Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Titel: Pacific Paradise - Boone Daniels 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
dreht sich Dave nie um, wenn er sich mit Boone unterhält. Beide Männer sehen geradeaus aufs Wasser.
    »Kann ich deine Meinung hören?«, fragt Boone.
    »Brauchst du weisen Rat, Grashüpfer?«
    »Findest du«, sagt Boone, »wir sind eine eingebildete, selbstgefällige Elite, die es nicht schafft, die zinksalbenbeschmierte Nase über den eigenen Tellerrand zu heben?«
    Dave fasst sich an die Nase, um zu prüfen, ob noch genug Zinksalbe drauf ist. Dann sagt er, »Kommt ungefähr hin, ja.«
    »Hab ich mir gedacht«, sagt Boone und steht auf.
    »Das war’s?«
    »Jepp.«
    »Tschüs.«
    »Danke.«
    »Nada.«

15
    Boone weiß nur aus Zeitungsartikeln und durch die über Strandfunk in PB verbreiteten Gerüchte, was in jener Nacht passiert ist.
    Anscheinend lief das folgendermaßen ab.
    Kelly Kuhio verließ den Sundowner kurz nach Mitternacht, stocknüchtern, und ging zu seinem Wagen auf dem Parkplatz an der Ecke.
    Er hat’s nicht mehr bis zu seinem Auto geschafft.
    Corey Blasingame – betrunken, stoned, high auf was auch immer – kam, gefolgt von seiner Crew, aus einer Seitenstraße, ging auf Kelly zu und verpasste ihm einen Schlag.
    Kelly fiel rückwärts um und knallte mit dem Kopf auf den Bordstein.
    Er kam nicht wieder zu Bewusstsein.
    Drei Tage später wurden die Maschinen abgeschaltet.

16
    Petra sitzt da und schlürft Eistee.
    Sieht ihr gar nicht ähnlich, nichts tun, aber irgendwie genießt sie es, dort zu sitzen und über Boone nachzudenken.
    Ein merkwürdiger Mann, denkt sie. Auf den ersten Blick einfach gestrickt, aber außerordentlich kompliziert auf den zweiten. Ein Strudel aus Widersprüchlichkeiten lauert unter der vermeintlich ruhigen Oberfläche. Ein tarzanartiger Surfer, der abends russische Romane liest. Ein bekennender Junkfood-Anhänger und Vielfraß ohne ein einziges überflüssiges Gramm Fett am Körper, der es versteht, Fisch am offenen Feuer auf den Punkt genau zu grillen. Ein Banause, der aber, vorausgesetzt man triezt ihn ordentlich, recht intelligent über Kunst plaudern kann. Ein enttäuschter Zyniker voll unverhohlenem Idealismus. Ein Mann, der vor allem Reißaus nimmt, was auch nur entfernt einer Emotion gleicht, aber dennoch eine zutiefst sensible Seele, und bisweilen ganzeinfach der freundlichste und einfühlsamste Mensch, dem sie je begegnet ist.
    Und attraktiv, verdammt, denkt sie. Und frustrierend. Seit drei Monaten sehen sie sich jetzt mehr oder weniger regelmäßig, und er hat nie versucht, mehr zu bekommen als einen flüchtigen, im wahrsten Sinne des Wortes, keuschen Kuss.
    Nein, er hat sich entsetzlich gut benommen, wie in echter Gentleman. Erst vor zwei Tagen hatte sie ihn zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Museum für Moderne Kunst in La Jolla geschleppt, und er war in einem schicken khakifarbenen Sommeranzug mit einem blauen Hemd von Perry Ellis aufgekreuzt, das er sich bestimmt nicht leisten konnte, und sogar die Haare hatte er sich schneiden lassen. Er war bei dem ganzen Gequatsche wunderbar gelassen geblieben und sogar mit ihr gemeinsam durch die Galerie geschlendert und hatte einige schlaue Bemerkungen über das eine oder andere Ausstellungsstück gemacht, obwohl keines davon brechende Wellen oder holzverkleidete Fünfziger-Jahre-Kombis darstellte. Und um die Wahrheit zu sagen, er war gegenüber den anderen Gästen und den Gastgebern absolut charmant gewesen, hatte erstaunlicherweise über die betreffende Wohltätigkeitsorganisation bestens Bescheid gewusst, und Petra hatte nicht schlecht gestaunt, als eine Kollegin auf der Damentoilette zu ihr meinte, ihr neuer »Lustknabe« sei »recht hübsch herausgeputzt.«
    Doch am Abend war er wieder vor ihrer Wohnungstür stehen geblieben, als hätte man ihm die Füße in Beton gegossen, hatte sie höflich umarmt, ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gedrückt, und das war’s gewesen.
    Will ich mehr? Fragt sie sich. Natürlich könnte ich es heutzutage als moderne, befreite Frau auch selbst angehen. Ich bin durchaus in der Lage, den ersten Schritt zu machen.
    Also, warum tust du’s dann nicht?, fragt sie sich.
    Halten ihn dieselben widersprüchlichen Gefühle davon ab weiterzugehen wie dich? Ganz eindeutig steht er auf dich, warum würde er sonst andauernd mit dir ausgehen wollen, offenbar aber zögert er, eine Stufe weiterzugehen. So wie du auch, wenn du ehrlich bist. Warum das so ist? Weil wir begriffen haben, dass wir so verschieden sind und es deshalb niemals funktionieren würde? Oder weil wir beide im Grunde

Weitere Kostenlose Bücher