Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
jemand, der sich eigentlich hier oben aufhalten müsste«, sagt er und hustet.
Joona macht einen großen Schritt über eine Tür, die auf dem Boden liegt, geht zu einer der anderen Türen und legt die Hand auf die Klinke. Das Licht flackert und geht aus. Nur der flackerndeLichtschein des Feuers spielt in dem rauchigen Korridor, Funken wirbeln aus einer Türöffnung.
Es knistert und grollt laut, es knallt und knirscht wie Metall, das verbogen und zerrissen wird.
Joona begegnet Karl Manns Blick und bittet ihn mit einer Geste, zurückzutreten. Er zieht seine Pistole, öffnet die Tür einige Zentimeter, weicht zur Seite, wartet einen Moment und blickt dann in die Dunkelheit hinein.
Er sieht nichts außer den schwarzen Silhouetten von Büromöbeln vor heruntergelassenen Jalousien. Eine schwache Luftbewegung am Fußboden veranlasst Joona, sich aus der Schusslinie zu bewegen.
»Verlassen Sie das Gebäude«, ruft jemand hinter ihm.
Joona dreht sich um und sieht vier Feuerwehrmänner durch den Flur eilen, sich verteilen und systematisch die Räume durchsuchen.
Ehe Joona sie warnen kann, richtet einer der Männer seine helle Taschenlampe in das Zimmer. Zwei Augen leuchten auf, und ein Labrador bellt müde.
»Wir übernehmen«, sagt einer der Männer. »Schafft ihr es alleine ins Freie?«
»Eine Person wird noch vermisst«, erwidert Karl Mann.
»Seien Sie vorsichtig«, sagt Joona und sieht dem jungen Feuerwehrmann in die Augen.
»Kommen Sie«, ruft Karl Mann ihm zu.
»Ich will mir nur noch etwas ansehen.«
Joona hustet, kehrt nochmals in die Herrentoilette zurück, sieht das Blut auf Boden und Wänden, eilt zu einer der Kabinen und greift sich den schwarzen Rucksack des Killers.
85
Die Jagd der Gejagten
Penelope hat zittrige Beine, eine Hand hat sie auf den Zaun gelegt und den Blick gesenkt. Sie muss gegen den Impuls ankämpfen, sich zu übergeben. Das Bild aus der Herrentoilette wabert vor ihren Augen. Das weggesprengte Gesicht, die Zähne und das Blut.
Das Gewicht der Schutzweste weckt in ihr den Wunsch, sich einfach auf die Erde zu setzen. Die Geräusche in ihrer Umgebung kehren in Wellen zurück. Sie hört die heulenden Sirenen des zweiten Krankenwagens. Polizisten schreien sich an, sprechen sich über Funk ab. Sie sieht die Rettungssanitäter mit einer Trage aus dem Haus laufen. Es ist der Mann aus der Herrentoilette. Sein Gesicht ist verbunden worden, aber das Blut dringt durch die Kompressen.
Begleitet von einer Krankenschwester geht Saga auf Penelope zu und teilt ihr mit, sie habe das Gefühl, Penelope stehe wieder unter Schock.
»Das war er nicht«, sagt Penelope unter Tränen, als die beiden Frauen eine Decke um sie legen.
»Der Arzt kommt gleich und kümmert sich um Sie«, sagt die Krankenschwester, »aber ich kann Ihnen vorab schon einmal etwas Beruhigendes geben. Ist Ihre Leber erkrankt?«
Als Penelope den Kopf schüttelt, gibt die Krankenschwester ihr eine blaue Kapsel.
»Sie muss im Ganzen geschluckt werden … Es ist ein halbes Milligramm Xanor«, erläutert sie.
»Xanor«, wiederholt Penelope und betrachtet das Medikament in ihrer Hand.
»Es wirkt beruhigend und ist völlig unbedenklich«, beteuert die Krankenschwester und eilt davon.
»Ich hole Wasser«, meint Saga und geht zu einem Einsatzwagen.
Penelope hat kalte Finger. Sie schaut auf ihre Hand und die kleine blaue Kapsel hinab.
Joona Linna ist noch im Gebäude. Die Helfer kommen mit immer neuen, rußbedeckten und hustenden Menschen aus der Botschaft. Die geschockten Diplomaten sammeln sich am Zaun zur japanischen Botschaft und warten darauf, ins Karolinska-Krankenhaus gebracht zu werden. Eine Frau in einem dunkelblauen Rock und einer Strickjacke sinkt zu Boden und weint hemmungslos. Eine Polizistin setzt sich zu ihr, legt den Arm um sie und spricht beruhigend auf sie ein. Einer der Diplomaten leckt sich die Lippen und wischt seine Hände immer wieder an einem Handtuch ab, als wollten sie einfach nicht sauber werden. Ein älterer Mann in einem knittrigen Anzug telefoniert mit starrem Gesicht. Der Militärattaché, eine Frau mittleren Alters mit rot gefärbten Haaren, hat ihre Tränen fortgewischt und versucht, schlafwandlerisch zu helfen. Den Blick nach innen gekehrt hält sie einen Beutel mit Blutersatz, während Rettungssanitäter einen Patienten umbetten.
Ein Mann mit verbundenen Brandwunden an den Händen, der gerade eben noch mit einer Decke um die Schultern auf dem Boden saß und die Hände vors Gesicht gelegt hatte, steht
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