Pakt mit dem Feind
sagten nichts. Beide kannten die Geschichte von Großtante Talithas einziger wahrer Liebe. Im Alter von achtzehn Jahren war sie mit einem Martin Delaney verlobt gewesen. Alle Vorbereitungen für die Hochzeit waren getroffen und die Einladungen verschickt, als Martin nur zehn Tage vor der Hochzeit im Koreakrieg getötet wurde. Auf dem letzten Manöver vor der Heimfahrt war er mit seiner Kompanie in einen Hinterhalt geraten und im Kreuzfeuer gestorben.
Tante Talitha hatte sich nie wieder vom Verlust ihres geliebten Martin erholt und war allein geblieben.
“Na also. Fix und fertig. Und hier ist dein Bukett”, verkündete Mimi und reichte Elizabeth den kleinen Blumenstrauß aus creme- und rosafarbenen Rosen und Schleierkraut.
“Oh, mein liebstes Mädchen”, murmelte Tante Talitha. Ihre aristokratischen Züge wurden weicher, und in ihren verblichenen blauen Augen standen verräterische Tränen, als sie ihre Großnichte musterte. “Du siehst wunderschön aus. Einfach wunderwunderschön.” Der vertraute Duft von Fliederparfum und Lavendelblüten, die Tante Talitha zwischen ihre Wäsche streute, hüllte Elizabeth ein. “Werde glücklich, mein Goldstück”, flüsterte sie. “Du verdienst nur das Allerbeste.”
Die alte Dame schnüffelte ein wenig und tupfte sich mit einem spitzengesäumten Taschentuch die Augen ab. Dann straffte sie die Schultern. “Jetzt gebt mir eine Minute, um mit dem Aufzug nach unten zu kommen. Sobald ich sitze, gebe ich dem Pianisten ein Zeichen, dass er den Hochzeitsmarsch spielt. Dann kann Mimi mit dir herunterkommen.”
Die Zeremonie ging ohne Störung vonstatten. Im Salon waren die Möbel zur Seite gerückt worden, und die Gäste saßen auf Klappstühlen in zwei Reihen. Reverend Harvey, Max und sein Assistent Troy standen wartend vor dem Kamin, als Elizabeth hinter Mimi den Raum betrat.
Falls ihr Erscheinungsbild Max beeindruckte, dann ließ er sich zumindest nichts anmerken. Wie gewöhnlich wirkte seine Miene verschlossen, und nicht einmal ein Augenzwinkern verriet, was er dachte.
Elizabeth fühlte sich während der Zeremonie so benommen, dass sie zweimal dazu aufgefordert werden musste, zu antworten. Es schien ihr kaum ein Augenblick vergangen zu sein, als sie auf einmal einen Ring an den Finger gesteckt bekam und Reverend Harvey sie und Max zu Mann und Frau erklärte.
“Sie dürfen die Braut nun küssen.”
Diese Worte waren die ersten, die zu Elizabeth durchdrangen.
Sie warf erst dem Pfarrer, dann Max einen entsetzten Blick zu. Als Max sie in seine Arme zog und den Mund auf ihren senkte, verspürte sie einen Moment der Panik.
Elizabeth hatte eine symbolische Berührung der Lippen erwartet, um den Sitten und Gebräuchen Genüge zu tun. Aber an diesem Kuss war nichts oberflächlich oder flüchtig. Er war heiß und sinnlich, und er dauerte so lange, dass ein paar Gäste erst anfingen zu kichern und dann zu klatschen. Als Max endlich den Kopf hob und Elizabeth aus seiner Umarmung entließ, wurde ihr schwindlig, und sie musste sich an seinem Arm festhalten, um nicht zu taumeln.
Falls der Kuss irgendeine Wirkung auf Max hatte, so zeigte er es jedenfalls nicht. In diesem Moment verkündete Reverend Harvey feierlich: “Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich präsentiere: Mr. und Mrs. Maxwell Patrick Riordan.” Max wandte sich um, um mit einem Lächeln die Glückwünsche der Gäste entgegenzunehmen, die sich um ihn drängten.
Als alle gratuliert hatten, begab sich die Gesellschaft nach nebenan in den Speisesaal, wo ein reichhaltiges Büfett aufgebaut war. Die nächste Stunde verging für Elizabeth in einem Wirbel an lächelnden Gesichtern. Den unberührten Teller in der Hand, mischte sie sich unter die Gäste, ohne hinterher noch sagen zu können, worüber sie mit wem gesprochen hatte.
Nur allzu bald fing Max sie ab und murmelte: “Wir sollten besser bald aufbrechen. Ich will nicht, dass wir zu spät in New York ankommen.”
In Elizabeths Magengrube schien sich ein Knoten zu bilden, aber sie schenkte Max ein schwaches Lächeln. “In Ordnung. Ich laufe nur schnell nach oben und ziehe mir Reisekleidung an. Dooley hat meine Koffer schon in dein Auto geladen. Ich werde nicht lange brauchen.”
Max begleitete sie zum Treppenabsatz und beobachtete nachdenklich, wie sie die Stufen hinaufstieg.
Sie hat großartige Beine, dachte er. Ihm fiel auf, dass er sie bisher immer im langen Abendkleid oder Hosenanzug gesehen hatte. Gerade hatte er zum ersten Mal einen Blick auf ihre
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