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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Mangel an Vernunft tadeln, wenn er selbst mit einem zu zwei Dritteln leeren Wasserschlauch mitten in der Wüste hockte.
    »Und?«, fragte er und deutete auf den Karren, auf dem die Vorräte lagen. »Wie entscheidet ihr, alle beide? Bleiben oder weitergehen?«
    Die kleine Sklavin sah sie mit großen Augen an, als ob es das erste Mal war, dass jemand sie um ihre Meinung bat. Dann stand sie abrupt auf und kletterte auf der Suche nach
einem Umschlagtuch, in das sie sich einhüllen konnte, auf den Karren. »Ich kann nicht antworten. Das soll Ayesha an meiner Stelle tun.«
    Marikani runzelte die Stirn, als ob sie diesen Namen nicht zum ersten Mal hörte. »Sag mal, Kleine … Wie heißt sie eigentlich?«, fragte sie Arekh.
    Arekh starrte sie mit offenem Mund an. Der Gedanke, dass das Kind einen Namen hatte, war ihm nie auch nur ansatzweise gekommen.
    Marikani warf ihm einen verärgerten Blick zu und fragte dann die Kleine selbst.
    »Meine Herren haben mir keinen Namen geschenkt«, antwortete das Mädchen. »Aber meine Großmutter in der Küche hat mich manchmal Non’iama genannt.«
    »Non’iama. Schatz , in der Sprache des Alten Kaiserreichs«, sagte Marikani. »Das ist ein sehr hübscher Name. Non’iama … Ich heiße Marikani, nicht Ayesha.«
    Die Kleine stieg vom Karren; der Schal, den sie sich umgelegt hatte, war viel zu groß für sie. »Ihr seid Marikani, die Ayesha«, erklärte sie, als sei das ganz offensichtlich. »Die, von der die Veränderung ausgeht, das Zeichen. Die Tochter des Gottes, dessen Namen man nicht nennt, in deren Adern das göttliche Blut fließt. Das Feuer.«
    Jetzt war es an Marikani, mit offenem Mund dazusitzen. »Was redest du da?«, fragte sie schließlich.
    »Ich weiß es«, sagte Non’iama lächelnd. »Das wissen alle Sklaven. Ihr wisst es auch.«
    »Es gibt keine Götter, Non’iama«, sagte Marikani und zuckte mit den Schultern. »Ich kann also keine Göttin sein.«
    »Dann wisst Ihr es nur noch nicht«, erwiderte Non’iama. »Aber dereinst werdet Ihr es wissen. Und wir werden nicht
sterben, nicht hier in der Wüste, denn Ayesha kann nicht sterben, bevor sie das Zeichen gegeben hat.«
    Marikani wich zurück, lehnte den Kopf gegen die Achse des Karrens und lachte leise. »Wir werden nicht sterben? Also wirklich, Non’iama, du bist noch optimistischer und törichter als ich. Ich frage mich, ob Arekh das wohl für möglich hält …«
    »Ich kann das in der Tat kaum glauben«, sagte Arekh und stand auf. »Wie ist das also, Non’iama?«, fragte er und betonte jede Silbe; wenn er ihn aussprach, klang der Name seltsam. »Wie entscheidest du?«
    Die Kleine zögerte, schüttelte dann aber den Kopf. »Ich will nicht weiter durch die Wüste wandern«, sagte sie schließlich. »Das ist zu anstrengend.«
    Marikani nickte. »Ich bin ihrer Meinung.«
    Sie lehnte den Kopf erneut gegen die Seite des Wagens. Es kann nicht einfach für sie sein , dachte Arekh mit einer Mischung aus Mitgefühl und Ärger. Nein, es konnte nicht einfach sein, seit Tagen Handschellen zu tragen und zu wissen, dass man sterben würde, ohne sie wieder losgeworden zu sein.
    »Dann bleiben wir also.«
    Dafür hätte auch er sich entschieden. Sie hätten über den Sand laufen können, bis sie am Ende ihrer Kräfte waren, hätten doch nichts gefunden und wären nur in einem grausigen Todeskampf gestorben. Hier würden sie wenigstens im Schatten liegen und die kurze Zeit, die ihnen noch blieb, in Frieden zubringen können. Er würde immer noch Gelegenheit haben, ihrem Leiden ein Ende zu setzen, wenn kein Wasser mehr da war.
    »Einverstanden«, sagte er. »Fünf Tage.«
    »Wir werden nicht sterben«, sagte das Kind schlicht.
Am Abend des ersten Tages sprachen sie über die Götter.
    Sie hatten den Tag damit verbracht, sich auf dem Teppich im Schatten auszuruhen. Als die Sterne erschienen waren, hatten sie das Feuer neu entzündet. Marikani hatte sich auf dem Rücken im Sand ausgestreckt und blickte in die unendlichen blauen Weiten empor.
    »So viel Schönheit«, seufzte sie. »Die Welt ist großartig.«
    Arekh musterte von der Seite ihr scharf geschnittenes Profil, das von den Flammen beleuchtet wurde. »Ich fand den Himmel früher auch sehr schön. Aber das habt Ihr mir geraubt.«
    Marikani runzelte die Stirn. »Geraubt? Was?«
    »Die Schönheit des Himmels. Und die der Erde, des Sandes, des Windes. Habt Ihr je darüber nachgedacht, was Ihr mir angetan habt?«, fragte er und sah nun selbst zum Firmament empor. »Früher hatte

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