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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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den Blicken seiner Gefährtinnen an, dass sie nicht daran glaubten.
    »Oder wir können hierbleiben. Wenn wir uns ausruhen und im Schatten bleiben, werden wir weniger Durst haben, so dass der Schlauch mindestens fünf Tage lang ausreicht. Aber nach diesen fünf Tagen werden wir sterben.«
    Schweigen antwortete auf seine Erklärung. Am Ende lächelte Marikani und starrte in die Flammen. »Ihr wart schon immer ein Optimist, Arekh.«
    »Gefällt Euch die Lage etwa nicht? Wollt Ihr, dass ich Euch den Seelenlesern zurückgebe?«
    »Ich habe Euch schon gesagt, dass jeder beliebige Tod besser ist als das, was mich bei ihnen erwartet hätte.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Arekh, einfach nur, um ihr wehzutun. »Ihr wisst nicht, welche Absichten ich habe. Ich hätte Euch vielleicht an den Meistbietenden verkauft … Ich bin sicher, dass ich einen guten Preis erzielt hätte. Der Emir hätte sich gewiss gern mit Euch vergnügt. Er hätte Euch geschändet, bevor er Euch seinen Männern überlassen hätte, oder er hätte sich noch ganz andere Dinge einfallen lassen … Der Mann hatte schon immer eine gewisse Vorstellungskraft, das muss man ihm lassen.«
    Marikani zog die Augenbrauen hoch. »Ihr habt Euch beinahe von Söldnern aus Reynes in Stücke hauen lassen, um mich zu verkaufen?«
    »Warum nicht?«, zischte Arekh. »Für Geld würden viele noch ganz andere Risiken eingehen. Aber Ihr habt recht, das hätte ich nicht getan.« Ihm fiel auf, dass er im Konjunktiv sprach, so, als wären sie schon tot. »Ich hätte Euch als meine persönliche Sklavin gehalten. Aus Rache. Und ich glaube, Ihr hättet Euch bald nach Laosimba zurückgesehnt.«

    Seine giftige Rede wäre ihm wirkungsvoller vorgekommen, wenn Marikani nicht den Blick zum Himmel gehoben hätte. Sie antwortete nicht, was Arekh ärgerte; er schürte zornig das Feuer.
    »Ich bin gern bereit, Euch zu glauben, Eheri Arekh«, sagte Marikani schließlich. »Rache dürfte eher Eure Absicht gewesen sein. Und Ihr habt recht, ich habe Euch ja so viel Böses angetan …«
    Ihre Stimme klang spöttisch, und Arekh warf wütend ein Brett aufs Feuer. »Ja«, flüsterte er, »das habt Ihr. Aber Ihr könnt dieses Böse natürlich nicht begreifen. Ihr steckt so tief in der Bosheit der Abgründe, dass Ihr sie noch nicht einmal mehr seht. Ihr habt so viel gelogen, dass Ihr nicht mehr wisst, wie sehr Lügen wehtun können.«
    »In der Bosheit der Abgründe?«, wiederholte Marikani. »Das glaubt Ihr also immer noch? Dass die Kinder des Türkisvolks verflucht sind? Dass ich verflucht bin? Dass sie verflucht ist?« Sie deutete auf das Kind.
    Arekh blieb einen Moment lang stumm. Die kleine Sklavin starrte sie beide an, sog jedes ihrer Worte auf. Wie Mîn , dachte Arekh. Nein, noch leidenschaftlicher … Mit einem so ausgehungerten Interesse, wie der Bauernjunge es nie an den Tag gelegt hatte.
    Er konnte nicht antworten. Er konnte nicht mehr antworten, denn die Antwort war so offensichtlich, so tief in ihn eingegraben, dass er nicht mehr hätte lügen können, nicht einmal, um Marikani wehzutun. Wann war die Wahrheit ans Licht gekommen? Wann hatte er gespürt, dass die Kleine mit den blonden Haaren ein Kind wie jedes andere war? Als Laosimba von dem Ritual gesprochen hatte und Arekh die Notwendigkeit des Massakers keinen Augenblick lang hatte einsehen können? Als er gesehen hatte,
wie die Einwohner von Salmyra sich wie Hyänen auf die Sklaven gestürzt hatten? Oder hatte er es schon immer gewusst, seit Marikani mit ihm gesprochen hatte, und sich nur geweigert, es zuzugeben?
    »Nein«, sagte er am Ende, »das glaube ich nicht mehr.«
    Einen Moment lang rührten sie sich nicht und lauschten dem Prasseln des Feuers. Marikani machte eine Siegesgeste, als hätte sie in dem Krieg, den sie mit Arekh führte, zumindest einen Teilerfolg errungen.
    »Das heißt aber nicht, dass Ihr nicht gelogen habt, Ayashinata. Ihr habt alle belogen - und das, nachdem Ihr so viel Unsinn über Ehrenhaftigkeit und Wahrheit geredet hattet.«
    »Ich habe es mit der Wahrheit versucht«, erwiderte sie nach kurzem Schweigen. »Sie hat mir keine guten Dienste geleistet.«
    Das habe ich Euch ja gleich gesagt , hätte Arekh gern zornig geantwortet. Ich habe Euch damals schon gesagt, dass Eure Torheiten Euch irgendwann zu Fall bringen würden.
    Aber das konnte er nicht laut aussprechen. Zum einen konnte er ihr ihre Aufrichtigkeit nach allem, was er gerade gesagt hatte, kaum vorwerfen; zum anderen konnte er sie wohl kaum für ihren

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