Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
ist Psycho schuld.
Dan nimmt kurz Anlauf und landet einen Tritt gegen dieTür. Der Türrahmen gibt splitternd nach. Dan stürmt ins Badezimmer und richtet seine Knarre links auf die Dusche.
Aber Tammy steht nicht drunter.
Dafür ist das Fenster offen.
61
Eine steile Treppe führt zum Strand hinunter.
Sie führt über eine Böschung, die mit üppigen Bodendeckerpflanzen bewachsen ist. Im Frühling blühen sie rot, jetzt aber glänzen sie silbrig im Schein der Bewegungsmelder, die alle sechs Meter in den Boden eingelassen sind.
Für einen Mann seiner Statur nimmt Dan die Stufen mit bemerkenswerter Eleganz. In einer Hand hält er die Pistole, die andere gleitet über das Geländer. Er ruft: »Tammy? Ich will doch nur mit dir reden, Baby!«
Falls sie da draußen ist, antwortet sie nicht.
Der Abendnebel wird immer dichter, lässt Wasser und Strand bereits undurchdringlich wirken. Dan macht Halt und horcht.
»Tammy!«, schreit er. »Du musst keine Angst haben! Wir können doch über alles reden, Mädchen!«
Er wartet auf eine Antwort, hält die Pistole schussbereit, um in Richtung der Stimme zu feuern. Aber es kommt keine Antwort, stattdessen hört er auf den Stufen weiter unten Schritte.
Dan jagt hinter ihr die Treppe herunter.
Jagt sie an den Strand, in den Nebel.
62
Boone und Petra rasen die Stufen von Sea Cliff Park hinunter, südlich von Shrink’s. Boone versucht, Tammy zu verstehen, die in ihr Telefon flüstert: »Er kommt. Ich kann ihn hören.«
»Komm weiter hier entlang«, sagt Boone. »Wir sind fast da.«
Er erreicht den Strand und blickt nach Norden, in die Richtung, aus der Tammy kommen müsste. Aber es ist schwer, überhaupt etwas zu sehen – der Nebel ist angekommen, hat es sich für die Nacht gemütlich gemacht, und dem Mond ist noch nicht eingefallen, sich zu zeigen.
»Tammy?«, sagt Boone. »Kannst du mich sehen?«
»Nein.«
Boone späht in den Nebel.
Dann sieht er sie.
In dem weißen Bademantel sieht sie aus wie ein Gespenst. Oder wie eine aus dem Irrenhaus Entlaufene, ihr langes rotes Haar weht zerzaust und wild in der feuchten Abendluft. Sie rennt, so schnell sie kann, durch den schweren Sand, ihre langen Beine leisten ihr dabei keine guten Dienste, sie ringt darum, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie weiß nicht mal genau, worauf sie zuläuft, es ist nur eine Stimme am anderen Ende einer Telefonleitung, die behauptet, ihr helfen zu wollen. Zunächst hat sie dem Mann nicht geglaubt, aber etwas in seiner Stimme hatte sie dazu gebracht, ihre Meinung zu ändern.
Sie sieht ihn und will schneller rennen.
Boone trottet ihr entgegen und fängt sie auf, als sie ihm keuchend in die Arme fällt.
»Er ist hinter mir her«, sagt sie.
»Dan?«
Sie nickt und schnappt nach Luft. Petra kommt dazu und hilft Boone, Tammy auf die Füße zu stellen. Tammy sieht sie an. »Ich werde aussagen. Ich tue alles, was Sie wollen.«
»Gut. Danke.«
»Wir bringen Sie hier weg«, sagt Boone.
63
Johnny Banzai hört den Schuss.
In Encinitas hört man nicht viele Schüsse, besonders nicht westlich vom Pacific Coast Highway und schon gar nicht so nah am ISE, dessen Gäste normalerweise keine Waffen zur Selbstfindung benötigen. Nein, die Kanonen dort schießen mit Laserstrahlen, nicht mit scharfer Munition.
Schüsse erregen grundsätzlich die Aufmerksamkeit eines Polizisten, diese Schüsse allerdings durchzucken Johnny bis aufs Mark, denn sie kommen aus der Richtung, in die auch er unterwegs ist, und Johnny ist sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass ihm Boone Daniels einen Schritt voraus ist.
Boone hat sich die Welle als Erster geschnappt und Johnny ist mit aufgesprungen. Jetzt paddeln beide wie blöd, um Tammy Roddick vor dem anderen zu erreichen. Johnny möchte ihr einige sehr gezielte Fragen stellen, das Gleiche gilt für Boone. Von beiden würde er gerne erfahren, was sie mit der Jane Doe zu schaffen haben, die neben dem Motel-Pool lag.
Sie hatten nicht lange gebraucht, um spitzzukriegen, dass Jane Doe nicht Tammy war. Danach hatte er Totally Nude Girls, Roddicks Arbeitsplatz, aufgesucht und herausbekommen, dass (a) Mick Penner Tammys Freund gewesen war, (b) sie ihn wegen Teddy D-Cup sitzen gelassen hatte und (c) Boone ihm einen Schritt voraus war. Er musste nur rasch Teddys Praxis in La Jolla aufsuchen und flugs seine Dienstmarke zücken, um sich von der Dame am Empfang mitteilen zu lassen, dass der gute Doktor nach dem Anruf eines Mannes, der behauptet hatte, Tammy Roddick zu sein, zu
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