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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lermer
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was auch wieder sein Gutes hat: »Ich bin ja nur froh, wenn
er/sie endlich auszieht, diese laute Musik, der Lärm mit den Freunden, der muffelige Ton, das Chaos im Kinderzimmer, das ist ja auf Dauer nicht auszuhalten.« Und so gelingt die Ablösung leichter, die Eltern können eher loslassen und dem nun beinahe erwachsenen Kind den Freiraum einräumen, den es braucht, um sich selbstständig zu entwickeln. Es kann wie ein Falter die Flügel ausbreiten und ein eigenes Selbst werden und dann »sein«. Die zweite Geburt als Selbstwerdung und Selbstsein – C. G. Jung sprach hier von »Individuation«, er nannte sie auch »Verselbstung« bzw. »Selbstverwirklichung« (Jung 1933).
    Als Erwachsener wiederholt man diese drei klassischen Entwicklungsphasen  – kindlich angepasst, pubertär protestierend, erwachsen souverän – mehrfach: Ist der Erwachsene auf einer Stufe allerdings etabliert, droht Erstarrung. Will er sich verändern, psychisch reifen, geht das nicht direkt, sondern nur mittelbar über das Ausloten des Gegenteils. Sozusagen wie beim Billard das Spiel über eine Bande, wie eine Impfung, die künstlich eine leichte Krankheit erzeugt, um einer schweren vorzubeugen. Oder wie ein Ausreizen der alternativen bis entgegengesetzten Möglichkeiten, um am Ende in der goldenen Mitte zu landen.
    Die drei Entwicklungsphasen Erwachsener nach Friedrich Nietzsche
    Phase 1 (frustriert):
    »Besser verehren (und gehorchen und lernen ) als irgend Einer.

    Alles Verehrenswerthe in sich sammeln und miteinander kämpfen lassen.
    Alles Schwere tragen.«
     
    Phase 2 (im Protest):
    »Das verehrende Herz zerbrechen, (als man am festesten gebunden ist .)
    Der freie Geist.
    Unabhängigkeit. Zeit der Wüste.
    Kritik alles Verehrten (Idealisierung des Unverehrten), Versuch umgekehrter Schätzungen.«
     
    Phase 3 (frei):
    »Große Entscheidung, ob tauglich zur positiven Stellung, zum Bejahen.
    Kein Gott, kein Mensch mehr über mir!
    Der große Instinkt des Schaffenden, der weiß, wo er die Hand anlegt.
    Die große Verantwortung und die Unschuld.
    Um Freude irgendworan zu haben, muss man Alles
    gutheißen. Sich das Recht geben zum Handeln.«
    Nun ist es pikanterweise so, dass einige Menschen konstant auf einer der beiden ersten Entwicklungs-Stufen stehenbleiben, also beim unreifen Angepassten oder beim unreifen gezielt Unangepassten. Beide sind abhängig von äußeren Vorgaben, der eine positiver, der andere negativer, keiner von beiden ist aber frei und autonom als Persönlichkeit. Der Volksmund nennt die Persönlichkeitstypen in Phase 1 klischeehaft »Spießer«, »Muttityp« oder »Softie«. Der Typus der zweiten Stufe
wird tituliert als »Emanze«, »Macho« oder »Spätpubertierender«. Erst der dritte Typ landet für eine Weile oder auch für länger auf der Ebene der Souveränität. Da erst ist er wirklich partnerschaftsfähig. Das heißt, zwei Partner auf diesem Niveau können das scheinbar schwer zu vereinbarende, aber letztlich einzig tragfähige Partnerschaftsmuster leben: Hingabe ohne Aufgabe, sich einlassen in ein Wir, aber sich selbst dabei treu bleiben.
    Doch selbst der souveräne Mensch trägt die historisch durchlaufenen Phasen noch in sich. Sie sind zwar in ihrer Wirkung untergeordnet, können aber bei bestimmten Provokationen wieder zum Vorschein kommen und sein Verhalten steuern. Auch die Partnerschaftsfähigkeit ist abhängig von der persönlichen Reife. Und die Situation des Paares spiegelt meist den dialektischen Reifezustand der beteiligten Partner wider. In diesem Zusammenhang interessieren uns natürlich die konkreten Ausformungen der drei Entwicklungsstufen bei Männern und Frauen. Sie manifestieren sich in jeweils drei verschiedenen Frauen- und Männer-Typen.
    Die Konservative
    Sie folgt dem anerzogenen Auftrag, dem Mann zu assistieren, ihm bei seinem Erfolg behilflich zu sein, ihm das Gefühl von Stärke zu geben, auch indem sie sich selbst zurücknimmt, ihm den Rücken freihält. So ermöglicht und unterstützt sie seine Karriere, von der beide, von der die ganze Familie gut lebt (Friesen 2006).

    Erstaunlicherweise finden wir diesen Typus Frau im Jahr 2011 wieder als Elizabeth in Charlotte Roches postfeministischem Roman »Schoßgebete«, die anstrebt, dass Millionen lesen, wie sie es genießt, ihren Mann zu »bedienen«. Jeder Zeitgeist outet sich durch seine Kultur. Wenn diese schräg ist, dann ist es der Zeitgeist offenbar auch. Wo will sich die Rolle der Frau hinentwickeln? Nun, wir haben ja nicht

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