieren, zartestes Buttergebäck aus Paris. Nach einigen Minuten Keksbeweihräucherung – Therese hatte schon gelernt, dass man über französische Erzeugnisse in ehrfürchtigstem Ton sprach – und einer halben Stunde weiterer höflicher Konversation in Delphines blumig duftendem, von herumliegenden Zetteln übersätem Komfortzimmer kam das Thema wieder auf diesön Stroböl. Und dann, versehen mit einem frisch gefüllten Stamperl, erzählte Therese tatsächlich die Geschichte ihrer missglückten Hochzeit. Die auch zu einem Teil die Geschichte von Therese Engler und Matthias Glatthaler war. Wie viel die an ihrem Stamperl nippende Brulée wirklich verstand, wusste Therese nicht. Zumindest nickte Delphine immer wieder teilnahmsvoll, äußerte ab und zu ein schnurrendes »ouiouioui«, und so offenbarte Therese schließlich zögernd einige Einzelheiten der Amour mit Matt im Baumhaus. Wobei die Schilderung um einiges nüchterner ausfiel als bei anderen Gelegenheiten, wenn sie unter Kräuterliköreinfluss davon erzählt hatte. Noch im letzten Winter, als sie ihren Bruder und Christiane eingeladen hatte, war sie von ihren eigenen Worten mitgerissen worden, so sehr, dass ihr die Tränen kamen. Ihr Bruder hatte ein beinahe wütendes »No, Therese, jetza machst amoi halblang, des is ois scho so lang her« ausgestoßen, worauf Christiane Breitner, die sich ihre Ausführung mit einer hochgezogenen Augenbraue angehört hatte, ihn zurechtwies, er habe manchmal einfach keine Ahnung, was in Frauen vorgehe.
Delphine de Brulée hatte Ahnung, was in Frauen vorging, dies bewiesen ihre einfühlsamen Schilderungen in ihren Büchern ebenso wie ihre nächste Bemerkung: »Die Männör sind alle gleisch!«
Eine These, die mit einem schwesterlichen »Ja, Hallodris sans! Alle miteinand!« beantwortet werden musste. Dann wiederholte Therese das, was sie schon Lucien gesagt hatte: »You and Matt, that’s reality.« Und Delphine nickte, mit so viel französischer Verve, dass sie fast ihren Likör verschüttete. »Er kann sein eine Schatz und eine Arschlòch, savez-vous?« Eine Aussage, der Therese aufs
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