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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mikrofon. »Guten Abend, New Orleans, hier ist Dr. Sam. Ich bin zurück. Und ihr hört ›Mitternachtsbeichte‹, hier auf WSLJ . Wie ihr vermutlich wisst, habe ich mir einen kleinen Erholungsurlaub in Mexiko gegönnt. In Mazatlán, genauer gesagt.« Sie stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und behielt den Bildschirm im Auge. »Es war wunderschön dort, sehr romantisch, wenn man in der richtigen Stimmung war, aber statt euch jetzt einen detaillierten Reisebericht vorzulegen, dachte ich mir, wir fangen mit einem leichten Thema an, damit ich mich wieder eingewöhne. Wir könnten die Diskussion heute Abend vielleicht mit dem Thema Urlaub eröffnen: wie stressig Urlaub sein kann, wie erholsam er eigentlich sein sollte, an welchen Orten ihr gern mit eurem Liebsten relaxt. Ruft an und erzählt mir, wo ihr wart und wie es euch gefallen hat. In Mazatlán war es jedenfalls heiß, heiß, heiß; jede Menge heiße Sonne und heißer Sand, viele Pärchen, die am Strand spazieren gingen. Palmen, weißer Sand, Piña Colada, alles, was das Herz begehrt. Und die Sonnenuntergänge waren zum Sterben schön …«
    Sie sprach noch ein paar Minuten lang über Urlaub zu zweit, nannte dann die Telefonnummer, bat die Hörer anzurufen und wartete auf eine Meldung. Durch die Trennscheibe hindurch sah sie, wie Melanie, die Kopfhörer auf den Ohren, nickte. Die Kontrolllämpchen der Telefonleitungen begannen zu leuchten. Es ging los.
    Der Name des ersten Anrufers, Ned, erschien neben Leitung eins auf dem Bildschirm; auf Leitung zwei war jemand mit dem Namen Luanda. Sam drückte den ersten Button und sagte: »Hi. Hier ist Dr. Sam. Mit wem spreche ich?«
    »Hier ist Ned.«
    Der Typ wirkte nervös.
    »Ich, äh, ich freue mich, dass du wieder da bist. Ich höre mir immer deine Sendung an, und … und ich muss sagen, ich habe dich vermisst.«
    »Danke.« Samantha lächelte leicht und versuchte, dem Mann die Scheu zu nehmen. »Tja, Ned, was willst du berichten? Warst du kürzlich in Urlaub?«
    »Ja, äh, ich bin mit meiner Frau nach Puerto Rico gefahren, das war vor etwa zwei Monaten, und … na ja, es war so eine Art Wiedergutmachung … du weißt schon.«
    »Wiedergutmachung wofür?«, hakte sie nach.
    »Na ja, ich war mit einer anderen zusammen, und ich und meine Frau, wir hatten uns für eine Weile getrennt … Und da dachte ich, ich überrasche sie mit einer Reise in die Karibik, weißt du, um vielleicht doch alles wieder ins Lot zu bringen.«
    »Und was ist passiert, Ned?«, fragte Sam, und stockend schüttete ihr der Mann sein Herz aus. Ein typischer Midlifecrisis-Seitensprung. Sein zweiter, gestand er, aber er liebe seine Frau, oh, sie sei die Allerbeste, eine warmherzige Frau, mit der er seit zwölf Jahren verheiratet sei. Doch in Puerto Rico hatte sie es ihm heimgezahlt. Hatte sich einen Latinlover gesucht und vor Neds Augen mit ihm herumpoussiert. Ned war gekränkt. Was hatte sie sich dabei gedacht? Der romantische Urlaub war schließlich zur Katastrophe geworden.
    »Und was hast du jetzt für ein Gefühl?«, fragte Sam und sah, dass Luandas Name vom Bildschirm verschwunden war. Sie hatte offenbar keine Lust mehr gehabt zu warten und aufgelegt. Doch auf Leitung drei war jetzt jemand mit Namen Bart.
    »Ich bin tief verletzt und sauer«, sagte Ned. »Stinksauer sogar. Für den Urlaub habe ich zweitausend Dollar ausgegeben!«
    »Also hast du das Geld und deine Frau verloren. Was glaubst du selbst, warum hast du dich überhaupt mit diesen anderen Frauen eingelassen?«, wollte Sam wissen.
    Die Kontrolllämpchen der Leitungen begannen zu blinken wie ein Weihnachtsbaum. Die Leute brannten darauf, sich zu Neds Story zu äußern oder ihre eigene zu erzählen und Sams Meinung dazu zu hören. Kay war auf Leitung zwei, Bart auf der drei und, oh, da war Luanda wieder, auf Leitung vier.
    Sam redete noch eine Weile lang mit Ned, erklärte ihm die uralte menschliche Gewohnheit, mit zweierlei Maß zu messen, dann wandte sie sich Kay zu, einer boshaften Frau, die Ned und jeden anderen Mann, der seine Frau betrog, in den heißesten Winkel der Hölle wünschte. Sam konnte sich bildlich vorstellen, dass sie vor Wut Schaum vor dem Mund hatte. Danach lauschte sie Bart, dessen Freundin mit ihm nach Tahiti gereist war und nun nicht mehr heimkommen wollte.
    Diese und ähnliche Geschichten, Zorn, Gelächter und Verzweiflung knisterten durch den Äther. Sam unterbrach die Anrufe durch das Einblenden von Werbespots und Wettervorhersagen sowie das Versprechen,

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