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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Schicksals. Sesshaft werden, Kinder zeugen … So wird man zu einem Kiesel im Bach, einem Wassertropfen im großen Fluss der Menschheit, dessen Lauf man unmöglich verändern kann.«
    Irgendetwas daran störte Arekh; er stand abrupt auf.
    Pier folgte seiner Bewegung neugierig mit Blicken. »Stimmt etwas nicht?«
    »Doch, alles. Ihr könnt eine Frau für mich finden?«
    »Das kann ich.« Pier hob seine Feder auf und schien damit Buchstaben in die Luft zu zeichnen. »Ihr braucht jemanden von hohem Rang. Ihr habt Zukunftsaussichten, ganz zu schweigen davon, dass Ihr eine kleine Landpomeranze gar nicht ertragen würdet. Das ist die Schwierigkeit mit gebildeten Leuten … Allerdings wird, da auf Euren
Kopf ein Preis ausgesetzt ist, kein Mädchen aus guter Familie der Fürstentümer bereit sein -«
    »Egal wer«, sagte Arekh. »Egal wer.«
    »Oh, da werde ich etwas Besseres finden«, flüsterte Pier. Mit hochgereckter Feder malte er aufs Neue lächelnd Schriftzeichen.
    Arekh trat leise auf den Vorhang zu. Dann drehte er sich noch einmal um. »Wer ist Ayesha?«, fragte er unvermittelt.
    »Ayesha?«, wiederholte Pier neugierig.
    Arekh machte eine vage Bewegung. »Ich war vor ein paar Tagen in einem verlassenen Tempel … Ihr Name war auf einem Basrelief eingraviert. Ich glaube nicht, dass ich ihn sonst schon einmal gelesen habe.«
    »Viele Kulte sind im Laufe der Jahrhunderte aufgegeben worden«, sagte Pier nachdenklich. »Wenn ich mich recht entsinne, ist Ayesha die Tochter des Gottes, dessen Namen man nicht nennt. Sie ist das Feuer, das Chaos … der Wandel.« Er lächelte. »Welch passendes Vorzeichen! Wisst Ihr, die Ehe verändert so einiges …«
    Arekh schnitt eine Grimasse und ging.
     
    Er schlief auf der Liege im gekachelten Zimmer, als eine zarte Hand sich auf seinen Arm legte. Er schlug die Augen auf und sah die großen Augen der kleinen Sklavin ganz dicht an seinem Gesicht.
    »Ein Bote für Euch«, flüsterte sie. »An der Tür.«
    Arekh benötigte eine Weile, um sich zu erinnern, wo er war. Sein Traum hatte ihn in einen anderen Palast geführt, der von Bergen umgeben gewesen war und in dem er einen seltsamen Frieden gefunden hatte …
    Dann kehrte sein Gefühl für die Wirklichkeit zurück, und er schlug seine Decke beiseite. Im Wohnzimmer
schliefen die Beckensklaven in eine Ecke gekauert. Essin Eh Maharoud, sein Nâla-Di und Adjutant, stand vor der Tür, durch die kühle Nachtluft ins Zimmer drang.
    »Es hat einen Angriff im Nordwesten gegeben«, sagte er, bevor Arekh auch nur eine Frage stellen konnte. »Ein Überlebender ist in einem Zustand äußerster Panik hier eingetroffen und hat berichtet, dass die Kreaturen der Abgründe alle Einwohner seines Dorfes getötet hätten. Der Rat schickt Euch dorthin, damit Ihr den Ort in Augenschein nehmt.«
     
    Die Fackeln, die die Nâlas trugen, beleuchteten einen albtraumhaften Anblick. Frauen und Kinder waren geköpft worden; man hatte ihnen die Gliedmaßen abgehackt und mit Blut und Fleisch der Opfer einen makabren, dreizackigen Stern geformt. Die Männer waren etwas abseits zu einer Pyramide aufgeschichtet worden. Nicht zu einem Haufen - zu einer beinahe perfekten Pyramide. Die Leichen waren sorgfältig und ordentlich angeordnet, und ein abgeschlagener Kopf, der gezielt so aufgestellt worden war, bildete die Spitze.
    Die Lehmhütten waren zerstört worden: Man hatte die Wände niedergerissen, die Erde verteilt und das Stroh der Dächer auf dem Boden verstreut. An jedem Punkt, an dem sich die Linien des Sterns kreuzten, war eine Kinderhand aufgestellt, die ein schwarzes, irdenes Gefäß hielt, aus dem Flammen loderten. Arekh stieß seinem Pferd die Fersen in die Flanken; das Tier trat näher heran. In dem Gefäß befand sich eine übelriechende Flüssigkeit, deren Oberfläche brannte.
    Essin stieg vom Pferd und bedeutete dreien seiner Männer, die Umgebung in Augenschein zu nehmen.
Natürlich hatte er recht damit, vorsichtig zu sein, doch Arekh spürte, dass hier niemand war. Die Landschaft war völlig flach, und sie waren an diesem Ort keiner Menschenseele begegnet.
    Er stieg seinerseits ab und ging noch weiter auf den Stern zu. Die Zeichnung auf den staubigen Steinen war purpurrot und unmenschlich. Ohne Zweifel Blut. Das der Kinder, deren Hände die »Fackeln« auf den Kreuzungspunkten hielten.
    Der Überlebende, der die Nachricht nach Salmyra gebracht hatte, war eine Stunde nach seiner Ankunft gestorben; er hatte eine Mischung aus Blut und grüner Galle erbrochen

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