Pakt mit dem Feind
letzte Servierplatte herein, als sie einen Schlüssel an der Vordertür hörten. Erschrocken warf Elizabeth den anderen einen schnellen Blick zu. “Das muss Max sein. Denkt dran – kein Wort!”
“Aber wie …”
“Einfach nichts sagen. Bitte.”
“Max!”, rief in diesem Moment Iona und schenkte ihrem Sohn ein strahlendes Lächeln.
“Ich hole noch ein weiteres Gedeck”, erklärte Gladys.
“Hallo, Mom.” Max legte seinen Kleidersack auf die gepolsterte Bank in die Eingangshalle und ging gleich zu seiner Mutter. Er küsste sie auf die Wange. “Es tut mir leid, dass du deine Reise abbrechen musstest. Wie geht es dir? Was macht dein Bein?”
“Gut. Wirklich gut. Deine liebe Frau hat mich ganz wunderbar umsorgt.”
Zum ersten Mal, seit er das Haus betreten hatte, schaute Max zu Elizabeth. “Vielen Dank, dass du dich um sie gekümmert hast.”
Elizabeth nickte. Dabei wandte sie ihm sorgfältig nur die unverletzte Seite ihres Gesichts zu.
Nachdem er Talitha und Mimi begrüßt hatte, gab Max seiner Frau einen förmlichen Kuss auf die Wange, die sie ihm darbot. “Ich will mich nur kurz frisch machen, dann bin ich gleich bei euch”, sagte er und verschwand.
Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fingen alle gleichzeitig an, aufgeregt durcheinanderzuflüstern.
“Siehst du! Ich hab dir doch gesagt, du sollst ihn anrufen”, sagte Tante Talitha und deutete mit dem Buttermesser auf Elizabeth.
“Du liebe Güte”, sorgte sich seine Mutter. “Ich kenn meinen Sohn. Glaubt mir, er wird so wütend wie ein Stier.”
“Was willst du jetzt tun, Süße?”
“Ich weiß, dass ich keine Wahl habe. Natürlich muss ich ihm erklären, was vorgefallen ist. Aber ich hoffe, ich kann es hinauszögern, bis wir allein sind. Beim Essen versuche ich einfach, ihm mein Gesicht nur von der Seite zu zeigen. Dann kann ich es ihm später erzählen, wenn wir im Schlafzimmer sind.”
“Gute Idee”, stimmte Iona zu und nickte weise. “Bei seinem Vater fand ich es auch immer leichter, schlechte Nachrichten zu besprechen, wenn ich ihn vorher ein bisschen mit Schlafzimmerangelegenheiten abgelenkt hatte.”
Mimi verschluckte sich an dem Wasser, das sie gerade trinken wollte. Tante Talitha räusperte sich und gab vor, sich ganz außerordentlich für das Muster des Silberbestecks zu interessieren, das sie seit mehr als siebzig Jahren jeden Tag benutzte. Elizabeth spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg, als wäre sie ein Quecksilberthermometer, das jemand in heißes Wasser hielt.
“So, das ist schon besser.” Genau in diesem Moment kehrte Max zurück und nahm den Platz gegenüber Elizabeth ein.
“Also. Was ist hier los?”, fragte er.
“Nichts”, platzten alle vier Frauen gleichzeitig heraus. Dann zogen sie schnell die Köpfe ein.
Max, der sich gerade Kartoffeln auf den Teller häufte, hielt mitten in der Bewegung inne. Misstrauisch schaute er in die Runde, aber niemand wollte seinem Blick begegnen.
“Aha.” Er reichte die Kartoffeln an Mimi weiter und nahm sich von einer Platte ein großes Steak. Was ist bloß mit den Frauen los?, fragte er sich, während er Sahnesoße über das Fleisch verteilte. Sie schienen außerordentlich bemüht, sich ganz natürlich zu verhalten. Zu bemüht.
Während des ganzen Essens hing unbehagliche Stille über dem Raum wie dichter Nebel. Wenn jemand es wagte, ein Thema anzuschneiden, kam lediglich eine gekünstelte Unterhaltung in Gang. Sogar Mimi blieb schweigsam.
“Stimmt irgendwas mit deinem Nacken nicht, Elizabeth?”, fragte Max endlich.
“Mit meinem Nacken? Nein, warum?”
“Warum hältst du dann den Kopf die ganze Zeit so komisch?”
“Komisch? Ich weiß nicht, was du meinst.”
Max legte Messer und Gabel hin und starrte zu ihr hinüber. “Schau mich an, Elizabeth.”
Von der Seite warf sie ihm einen Blick zu. “Ich schaue dich doch an.”
Entschlossen schob Max seinen Stuhl zurück und stand auf. Elizabeths Herz klopfte heftig, während sie zusah, wie er den Tisch umrundete. Die anderen beobachteten sie, ohne einen Laut von sich zu geben. Als Max neben ihr stand, wiederholte er seinen Befehl: “Schau mich an!” Er fasste sie am Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich um.
Schock, dann Wut zeigten sich in seiner Miene.
“Was zur Hölle …? Wer hat dir das angetan?”
“Warum glaubst du, dass jemand mir etwas angetan hat? Ich könnte doch hingefallen sein.”
“Ich habe genügend Kneipenschlägereien beobachtet, um die Spuren einer Faust zu
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