Pacific Paradise - Boone Daniels 2
wartet auf seinen Kaffee. Sie sieht ihn irgendwie komisch an, dann zeigt sie zu ihrer Rechten und sagt: »Der Kaffee steht dann da drüben. Du wirst gerufen.«
»Verstehe.«
Er schiebt sich nach links und wartet hinter zwei weiteren Koffeinjüngern, die ihre Cappuccinos und Machiattos, als sie an der Reihe sind, mit der angemessenen Ehrfurcht in Empfang nehmen. Dann hört er, »Daniel.«
»Danke.«
»Siehst du, jetzt hast du’s verstanden.«
Er geht mit seinem Kaffee in die Mitte des Ladens und setzt sich in einen weichen Polstersessel. Er ist so ziemlich der einzige Gast ohne Laptop, und er kommt sich alt vor, als er zum Zeitungsstand geht, eine auf Papier gedruckte Ausgabe der New York Times ersteht und anschließend zu seinem Sessel zurückkehrt. Jedesmal wenn er eine Seite umblättert und ein Rascheln laut wird, blicken die Leute leicht genervt auf.
Sehr zu Boones Verwunderung ist die New Yorker Zeitung ziemlich gut, obwohl kein Surfbericht drin ist. Er weiß, dass es an der East Coast Wellen gibt, weil er im Surfer darüber gelesen hat, aber offensichtlich hält die Lokalpostille sie nicht für wichtig genug, um darüber zu berichten. Egal, er vertieft sich in die internationalen Nachrichten und Buchkritiken, und die Zeit vergeht schnell, bis Jill Thompson Pause macht.
Das heißt, sie geht zum Rauchen hinten raus.
Boone legt die Zeitung in einen Ständer, der offensichtlich genau zu diesem Zweck dort angebracht wurde, und geht ebenfalls nach hinten. Sie ist hübsch – zierlich gebaut, klein, hat stacheliges blondes Haar, einen kleinen Stecker im rechten Nasenflügel. Sanfte blaue Augen, schmale Lippen, die an einer dünnen braunen Zigarette ziehen.
»Jill?«
»Ja?« Sie zeigt auf ihr Namensschild, als hätte sie keine Lust, schon wieder von einem Kunden angegraben zu werden.
»Mein Name ist Boone Daniels. Ich bin Privatdetektiv.«
Sie verzieht das Gesicht und runzelt die Stirn. »Ich habe der Polizei schon gesagt, was ich gesehen habe.«
»Na ja«, sagt Boone, »ich dachte, vielleicht hat die Polizei Ihnen gesagt, was Sie gesehen haben.«
Das sagt mir mein Bauch, denkt er. Mein Bauch sagt mir, dass an der ganzen Sache was faul ist. Weil es einfach zu glatt ist, zu gut zusammenpasst und weder Mord noch das Leben derart sauber sind.
»Wie meinen Sie das?«, fragt Jill.
»Sie wissen, wie ich das meine.«
Er entdeckt einen Anflug von Selbstzweifel in ihrem Gesicht. »Ich glaube, ich sollte mich gar nicht mit Ihnen unterhalten.«
»Sie sehen nett aus«, sagt Boone: »Ich sage Ihnen mal, was ich glaube, wie das abgelaufen ist. Sie waren auf der Straße, wahrscheinlich nicht mehr ganz nüchtern. Sie haben etwas gesehen oder gehört, dann haben Sie einen Mann am Boden liegen sehen. Sie haben versucht, ihm zu helfen, aber es war zu spät, und das war ganz schrecklich für Sie. Es ist ein schlimmes Gefühl, wenn einem jemand unter den Händen wegstirbt. Sie fühlen sich hilflos, ja sogar schuldig, weil sie nichts mehr für ihn tun können.«
Boone sieht ihr in die Augen und erkennt, dass da immer noch Schmerz ist. »Sie warten eine ganze Weile, bis die Detectives eintreffen. Während Sie warten, gehen Sie die Sache immer wieder in Gedanken durch, fragen sich, was Sie hätten tun können. Dann kommt der Detective, stellt Ihnen Fragen, und er hat eine Idee, was Sie jetzt tun können – Sie können dazu beitragen, den Kerl, der das getan hat, hinter Gitter zu bringen. Sie können für Gerechtigkeit sorgen.«
Jill treten Tränen in die Augen.
»Die Polizei«, fährt Boone fort, «hat nämlich schon einen Verdächtigen aufgegriffen. Und sie denken, sie hätten denRichtigen. Deshalb hat der Detective, der Sie vernommen hat, seine Fragen auf eine ganz bestimmte Weise gestellt, stimmt’s? ›Haben Sie diesen Mann gesehen?‹, ›War er dünn, drahtig, kahl rasiert?‹, ›Trug er einen Kapuzenpulli mit abgeschnittenen Ärmeln?‹, ›Ist er auf sein Opfer zugegangen und hat er den Mann geschlagen?‹«
»Und bis Sie endlich im Revier waren, Jill, haben Sie selbst geglaubt, Sie hätten gesehen, dass Corey Blasingame den Schlag ausgeführt hat. Sie glauben es wirklich, weil Sie es glauben möchten, weil der Mann in Ihren Armen gestorben ist und Sie ihm nicht helfen konnten, aber jetzt können Sie ihm helfen. Sie können da reingehen und den Mörder identifizieren.«
Sie bleibt trotzdem dabei und will die Nummer durchziehen. »Ich habe gesehen, wie dieses Stück Scheiße ihn umgebracht
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