Pain - Bitter sollst du buessen
alte Leier, doch dann fügte er hinzu, dass etwas Schlimmes passieren würde. Heute Nacht. Und ich würde schuld sein.«
»Verdammte Sch–! Moment mal. Noch einmal von vorn. Ganz langsam. Sie haben das Gespräch nicht zufällig aufgezeichnet?«
»Nein … Daran habe ich nicht gedacht. Es ging alles so schnell.«
»Erzählen Sie mir alles, was bisher vorgefallen ist«, schlug er vor, und das tat sie auch. Sie ließ keine Einzelheit aus, erwähnte, dass das Telefon ein paar Mal geklingelt und der Anrufer aufgelegt habe, dass sie glaube, ihr roter Body sei verschwunden, dass sie das Gefühl habe, das Haus würde beobachtet.
Bentz hörte geduldig zu und gab ihr den gleichen Rat wie zuvor schon einmal: Sie solle vorsichtig sein, ihre Türen verriegeln, sich einen Wachhund anschaffen, die Alarmanlage eingeschaltet lassen. »Und vielleicht überlegen Sie, ob Sie nicht besser bei einer Freundin übernachten. Nur, bis diese Sache ein Ende hat.«
Sie hängte ein und fühlte sich ein bisschen besser. Doch ihr war klar, dass sie nicht herumsitzen und warten konnte, bis John seine Drohung wahr machte. Auf keinen Fall. Sie musste herausbekommen, wer sich hinter dem Anrufer verbarg.
Bevor es zu spät war.
»Das soll ich anziehen?«, fragte das Mädchen, sah den Mann an, den sie in der Nähe des Flusses aufgegabelt hatte, und deutete auf die rote Langhaarperücke und einen spitzenbesetzten roten Body. Beides ließ er von einem Finger baumeln.
»Ganz recht.«
Er war ganz ruhig. Und irgendwie merkwürdig. Die Sonnenbrille, die seine Augen verbarg, verstärkte diesen Eindruck.
Wenn sie verzweifelt war, hatte sie schon des Öfteren ein paar Nummern geschoben, und man hatte auch schon manche Perversität von ihr verlangt, doch was dieser Freier forderte, war grotesk.
Aber was machte das schon? Sie wollte es nur hinter sich bringen und kassieren.
Er ging ans Fenster und vergewisserte sich, dass die Jalousien in dem schäbigen kleinen Hotelzimmer, für das er nur äußerst ungern bezahlen wollte, fest geschlossen waren.
Er war aufgeheizt gewesen, und der Kratzer in seinem Gesicht ärgerte ihn jetzt. Immer wieder sah er in den Spiegel, der an der Tür hing, und strich mit dem Finger über die Striemen, Striemen, die sie ihm beigebracht hatte.
Sie hatte auf einer Bank im Park gesessen, in der Nähe der Werft, und den Schiffen nachgeschaut, die den trägen Fluss entlangstampften. Tief in Gedanken, beschäftigt mit der Frage, was sie tun sollte, hatte sie ihn nicht kommen gehört. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht. Als er sie angesprochen hatte, war der Park nahezu menschenleer gewesen. Sie hatte erklärt, dass sie kein Zimmer habe, und er war sauer geworden. Sie hatte gedacht, damit wäre die Sache erledigt. Doch er war beharrlich geblieben.
Er hatte ihr hundert Dollar angeboten.
Sie hätte sich mit fünfzig zufrieden gegeben.
Dann hatte er sie in dieses stinkende kleine Zimmer direkt an der Grenze zum Französischen Viertel geschleppt. Seit er seine Forderungen angemeldet hatte, wollte sie einen Rückzieher machen. Aber es ging um gutes Geld. Was kostete es sie schon, einen roten Body anzuziehen und ihre eigenen kurzen karottenroten Locken unter dieser kastanienroten Langhaarperücke zu verstecken? Je eher sie tat, was er wollte, desto schneller würde sie aufbrechen können, um Crack zu kaufen. Also gut. Es war ja keine großartige Sache. Sie hatte schon Schlimmeres getan, als den Body einer anderen Frau zu tragen. Sie fragte sich, ob das Wäschestück seiner Frau oder seiner Freundin gehörte. Was für ein Spinner verbarg sich hinter den dunklen Brillengläsern?
Und jetzt sah er sie wieder mit diesen dunklen, verborgenen Augen an. Und was noch schlimmer war: Er ließ einen Rosenkranz durch seine Finger gleiten. Und das war ihr nun wirklich unheimlich. Sie war nicht sonderlich religiös, war jedoch im Sinne der katholischen Kirche großgezogen worden, und es erschien ihr nach ihrem christlichen Verständnis nicht zulässig, dass er in dieser Situation einen Rosenkranz dabeihatte. Das kam ihr vor wie Gotteslästerung.
Aber was soll’s? Sie brauchte Stoff. Und sie würde ihn bekommen – wenn sie nur die nächste halbe Stunde überstand. Sie warf einen Blick auf den Nachttisch. Betrachtete den Hundertdollarschein. Auch das war merkwürdig: Benjamin Franklins Augen waren geschwärzt.
Der Freier machte sich am Radio auf dem Nachttisch zu schaffen, drückte Tasten und bedachte das elektronische Display mit bösen
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