Pakt mit dem Feind
fünfte Stock des Stanton-Flügels mit den VIP-Suiten war in sich abgeschlossen und besaß am Eingang eine Tür aus mehr als zwölf Zentimeter dickem Stahl. Niemand konnte die reichen oder berühmten Patienten, die häufig im Zentrum des öffentlichen Interesses standen, ohne ihre Zustimmung oder die ihrer Anwälte belästigen.
“Und? Was hat so lange gedauert? Was war so wichtig, dass ihr darüber nicht in meiner Anwesenheit sprechen konntet?”, wollte Elizabeth wissen, sobald Max wieder da war.
“Wir verlegen dich in eine Suite im Stanton-Flügel. Erinnerst du dich? Dr. Alexander hat das letzte Nacht erwähnt.”
“Warum? Ich brauche keine Suite. Ich bekomme auch hier gute Pflege.”
“Ja, aber ich nicht. Es ist nicht genug Platz für ein zweites Bett.”
“Oh Max, das tut mir leid. Wie selbstsüchtig von mir, daran nicht zu denken.”
“Kein Problem.” Max unterdrückte ein Grinsen. Es war nicht fair, Elizabeths fürsorgliche Ader gegen sie zu verwenden. Aber in diesem Fall war es zu ihrem eigenen Besten. Je weniger sie sich sorgte, umso besser.
“Was müssen wir packen? Was haben die mit deinen Sachen gemacht, als sie dich hergebracht haben?”
“Du meinst mein schwarzes Seidennachthemd, das von Rosendornen zerfetzt wurde, und meinen Slip? Das ist alles, was ich anhatte, als ich so gegen Mitternacht schreiend aus dem Haus gerannt bin. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich nicht einmal meine Hausschuhe getragen.”
Max schauderte. “Ich mag überhaupt nicht daran denken.”
“Setz dich, Max. Bitte”, bat sie ihn, die Augenlider gesenkt. “Ich bekomme Kopfschmerzen, wenn ich zu dir hochschauen muss.”
“Oh, in Ordnung. Die Pfleger werden sowieso jeden Augenblick kommen, um dich zu verlegen.” Er ging zu ihrem Bett und nahm wieder ihre Hand. “Übrigens, hast du zufällig einen Onkel Melvin, von dem du mir nichts erzählt hast?”
“Nein. Warum?”
“Auch nicht mütterlicherseits?”
“Nein. Bitte, Max, sag mir, was los ist.”
Max sah sie lange an. “Also gut. Ich habe versprochen, ehrlich zu dir zu sein. Ein großer dunkelhaariger Typ in einem schwarzen Ledermantel war vor zwei Stunden hier, um dich zu sehen.”
Elizabeth spürte, wie ihr das Blut aus dem Kopf wich. “Oh mein Gott. Er wird nicht aufgeben, oder? Nicht bis er mich getötet hat.”
“Oder bis wir ihn zu fassen bekommen.” Max zog ein Bein hoch und setzte sich auf die Bettkante. “Ich werde nicht zulassen, dass er noch mal an dich rankommt, Elizabeth. Also mach dir keine Sorgen.”
Sie lachte freudlos auf. “Das sagt sich so leicht. Aber ich kann die Gedanken nicht einfach abstellen. Na gut, dann erwischt er mich hier nicht. Aber wie sieht es aus, wenn ich heimkomme? In einer Woche? Oder einem Monat? Sechs Monaten? Dieser Mann hat schon bewiesen, wie hartnäckig er ist.”
“Zuerst einmal: Ich werde nicht von deiner Seite weichen, bis das alles vorbei ist – weder aus geschäftlichen Gründen noch aus sonst irgendeinem Anlass. Außerdem bekommst du neben mir noch einen persönlichen Leibwächter, der rund um die Uhr bei dir ist, bis wir den Kerl und den Namen seines Auftraggebers haben.”
Max streichelte ihren Handrücken und bewunderte den Unterschied zwischen seinen und ihren Händen. Seine waren groß, die Haut gebräunt. Etliche Narben erinnerten an seine Jobs in den Ölfeldern.
Elizabeths Hände waren glatt und makellos, so wie ihr ganzer Körper. Und sie waren so klein. Jede Bewegung war so anmutig wie der Flügelschlag einer Taube.
Er streichelte mit seinem Daumen über ihren Handrücken, wieder und wieder. “Erinnerst du dich an letzte Nacht?”, fragte er, während er immer noch auf ihre ineinander verschlungenen Finger schaute.
Elizabeth folgte seinem Blick. “Ja. Ich erinnere mich”, flüsterte sie.
“Erinnerst du dich auch, was ich gesagt habe?”
“Ja”, antwortete sie, die Stimme noch sanfter.
“Diese Worte meinte ich ernst. Ich habe mich in dich verliebt.” Er legte seinen Kopf auf die Seite und versuchte, in ihrer Miene zu lesen. Doch sie sah nicht auf.
“Ich … ich bin froh darüber”, flüsterte sie.
“Gut. Erinnerst du dich daran, was du gesagt hast?”
“Ja.”
“Hast du das gemeint?”
Endlich hob Elizabeth den Kopf und schaute ihm geradewegs in die Augen. “Ja. Ich habe das gemeint. Bist du sicher?”
“Ich war mir in meinem ganzen Leben noch nie so sicher, habe noch nie etwas so ernst gemeint”, bekräftigte er, während er ihrem Blick standhielt.
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