Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
besser.
Er wusste, dass er sie mit sich runterzog.
Wenn man schon untergeht, sagte er sich, sollte man wenigstens den Anstand besitzen, alleine unterzugehen. Mit dem eigenen Schiff absaufen.
Alleine.
Also verabschiedete er sich aus dem Polizeidienst, verließ Sunny, verließ seine Freunde und hörte auf zu surfen.
Kehre dem Ozean nie den Rücken zu.
Du denkst vielleicht, du kannst dich einfach so umdrehen und gehen, aber das funktioniert nicht. Die Flut entwickelt einen so starken Sog, der bringt dich zurück; das Wasser in deinem Blut sehnt sich nach seinem Ursprung. Und eines Morgens, nachdem er zwei weitere Monate in seiner Wohnung herumgelegen hatte, nahm Boone sein Board und paddelte hinaus, allein. Er dachte nicht darüber nach, er hatte nicht die Absicht , an jenem Morgen rauszupaddeln; er tat es einfach.
Der Ozean heilte ihn – langsam und nicht vollständig, aber er heilte ihn. Er paddelte in die wildeste, schlimmste Brandung, die er finden konnte; er wanderte von Break zu Break wie Odysseus, der versucht, nach Hause zu kommen. An Surfspots wie Tourmaline, Rockslide, Black’s, D Street und Swami’s suchte Boone die Tracht Prügel, von der er glaubte, dass er sie verdient hatte, und der Ozean verpasste sie ihm.
Er wurde verdroschen und geprügelt, seine Haut mit Salz und Sand geschrubbt. Erschöpft trottete er nach Hause undschlief den Schlaf der Toten. Mit der Sonne stand er auf und fing wieder von vorne an. Wieder und wieder, bis er eines Tages bei der Dawn Patrol auftauchte.
Es war nichts Dramatisches, es gab keinen Moment der Unentschiedenheit – als die anderen rauspaddelten, saß er einfach wieder mit ihnen am Line-up. Johnny, High Tide, Dave und Sunny. Niemand verlor ein Wort darüber; sie machten einfach weiter, wo sie aufgehört hatten, als wäre er nie weg gewesen.
Nach dieser Session, am Strand, fragte Johnny ihn: »Was wirst du jetzt machen?«
»Das siehst du doch.«
»Nur surfen?«
Boone zuckte mit den Schultern.
»Hast du im Lotto gewonnen?«, fragte Johnny. »Du musst ein bisschen was verdienen, oder nicht?«
»Schon.«
Dave bot Boone an, ihn als Rettungsschwimmer einzustellen. Er würde natürlich ein paar Kurse machen müssen, meinte Dave, aber das sollte eigentlich höchstens sechs Monate dauern. Boone lehnte ab. Er fand, er sei nicht gut darin, anderen Leuten das Leben zu retten.
Johnny hatte die Idee, Boone eine Lizenz als Privatermittler zu beschaffen.
»Allerhand Arbeit für Excops«, sagte Johnny. »Ermittlungen im Auftrag von Versicherungen, Sicherheitsdiensten, meistens geplatzte Bürgschaften und Ehebruch.«
Boone ließ sich darauf ein.
Er war nicht Feuer und Flamme, aber darum ging’s nicht. Er wollte keinen Job, den er liebte. Liebt man etwas, schmerzt es nur umso mehr, wenn man es verliert.
Das war es, was Sunny beunruhigte. Alle anderen dachten, Boone sei wieder da und ganz der Alte – lässig, witzig, ständig bemüht um die Verbesserung der Liste der Dinge,die gut sind . Abends grillte er Fisch am Strand, kochte seinen Freunden Abendessen und wickelte alles in Tortillas. Bei der Dawn Patrol wusste Sunny als Einzige, dass Boone nicht wieder da war, jedenfalls war er nicht der Alte – nicht ganz. Sie vermutete, er habe sich in eine Welt der heruntergeschraubten Erwartungen zurückgezogen, sowohl in Bezug auf sich selbst wie auch auf die anderen und das Leben insgesamt. Dass Boone nur so viel arbeiten wollte, wie nötig war, um seine große Leidenschaft zu finanzieren, mochte hip wirken, aber sie erkannte darin seine Enttäuschung.
Er war enttäuscht vom Leben.
Von sich selbst.
Sie blieben enge Freunde, Vertraute. Sie schliefen sogar ab und an miteinander, wegen der guten alten Zeiten oder aus Einsamkeit. Aber sie wussten beide, dass es zu nichts führte, und sie wussten, warum – Boone fehlte immer noch ein Stück seiner selbst, und weder sie noch er waren bereit, sich mit weniger als dem ganzen Mann zufriedenzugeben.
Die Ironie dabei war, dass Boone sie ständig drängte, mehr aus sich zu machen. Boone tat für sie, was sie weder für sich selbst noch für ihn tun konnte. Boone erklärte ihr, sie dürfe sich mit nichts weniger als ihrem Traum zufriedengeben. Wenn sie mutlos war und alles an den Nagel hängen und sich einen richtigen Job besorgen wollte, dann war es Boone, der ihr sagte, sie solle durchhalten, weiter kellnern und surfen, denn der Erfolg käme mit der nächsten Welle direkt auf sie zu.
Boone erlaubte ihr nicht, sich
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