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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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erwidern, als Laosimbas Stimme ertönte, kräftiger, lauter und volltönender denn je. In ihrem Entsetzen darüber, dass Arekh recht
hatte, verpasste sie den Beginn seines Satzes und hörte nur noch: »… und seht das Gesicht des Bösen!«
    Laosimba stieß Marikani nach vorn.
    Marikani stolperte beinahe, fing sich aber, trat zwei Schritte vor und stand in der funkelnden Sonne allein an der Balustrade dem Volk von Salmyra gegenüber.

Kapitel 17
    Totenstille senkte sich über die Menge. Plötzlich wirkte alles größer, und Arekh hatte den Eindruck, das Schauspiel, die Umgebung und die anwesenden Menschen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen - so, als betrachte er alles nicht mit seinen Augen, sondern mit denen eines Vogels oder eines Gottes.
    Die Stadtmauern. Die Pracht des Palastes der Shi-Âr. Die weiße Terrasse. Die Intensität der Sonne, die alles ertränkte, die Gesichter und die Seelen versengte. Marikanis hochgewachsene Gestalt, ihr weißes Gewand, die braunen Haare, die ihr über die Schultern fielen.
    »Ayesha«, hauchte das Kind an Arekhs Seite.
    Er hörte nicht recht hin. Wie Lionor, die hinter ihm nach Luft schnappte, konnte er den Blick nicht von der Terrasse abwenden. Wie die Einwohner von Salmyra konnte er nicht reden.
    Und plötzlich sprach Marikani. »Wir müssen keine Angst haben«, sagte sie, und ihre klare, melodiöse Stimme überraschte alle. »Sie können uns nichts antun. Seht mich an!«
    »Mit wem spricht sie?«, flüsterte ein Nâla Essin zu; dieser schüttelte verständnislos den Kopf.

    Aber Arekh wusste, mit wem Marikani sprach. Er spürte, wie das Kind, das er hielt, erschauerte und mit voller Aufmerksamkeit Marikani lauschte. Er sah die angeketteten Sklaven in der Umfriedung erstarren und von ganzem Herzen zuhören.
    »Seht mich an! Seht mich an! Wir haben nichts zu verlieren, nur unser Leben, und das haben sie uns doch schon gestohlen!«
    »Bringt sie zum Schweigen!«, rief jemand auf der Terrasse, gewiss einer der Nomadenhäuptlinge.
    Zwischen Shi-Âr Ranati und Laosimba schien sich eine kurze Diskussion zu entspinnen. Anscheinend bestand der Shi-Âr darauf, Marikani reden zu lassen - Was für ein Trottel! , dachte Arekh -, aber Laosimba war schlauer, und Marikani hatte gerade noch Zeit, eines zu sagen, bevor sie zurückgerissen wurde: »Sie werden leiden wie wir! Hört ihr?« Laosimba packte sie an der Schulter und schüttelte sie. »Sie werden leiden wie wir!«
    Die angeketteten Sklaven brüllten plötzlich zur Antwort - ein Gebrüll der Rebellion, wie Arekh es noch nie gehört hatte. Die Einwohner von Salmyra erzitterten in einer Mischung aus Panik und Wut, und Laosimba wies mit erhobenem Arm auf die Umfriedung. »Tötet sie!«
     
    Und so ging die Stadt unter.
    In der Erinnerung derjenigen, die den Fall Salmyras überlebten, geschah alles zur gleichen Zeit, und den Vorgängen wohnte die Tragik eines angekündigten Todes inne - angekündigt von der Sklavenkönigin, die der Menge so deutlich vorhergesagt hatten, was folgen würde. Die Soldaten, die vor dem Palast postiert waren, gingen auf die Sklaven zu, die Menge brüllte, die Shi-Âr gaben Befehle,
und plötzlich ertönte aus dem Norden ein Schrei: »Die Meriniden! Die Meriniden stehen vor den Toren!«
     
    Panik breitete sich aus.
    Männer, Frauen und Kinder begannen in unterschiedliche Richtungen zu rennen, stießen gegeneinander, trampelten andere nieder, versuchten nach Süden zu fliehen oder nach Hause zu gelangen. Auf der Terrasse packte Laosimba Marikani und zerrte sie zurück ins Innere des Palastes; die aufgeregten Shi-Âr und die Offiziere folgten ihm. Feuer loderte plötzlich auf der Nordmauer auf - das Geschoss eines Katapults? -, und der Lärm und das Licht steigerten das allgemeine Entsetzen noch. Hinter Arekh zerrten die Sklaven in der Umfriedung an ihren Ketten; das Gestell brach krachend zusammen und zerfiel in seine Einzelteile. Einige entkamen noch mit gefesselten Händen, indem sie über die Absperrungen sprangen; diejenigen, deren Hände nun frei waren, versuchten, ihre Gefährten zu befreien, während die Wachen sie mit gezogenen Schwertern angriffen, blind zuschlugen und ein wahres Massaker anrichteten.
    Arekh sah sich nach Lionor um.
    Sie war verschwunden.

Kapitel 18
    Harrakin rannte die Treppe hinunter, die in den großen Saal führte. Der Offizier, der die Reiter aus Harabec befehligte - der Nachfolger des Mannes, der sich unter mysteriösen Umständen das Leben genommen hatte - kam außer Atem auf

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