Pakt der Könige
schwer, so schwer wie damals, als er sich nach der Flucht aus Sarsan im Gras ausgestreckt hatte … Und gesagt hatte: »Was soll ich tun?« Er sprach die Frage laut aus.
Der Klang seiner Stimme überraschte ihn - ebenso die kleine Sklavin. Einen Moment lang herrschte Schweigen, während sie ihn betrachtete.
»Heiraten«, sagte sie dann.
Arekh blieb der Mund offen stehen. »Warum?«
Die Kleine klimperte mit den Wimpern. »Ihr seid reich … Ihr seid schön«, fügte sie mit einer Unschuld hinzu, um die Arekh sie fast beneidete. »Ihr braucht eine nette Frau und hübsche Kinder.«
Ein Lächeln huschte über die Lippen der kleinen Sklavin, als sie sich dieses ideale Familienglück ausmalte, das für sie selbst unerreichbar war - die Vorstellung allein schien auszureichen, um ihr Herz zu erwärmen.
Arekh rührte sich einen Moment lang nicht. »Du hast recht«, sagte er plötzlich.
Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ seine Gemächer.
Diesmal ging er mit großen Schritten quer über den Westhof auf das Herz des Palastes zu. Er durchquerte gewaltige Vorzimmer, die halb Säulenhallen, halb Gärten waren und in denen Wasser in Becken plätscherte, während Kaufleute, Priester und Soldaten halblaut Neuigkeiten austauschten. Er durchquerte die »Rinne«, ein großes Geviert aus Bäumen und Blumen, die fünfmal am Tag
gegossen wurden und wie eine Grenze aus Gewächsen die Gebäude aus Marmor, Silber und Türkis umschlossen, die gewöhnlich den Ratsherren und ihren Familien vorbehalten waren, aber seit Ausbruch des Krieges vor Menschen überquollen. Er schritt durch die Schatzkammer, in der die Ratsherren von Salmyra seit Jahrhunderten die schönsten Kostbarkeiten zur Schau stellten, die ihnen die Karawanen im Austausch für die Durchzugsrechte schenkten: edelsteinbesetzte Gürtel, Seidenstoffe, kostbare Teppiche, Statuetten aus dem weißen Stein des Alten Kaiserreichs, juwelengeschmückte Kästchen, Miniaturen auf Pergament, die passionierte Sammler in den Ruinen entdeckt hatten, ohne dass sie die Schrift darauf hätten entziffern können, und Gemälde, die die Gesichter junger Frauen von außergewöhnlicher Schönheit zeigten. In manchen Fällen handelte es sich um Schwestern, Töchter und Gattinnen der Kaufleute, die diese den Shi-Âr angeboten hatten, wenn die Wegzölle zu hoch waren und sie sich in tödlicher Gefahr befanden.
Arekh kam am Frauentrakt vorbei und durchschritt ohne langsamer zu werden die mit kostbaren Teppichen ausgelegten Innenhöfe, in denen Kübel mit Obstbäumen und Blumen standen. Dort schwatzten die Ratsherrenfrauen, die ihre Haare mit himmelblauen Tülltüchern bedeckten, um zu zeigen, dass sie mit der Macht, die an den Himmel rührte, in Verbindung standen, mit gesenkter Stimme mit ihren weniger vom Glück begünstigten Schwestern, die »nur« mit den reichen Kaufleuten verheiratet waren, die Salmyras Wohlstand erwirtschafteten.
Das Geplauder kam abrupt zum Erliegen, als Arekh vorbeiging, und er begriff, dass die Neuigkeit vom Erscheinen der Kreatur der Abgründe, das vom Rat eigentlich geheim
gehalten werden sollte, die »Rinne« bereits übersprungen hatte. Bald würde die ganze Stadt auf dem Laufenden sein.
Mit einem leisen Rascheln wurden Seidenvorhänge vor Wandnischen gezogen; sicher hielten sich dort Nomadenfrauen auf, die zu Besuch waren. Sie durften zwar offiziell ihre Wohnungen nicht verlassen, aber jeder wusste, dass die Reichsten von ihnen keine Hemmungen hatten, ihre Freundinnen zum Tee zu besuchen. Alle Welt verschloss die Augen davor, solange kein Mann sie zu Gesicht bekam.
Arekh kam an den mit grünen Kacheln gefliesten Bädern vorbei, auf die Sklavinnen zueilten, die Amphoren schleppten; ihre blonden Haare waren kurz geschoren, um die Augen ihrer Herrinnen nicht zu beleidigen. Die Luft duftete hier nach Moschus, Blumen und dem schweren Blütenparfüm, das man zur Seifenherstellung verwendete.
Dann trafen seine Füße erneut auf Teppiche, und er fand sich in den gewaltigen Sälen aus weißem Stein und Ziegeln wieder, die Diplomaten und Besuchern vorbehalten waren. Er durchquerte die große Bibliothek, in der die Handelsregister sich bis zur Decke stapelten; hier waren Einzelheiten über jede Karawane festgehalten, die in Salmyra Tribut entrichtet hatte, seit der Grundstein des ersten Palasts gelegt worden war.
Und dieser Ort wurde ihm zum Geschenk gemacht! Salmyra konnte seine Heimat sein, wenn er es wollte. Wie konnte er zögern, wenn er die Wahl
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