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Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Titel: Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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auf.
    »Spiel weiter«, sagt Guidi, ohne ihn anzusehen.
    »Es ist zu schwer für mich, es klingt nicht gut.«
    »Peter, es ist ein schwaches Bild, einfach aufzugeben, ehe man überhaupt …«
    »Spiel doch selbst«, unterbricht ihn sein Sohn.
    Das Gesicht des Waffenhändlers wird starr wie eine staubige Felsformation.
    »Du tust, was ich dir sage«, erklärt er bemüht ruhig.
    Der Junge rührt sich nicht, hat den Blick gesenkt. Raphael Guidi greift sich mit der rechten Hand an den Reißverschluss des Trainingsanzugs.
    »Peter, ich fand doch nur, dass es schön klang«, sagt er gefasst.
    »Der Steg sitzt schief«, meldet sich Axel fast flüsternd zu Wort.
    Peter betrachtet die Geige mit errötenden Wangen.
    »Lässt sich das reparieren?«, fragt er.
    »Das lässt sich ganz leicht regulieren; wenn du willst, kann ich es für dich tun«, sagt Axel.
    »Dauert das lange?«, erkundigt sich Guidi.
    »Nein«, antwortet Axel.
    Er legt den Stift weg, nimmt die Geige entgegen, dreht sie und spürt, wie leicht sie ist. Er hat noch nie eine echte Amati in den Händen gehalten und nie zuvor ein Instrument, auf dem Paganini gespielt hat.
    Raphael Guidis Handy klingelt. Er wirft einen Blick darauf, steht auf, entfernt sich ein wenig und hört jemandem zu.
    »Das kann nicht sein«, sagt er mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.
    Ein erstauntes Lächeln huscht über seine Lippen, und er sagt mit angespannter Stimme etwas zu seinen Leibwächtern. Sie verlassen daraufhin den Speisesaal und eilen zusammen mit Guidi die Treppe hinauf.
    Peter beobachtet Axel, während dieser die Saiten löst. Es knackt in dem Instrument. Die trockenen Geräusche, die seine Finger machen, werden im Resonanzkörper verstärkt. Vorsichtigrückt Axel den Steg gerade und spannt anschließend die Saiten darüber.
    »Hat es geklappt?«, fragt Peter flüsternd.
    »Ja«, antwortet Axel, während er die Geige stimmt. »Probier sie aus, dann hörst du es.«
    »Danke«, sagt Peter, als er die Geige annimmt.
    Axel sieht Peters Handy auf dem Tisch liegen.
    »Spiel weiter, du hattest gerade den ersten Lauf hinter dir und warst am Anfang des Pizzicato-Abschnitts.«
    »Sie machen mich verlegen«, sagt Peter und dreht sich fort.
    Axel lehnt sich an den Tisch, streckt hinter sich vorsichtig die Hand aus, erreicht mit den Fingerspitzen Peters Handy und stößt es versehentlich an, sodass es sich auf der Tischplatte einmal lautlos um sich selbst dreht.
    Peter hat ihm den Rücken zugekehrt, er setzt die Geige an und hebt den Bogen.
    Axel nimmt das Handy, hält es in der Hand verborgen und rückt ein wenig zur Seite.
    Peter senkt den Bogen auf die Saiten, hält jedoch inne, dreht sich um und versucht, an Axel vorbeizuschauen.
    »Mein Handy«, sagt er. »Liegt es hinter Ihnen?«
    Axel lässt das Telefon aus der Hand auf den Tisch zurückgleiten, ehe er sich umdreht und es hochhebt.
    »Können Sie bitte nachsehen, ob ich eine SMS bekommen habe?«, fragt Peter.
    Axel blickt auf das Display und sieht, dass der Empfang hervorragend ist, obwohl sie mitten auf dem Meer sind, die Jacht muss eine Satellitenverbindung haben.
    »Keine Nachricht«, sagt er und legt das Telefon auf den Tisch zurück.
    »Danke.«
    Axel bleibt am Tisch stehen, während Peter langsam und immer unrhythmischer fortfährt, Caprice Nummer 24 zu spielen.
    Peter ist alles andere als unbegabt und hat viel geübt, aber dieses Stück überfordert ihn. Trotzdem ist der Klang der Geige so wunderbar, dass Axel ihn selbst dann noch genossen hätte, wenn ein kleines Kind an den Saiten gezupft hätte. Er lehnt sich gegen den Tisch, lauscht und versucht erneut, an das Telefon heranzukommen. Peter versucht krampfhaft, die richtigen Stellen auf den Saiten zu finden, wird langsamer, bricht ab und setzt noch einmal an, während Axel das Telefon zu erreichen versucht. Er rückt langsam näher, kommt aber nicht heran. Peter spielt falsch, hört auf und wendet sich erneut Axel zu.
    »Das ist schwer«, sagt er und macht einen weiteren Versuch.
    Er fängt noch einmal an, verspielt sich aber wieder.
    »Es geht nicht«, sagt er und lässt die Geige sinken.
    »Wenn du den Ringfinger auf der A-Saite liegen lässt, ist es leichter, rechtzeitig mit …«
    »Können Sie es mir nicht zeigen?«
    Axel schaut auf das Telefon, das auf dem Tisch liegt. Ein Sonnenreflex blitzt auf, und Axels Augen richten sich auf die Fenster. Das Meer liegt seltsam glatt und leer. Es dröhnt aus dem Maschinenraum, ein unablässiges Stampfen, das er erst jetzt

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