Paarungszeit: Roman (German Edition)
sie kannte die Lederjacke, die weißen Hosen, zu jugendlich für einen Mann mit Hamsterbäckchen. Jessesmaria! Was wollte Matt hier? Ausgerechnet jetzt? Würde er die Dinge in Ordnung bringen, wie er es am Telefon angekündigt hatte? Und auf welche Weise? Seine letzten beiden Anrufe hatte sie durch wortloses Auflegen beendet. Matt gehörte zu Delphine. Therese Engler gehörte der Politik. Sie war wohl für die Liebe nicht gemacht, für sie würde die große Liebe immer unerreichbar bleiben, eine …
»… Illusion«, übersetzte Cedric das, was Delphine jetzt mit hoher, etwas aufgeregter Stimme las, »nichts als Schaumschlägerei scheint die Liebe zu sein, ein kalt gerührtes, aufgeblasenes Schaumgebäck, das, beißt man einmal hinein, in sich zusammenfällt und bröckelt wie ein Baiser-Törtchen.«
Was trug Delphine da vor? Kam denn jetzt nicht die Szene, in der der Chef der Patisserie, ein zärtlicher Gorilla, seine Kundin verführte? Eine zickige Französin mit Pagenfrisur, wie Therese sich erinnerte, die unter ihrem schwarzen Rollkragenpullover ausgesprochen gamsig war und sich ihm zwischen Petits Fours und Stachelbeertörtchen …
»Non, non, non, Cedi!« Cedric hatte die Übersetzung unterbrochen und seine Hand auf Delphines Arm gelegt, aber Delphine schüttelte ihn ab. »Lass misch sprechön über die göttlische Form von die Eros! Die Sähnsücht nach die bessere Älfte! Die wahrö Liebö!«
Sie fixierte, Therese sah es genau, die dritte Reihe. Wo Matt sich niedergelassen hatte, den Hut tief ins Gesicht gezogen.
»Und jetzt möscht isch fragön, was ist für eusch die Liebö? Ein Messör, mit dem ihr in eusch wühlt, wie euör großer Schriftstellör Kafkà sagt?«
Cedric lehnte sich seufzend in seinen Stuhl zurück, und einen Moment herrschte ratlose Stille. Dann meldete sich der Mohnauer Metzger: »So a Schmarrn. Mit am Messer wühl i in da Wurscht, ned in da Liab! Und jetza wolln ma wissn, wias weiter zuganga is, do in da Battisserie …«
»Naa, jetza wart amoi! Vielleicht wolln andere no was sagn über die Liab! Herzerl, du?« Amrei. Die ihren Gemahl erwartungsvoll ansah. Von den hinteren Reihen unwilliges Gemurmel. Sollte Therese Engler ordnend eingreifen, bevor Fredl Weidinger es tat? Sie schaute zu ihrer Wahlberaterin, die sich vor der Bühne, Sekt trinkend in Hartls Arm, bestens zu amüsieren schien.
»Was gibts scho zu sagen?« Amreis Mann hatte sich gefasst. »Die Liab … mei … die is hoit, wias is!«
»Ist das nicht ein Gedicht? Die Liebe sagt, es ist, wie es ist, oder so?« Die Yoga-Ananas-Schnoin war aufgestanden, und ihr Regenmantel klaffte auf. Darunter trug sie schon die Bauchtanzkluft, eine Bikinihose mit einem vorgehängten durchsichtigen Schleier und ein kettenverziertes Bikinioberteil. Was bei ihrer Figur, zugegeben, gut aussah.
»Sie trifft di wia a Blitz oder wia a Messer«, meldete sich der Mohnauer Metzger, »und ruckzuck bist verheiratet, und dann is Schluss, und die Oide lasst di nimmer ran!« Der Hundling! Das traute er sich nur, weil seine Frau seinen Stand betreute und nicht zuhörte.
»Will die Frau nicht, so komme die Magd, hat das nicht Luther gesagt?« Jetzt mischte sich auch noch Christiane Breitner ein, und Franzi ergänzte:
»Hat ned der Luther aa gesagt, zwoamal die Wochn, des duad guad und niemandem schaden?«
»Was wollts denn mitm Luther, der is ned katholisch«, rief der Pfarrer von hinten, wurde aber sofort übertönt von Resi: »Zwoamal die Woch? Is des ned vui zuvui?«
»Für eich vielleicht!« Amrei lachte keckernd. Jeder wusste, dass es zwischen Resi und ihr nicht zum Besten stand, nachdem Resi sich das Hühnerfutter nicht mehr von ihr liefern ließ.
»Bei eich warn aa scho lang nimma am Wochenend die Rollladen unten!«, giftete Resi.
»Und bei eich gibts Eier nur in der Kneipn!«
Jetzt musste jemand eingreifen, bevor das Niveau der Diskussion noch weiter sank! Therese ging schon auf Delphine und den eifrig die Diskussion übersetzenden Cedric zu, als Cedric selbst das Mikrophon ergriff und die Diskutierenden übertönte: »Jemand hat vorhin etwas von einem Gedicht gesagt, das möchte Delphine de Brulée gern noch einmal aufgreifen. In der Dichtung der Welt …«
»Liebe ist aber nicht, herumzusitzen und zu dichten!«
Harrgottmarrgott, der Flantsch! Was wollte der denn jetzt? »Liebe ist, sich zu jemandem zu bekennen! In guten wie in schlechten Zeiten!«
»Recht hot er!«
»Suppa gesagt!«
Aufbrandender Applaus, ja, wirklich, schlecht war
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